Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0149
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Spieler.

Von Michele Angelo Amerighi.

Mit wahrnehmbarer Schnelligkeit ſank die Sonne in das Meer von kirſchrothen, mit Flam-
menſäumen gezierten Dunſtes, der weſtwärts der Roma über der verhüllten Ebene lagerte. Die
heilige Stadt ſchien wie einem ungeheuren Schmelztiegel, mit Gold gefüllt, entſtiegen — von
St. Peter's Kuppel floß das Gold in Strömen herab und rieſelte an den Säulen der Galerie her-
nieder; auf den Mauerkronen der alten Herrengebäude, auf dem verſchobenen und durch einander
geworfenen Geſtein der antiken Trümmer, waren ſeltſam geformte Goldmaſſen erſtarrt und flim-
merten und glitzerten über Maſſen tief gelegener, räucheriger Hütten hin; und das Forum ſchwamm
in einer Glorie von blendenden Tinten, gleich den Spitzen und Zacken des Hochgebirges beim
Sonnenuntergang. Die glühenden Tinten verblichen raſch und immer raſcher, dunkelblaue Schleier
breiteten ſich über Rom und nach wenigen Minuten war es nur noch das Rieſenkreuz von St.
Peter, das, ſcheinbar voͤllig frei über der ſchattigen Tiefe ſchwebend, ſich im letzten Strahle der
Sonne badete.

Der Hauch des kühlenden Abendwindes ſtrich über das Forum. Das war nicht das Forum
von heute; ausgeſchaufelt von vielen Tauſenden von Arbeitern, mit ſauber bloß gelegtem Gemäuer
und bequemen Zugängen. Das Forum lag da gleich einem losgeſprengten und in die Campagna
geſchleuderten Stück Sabinergebirg mit ſchroffen Felſenſtirnen, tiefen Schluchten, Terraſſen und
einem weiten, unheimlichen Thalkeſſel, überweht von hundertjährigen Pinien und Platanen und an
den Seiten der tiefen Rinnſale für die Regenfluthen dichtes Dornengeſtrüpp zeigend. Der wunder-
bare Berg mit ſeinem Grundbau, ausgeführt durch Menſchenhand, beſaß, gleich einem natürlichen
Gebirge, ſeine eigene Flora*).

Der Sommer hatte nur erſt begonnen; aber er war mit der ganzen Wucht ſeiner Gluth auf-
getreten und hatte die feine Welt Roms überraſcht, bevor ſie ihren Rückzug in's friſche Gebirge
hatte bewerkſtelligen können. Das Forum ſah aus, wie ein verlaſſenes Zeltlager. Hunderte von
Teppichen ſpannten ſich unter den Baumgruppen aus. Hier ſtanden Tiſche und Seſſel, unbeſchützt
gegen den diebiſchen Griff des Pöbels. Läſſig und ſchwach war das Regiment des Kirchenfürſten
und ſeines Cardinals da Caleſe; aber die Eigenthümer ſelbſt hielten ſcharfe Polizei — jene Patri-
eier, denen Hunderte von Verräthern und ſcharfen Klingen zu Gebote ſtanden, um den Dieb auf-

Auch noch jetzt zeigt das Forum Roms Spuren dieſer gleichſam „errgtiſchen Flora“.

Deutſchlands Kunſtſchätze. 12
Image description
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen