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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0400
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Tizian.

Bieve di Cadore iſt ein Städtchen in den öſtlichen Alpen, in hoher Lage, zwiſchen waldigen
Partien, im Thale des Fluſſes Piave, über der Straße, die vom Puſterthal her nach Treviſo führt
und nicht weit von der deutſchen Gränze entfernt. Es iſt der Geburtsort Tizian's, desjenigen
Meiſters, in welchem die Malerei Venedigs ihren Höhepunkt erreichte. Sein Familienname iſt
Vecellio, er ſtammte aus einem in der Vaterſtadt angeſehenen Geſchlecht, aber wie bei anderen
großen Künſtlern Italiens, wie bei Raphael und Michelangelo, war e& der Vorname, der der Mit-
welt vertraut war, und der dann weiter durch die Jahrhunderte tönte. 1477 war Tiziano Vecellio
geboren. Schon im zehnten Jahre kam der Knabe nach Venedig zu ſeinem Oheim, welcher dort
anfäffig war, und bald darauf zu einem Maler in die Lehre; aber es ſcheint, daß die Werkſtätte
des Giovanni Bellini erſt die dritte war, in welche man ihn that. Dieſem großen Meiſter
dankt er denn das Weſentliche in ſeiner Ausbildung, und wenn Vaſari von einem frühern Werke
Tizians, dem Bildniß eines Edelmannes aus der Familie Barbarigo erzählt, auf welchem jedes
Haar und jeder Punkt in der Atlasjacke ſo fein gemalt war, daß man ſie hätte zählen können, ſo
beweiſt dies, daß er anfangs auch in ſelbſtändigen Arbeiten dieſer fleißig ausführenden, auf das
Einzelne eingehenden älteren Technik ſich hingab. Unterdeſſen aber war Giorgione aufgetreten,
gleichaltrig mit Tizian und ebenfalls Schüler Bellini's. Seine neue maleriſche Auffaſſung machte
auf Tizian einen ſolchen Eindruck, daß er Giorgione völlig nachzuſtreben begann. Als Dürer in
Venedig war, ſcheint er von der Exiſtenz dieſer jüngeren Richtung noch nicht viel geſpürt zu
haben, gleich darauf aber iſt ſie bereits ſiegreich durchgedrungen, ja es hat ſogar der Zweite, der
ſie einſchlug, ſchon den Erſten überflügelt. 1507 wurde dem Tizian auf Barbarigo's Ver-
wendung am Kaufhaus der Deutſchen, deſſen eine Fagade Giorgione gemalt, die zweite Facade
übertragen Die Art, in welcher der Nebenbuhler auftrat, der Erfolg, welchen dieſer auf einem
Wege errang, den Giorgione ſelbſt bereitet, erregten deſſen tiefen Verdruß, aber dem Wettſtreit
war ein trauriges Ziel geſetzt. Ein paar Jahre ſpäter fällt Giorgione's frühes Ende, und jetzt
beſaß Venedig keinen Maler, der ſich neben Tizian hätte behaupten können. Ihm wurde ein
großes Bild im Rathsſaal des Dogenpalaſtes, in welchem auch beide Bellini gemalt haͤtten, auf-
getragen, das ſpäter zuſammen mit den älteren Werken verbrannt iſt. Und ſchon 1513 wurde
Tizian die Anwartſchaft auf die Sanſeria, das Makleramt, in dem Kaufhauſe der Deutſchen,
ertheilt, eine einträgliche Ehrenſtellung, welche der Rath gewöhnlich dem beſten Maler zuwandte.
Drei Jahre ſpäter, nach dem Tode Bellini's, trat Tizian in ihren Genuß.
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