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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0135
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Der Trompeter.

Von Franz van Mieris.

Es iſt ein ziemlich unanſehnliches Gebäude, welches wir betreten. Daſſelbe ſtand auf dem
Grund und Boden und unweit der alten Collegiengebäude der „ehrwürdigen“ Geſellſchaft Jeſu in
Brüſſel, deren Glieder, von Ath, Lille und Valenciennes nach und nach eingewandert, ſich in
Brabant feſtzuniſten ſtrebten.

Wir ſchlüpfen durch die im Innern feſt verſchloſſenen Thüren des Häuschens und gelangen
in ein reich ausmeublirtes, langes, ſchmales Gemach, mit vielen Seitenthüren verſehen. Es befin-
den ſich hier zwei Männer, ein alter und ein junger. Beide ſind Geiſtliche.

Der ältere Mann hat ein ſehr weites, pelzgefüttertes Prieſtergewand um die im Lehnſtuhl
ſchlaff zuſammengeſunkenen Glieder geſchlagen. Er hat beide dürren Hände auf die Lehnenknöpfe
des Sitzes gelegt, um ſeinen vorgebeugten Oberkörper zu unterſtützen. Ein merkwürdiger Kopf.
Die von einem Käppchen überragte Stirn zeigt höchſte Intelligenz. Das wachsfarbene, blutloſe
Antlitz hat ſchöne, feine, faſt verdächtige Züge. Das ſchwarze Auge iſt Mar und rein, und von
eigenthümlicher Schärfe im Blicke. Wenn der Prieſter ſich bewegte, ſo daß ſich ſein ſchwarzſeidener
Pelz verſchob, ſo ſah man unter demſelben etwas Violettes; der Greis war einer der höchſten
Würdenträger der Kirche.

Das war ſeinem Namen gegenüber jedoch nur etwas ungemein Unbedeutendes. Dieſer Name
hieß Mazarini. Ja, dies war der fuchsgleiche Löwe, welcher aller feiner Feinde mächtig, der
Herrſcher Frankreichs, der Gemal Annas von Oeſterreich und einer der Männer war, die, wie etwa
Oliver Cromwell jenſeit des Canals, die Geſchichte des ſiebzehnten Jahrhunderts machten.

Die Macht des Geiſtes dieſes Italieners grenzte wahrlich an's Wunderbare. Mehrfach ver-
bannt, feierlichſt geächtet, kehrte er, obgleich wie bei Admiral Coligny unter Karl IX. das Parla-
ment in Paris einen Preis von fünfzigtauſend Thalern auf ſeinen Kopf ſetzte, von Köln am Rhein
unangefochten als Sieger zurück und kam wo möglich zu noch größerm Anſehen. — Gegenwärtig
— man ſchreibt 1659 — bot der Cardinal Alles auf, um ſeine und Richelieus Schöpfung, ein
großes Frankreich und die abſolute Macht der Krone, auch nach ſeinem Tode hinaus, für die kind-
liche Hand Louis XIV. zu ſichern. Hatte dieſer Mann damals bei ſeinem Aufenthalte in Belgien
und Deutſchland erkannt, daß das Niederland, durch Religion wie durch Sitten und Charakter
ſeiner Bewohner Frankreich näher liege, als den proteſtantiſchen Generalſtaaten Hollands? Legte
er damals ſchon den Grund zu dieſer nie erkalteten Oppoſition auf Tod und Leben, von der katho-

Deutſchlands Kunſtſchätze. 11
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