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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0351
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David Teniers. ; 35

den Fall des Zuwiderhandelus. Teniers ſcheint auf ſolche „Ehre“ verzichtet zu haben, denn nie
mehr iſt von der Sache die Rede, und er iſt nicht geadelt worden. Zu den edelſten ihrer Söhne
aber rechnet ihn die Stadt Antwerpen, und ſie hat in unſeren Tagen das Andenken des Stifters
ihrer Akademie durch ein zwar nicht ſchönes, aber doch würdiges und aus trefflicher Geſinnung
hervorgegangenes Monument geehrt.

Teniers war der erſte und der ausgezeichnetſte unter denjenigen, welche die durch Rubens
und ſeine Mitſtrebenden errungene Freiheit und Natürlichkeit der Darſtellung auf Gegenſtände des
gewöhnlichen Lebens anwandten. Was in dieſen Kreis gehört, gelingt ihm am beſten, beſonders
kleinere Bilder mit wenigen Figuren; denn ſeine Köpfe leiden an einer gewiſſen Einförmigkeit, und
die Bewältigung großer Maſſen gelingt ihm nur ſelten in erfreulichem Maße. Aber ſeine Bauern
beim Rauchen, Trinken und Spielen, ſeine Baderſtuben mit den ſtark realiſtiſchen Operations-
ſcenen und Aehnliches ſind unübertrefflich. Sein etwas derber Humor erſcheint am vielſeitigſten,
wenngleich ſtets an den nämlichen Motiven, in den Kirmeſſen und Bauernhochzeiten, deren er ſehr
viele gemalt hat. Am feinſten und ergötzlichſten aber ſpielt ſeine Komik mit der Stoffwelt, die er
der verſchwägerten Familie Brueghel entlehnte, Hexen- und Teufelsſpuk, Verſuchung des heiligen
Antonius (einem ſeiner Lieblingsmotive) und dergleichen; auch die ſehr häufigen Alchymiſtenküchen
gehören hierher; in dieſe Bilder hat er etwas von dem gebrochenen Humor des vergeblichen Bemü-
hens hineingemalt, was oft höchſt anziehend, faſt ergreifend wirkt. Sonſt iſt das Gemüth, der
lebhafte Affect und ſtarke Gefühlsausdruck ſeine ſchwächſte Seite. — Auch Wachtſtuben gelingen ihm
begreiflicherweiſe trefflich. In Thierſtücken und Landſchaften zeichnet er ſich durch ein ungemein
feines Naturgefühl aus, wie denn die Scenerie ſeiner Bilder, namentlich der größeren, ſtets in
hohem Grade künſtleriſch angeordnet iſt und außerordentlich zur Wirkung mithilft. Seiner Nach-
bildungen alter Meiſter, beſonders der Venezianer, iſt ſchon gedacht. Oft wurden dieſelben zu förm-
lichen „Paſticcio's“, das heißt trügeriſchen Nachbildungen; dafür mußte er ſich das Geſchick gefallen
laſſen, daß auch auf ſeinen Namen hin bald von einem Heer mehr oder minder begabter Nach-
ahmer flott darauf los gemalt wurde. — Gelegentlich ſtaffirte er auch Bilder anderer Künſtler.

Seine glänzenden, von keinem anderen Genremaler der Schule erreichten Eigenſchaften ſind
die ungemeine Wahrheit der Schilderung, die Friſche und Natürlichkeit der Bewegung, die maleriſch
wirkſame Anordnung (wo die Maſſen ihm nicht übergroß werden), die feine harmoniſche Haltung
und der geiſtreiche Farbenauftrag, der die unvermalten Pinſelſtriche in der nicht ſehr paſtoſen Far-
benſchicht wirkſam ſtehen läßt.

Sein Stil macht einige Wandlungen durch, wie bei einem ſo langen, bis an's Ende thätigen
Leben nicht zu verwundern. Aus einem ſchwer braunen Ton und faſt decorativem Vortrage arbeitete
er ſich zu einer klareren und ſchön warmen Färbung hindurch, die unter ſorgfältiger Behandlung
allmählich kühler wurde. Die Bilder dieſer Epoche, etwa von 1640 bis 1660, ſind die geſchätzteſten.
Später tritt eine kräftigere Färbung auf, die endlich wieder in das ſchwer bräunliche Colorit und
eine das Alter kundgebende unſichere Behandlung verläuft. Die Galerien von St. Petersburg,
Paris, Wien und München ſind am reichſten an ſchönen Werken ſeiner Hand. Doch iſt er in allen
größeren Galerien mehrfach und oft recht gut beſetzt. Seine Fruchtbarkeit war faſt noch erſtaun-
licher, als ſeine Originalität und ſeine künſtleriſche Vollendung! B. M.

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