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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0384
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60 _ Künfller-Diographien.

ſteht das Bild der Nachtwache nach. Die ungebrochenen Töne, die zu Gunſten der Deutlichkeit in
den Portraits ſelbſt in den zurücktretenden Plänen allzu ſcharf beibehalten ſind, bewirken bei der
großen Mannichfaltigkeit der Farben in Tracht und Geräth ein etwas buntes Enſemble, das aber
doch nicht unharmoniſch und grell erſcheint. In ſchlagender Deutlichkeit des Vorganges und
durchgängig gleichmäßiger Vollendung der Bildnißköpfe als ſolcher ſtellt ſich aber gerade dadurch
die Schuttersmaltijd unbedingt über die Nachtwache, und ſie wird als das, was ſie ſein ſollte, als
Gedenkbild, mit Recht mehr Anerkennung gefunden haben als dieſe; und vom hiſtoriſchen und
künſtleriſchen Standpunkt wird noch heute die Wage zwiſchen beiden ſchwankend etwa in der Mitte
einſtehen, bis man die geniale Neuſchöpfung in Rembrandt's Kunſt mit in die Wage thut; was aber
Künſtler gegen Künſtler, nicht mehr Bild gegen Bild ſtellt.

Van der Helſt's hauptſächliche übrige Werke können nur noch ganz kurz berührt werden. Neun
Jahre früher als das Hauptwerk fällt ein minder bedeutſames, aber ähnlich vorzügliches Schützen-
feſt mit dreißig Theilnehmern, im Amſterdamer Rathhauſe. Das zwei Jahre ſpätere, auch ſehr
reiche Bild im Werkhuys zu Amſterdam gehört zu ſeinen vorzüglichſten und übertrifft das Friedens-
feſt durch Wärme und Klarheit des Tones und ein nicht ſehr energiſches, aber fein gefühltes
Helldunkel. Auch ein kleineres Schützenſtück von 1656 im neuen Rathhauſe zeichnet ſich ſehr aus-

Ein Jahr ſpäter vollendete er das in Holland unter dem Namen „het Doelenjtud“ par
excellenee berühmte Bild dreier Vorſteher der Amſterdamer Schützengilde mit prächtigen, goldenen
Preisgefäßen und einer vierten Perſon, die (wohl unrichtig) für den Maler gehalten wird, eher
gleichfalls für einen Gildenmeiſter anzuſehen iſt. Von der höchſten Meiſterſchaft wird es doch,
vorzugsweiſe in Folge der tadellofen Erhaltung, von einer Wiederholung in kleinerem Maßſtabe
übertroffen, die ſich im Louvre befindet, und im folgenden Jahre 1658, wahrſcheinlich für einen der
Dargeſtellten, gemalt wurde. Es iſt dies eines der ſchönſten Portraitſtücke, die aus der holländiſchen
Schule überhaupt vorhanden ſind.

Vortreffliche Einzelbildniſſe und kleinere Gruppenbilder finden ſich in vielen Sammlungen.
Nächſt Amſterdam weiſt St. Petersburg die meiſten und ſchönſten Bilder von van der Helſt auf.
Hier ſollen nur noch ein paar beſonders intereſſante erwähnt werden. Im Berliner Muſeum
befindet ſich das lebensgroße Doppelportrait einer kleinen Prinzeſſin mit ihrer Milchſchweſter, In
ganzen Figuren, wunderbar kindlich in der Anordnung und lieblich im Ausdruck, der kühlen,
durchſichtigen Töne wegen wohl der Spätzeit des Meiſters beizumeſſen. Die Akademie von Ant-
werpen beſitzt ein reizendes Portrait eines jungen Mädchens, das als Diana in einer Landſchaft
dargeſtellt iſt. In St. Petersburg trägt das Bildniß eines in behaglicher Stimmung in ſeinem
Zimmer ſitzenden Mannes das authentiſche Datum 1670. *

Ebenda begegnet ein Bild aus einem ganz anderen Darſtellungskreiſe, „Der neue Markt in
Amſterdam“; im Vordergrunde eine Frau mit einer Karre Gemüſe und vier Kindern; dabei ein
geſchlachtetes Kalb, welches mit beſonderer Vorliebe ausgeführt iſt. — Gelegentlich malte er nach
der Sitte der Zeit auch im Verein mit einem anderen Künſtler, wie die Bildniſſe des Lieutenant-
Admirals Aart van Nes und ſeiner Gattin vom Jahre 1668 in Amſterdam, in denen der Hinter-
grund mit Schiffen von Ludolph Baͤckhuyſen herrührt; übrigens Beweiſe für die Mißlichkeit
ſolcher gemeinſamen Arbeit für die Harmonie des Totaleffectes. Für die letzte Zeit van der Helſt's
aber ſind es wichtige und intereſſante Denkmäler. B. M.
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