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Görres, Joseph von; Görres, Marie [Editor]
Gesammelte Schriften (Band 1): Abth. 1, Politische Schriften — München, 1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.22438#0364
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losgelassen. Aber gebt wieder das Schwert der Gewalt in seine
Hand, seine Zunge wird auch gleich wieder zum Schwerte wer-
den, und er wird euch erwürgen, darum weil ihr ihm nicht also
gethan: denn der Friede ist nicht in seiner Brust, und Satanas
treibt ihn, daß er thut, auch was er nicht Sinnes ist, wenn's
nur zum Bösen sührt.

Den 31. März.

Morgen mit dem ersten April ift die Zeit verlausen, binnen
welcher Napoleon, wie er zum Neujahr versprochen, Frankreich
mit seinem Tode oder mit dem Frieden erquicken wollte. Hätte
er nur nm einen Monat diese Lebensfrist verlängert, ihr Ziel
wäre zum 1. Mai in die Polternacht gefallen, wo der Tenfel
alle seine Lieben ans dem Blocksberg zu versammeln Pflegt; jetzt
werden die Pariser Witzlinge unwillig klagen, der Kaiser habe
sie in den April geschickt. Jn der That war unter den Gaben,
die sein Herr und Meister ihm verliehen, sonst wohl auch eine
Art von prophetischer; er schien den Kristall von Doctor Faust
geerbt zu haben, worin die Zukunst wie eine alte vergangene
Geschichte ausgeschrieben stand; auch Wetter wußte er zu brauen,
und mit Verblendungen und mancherlei Getäusche die Augen zu
berücken. Der Geist ist von ihm weggenommen, und ein Lügen-
gespenst äfft nun ihn selbst mit seinen Gaukeleien. Wie hatte
er nicht alles Maß und den gemeinsten historischen Tact ver-
loren, daß er glauben konnte, in so enger Zeit so weiten Streit
zu lösen und zu beruhigen? Wie mochte er hoffen, mit einem
Krüglein milden Oels das stürmende Meer der Völker zu glätten
und zu beschwichtigen? Wir wollen gerne aus allgemeiner Men-
schenliebe glauben, daß er zu sterben weiß; es wäre eine Schande
ohne Gleichen, wenn derjenige, der Millionen Menschenleben
hingeworfen, wie ein unnütz und verächtlich Ding, das Eigne
so hoch halten sollte, daß er es nicht hingebe, um seine Ehre
damit einzulösen. Aber sind auch alle anderen Gaben von ihm
 
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