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zu den letzten Ordnungen gerechnet wird / welches ſich zwar in ſo weit ſchi-
cket / wenn ſie eben das Mittel zwiſchen den andern halten ſoll / aber gewiß-
lich keine vollkommene Ordnung haͤlt; iſt ſonder zweiffel beſſer / auch der Hoͤ⸗
he nach / zwiſchen den 2 hohen und zwey niedrigen zwey mittlere anzu-
ordnen / daß alſo gleichſam drey Paar als Mann und Weib zuſammen ſte-
hen. Dann wie das Weib allezeit von Natur zaͤrter und geſchmuckter iſt
als der Mann / indeſſen aber unter dem Weiblichen Geſchlechte ſo wohl als dem
Maͤnnlichen verſchiedene Srad der Schoͤnheit und Zaͤrtlichkeit ſich finden / ſo hat
die ſtarcke Toſcaniſche ordnung ihren zaͤrtern Seſellen an der Doriſchen / die mit-
telmaͤßige Joniſche an der Neuen / und die zarte Roͤmiſche an der Corinthiſchen.
Ferner werden die erſten zwey Ordnungen / oder beſſer die erſte / dritte und fuͤnffte
maͤnnlich geheiſſen / und die letzten drey / oder beſſer die andere / vierdte und ſechſte
Ordnungen / wie wir gewohnet ſeyn maͤnnlich zu nennen / was nicht zu ſehr geſchmuͤcket /
und gleichwohl ansehnlich ift/ aber welbiſch was überflüßig gefehmücket iſt. So iſt dann
allhie die rechte Stelle von den Ordnungen zu handeln; weil wir aber zuforderſt die H.
Bau⸗Kunſt von der Heydniſchen wohl unterſchieden haben wollen / ſo muß hier wiederum
etwas von der H. Bau⸗Kunſt geſaget werden / hernach wollen wir von der gemeinen oder
Heydniſchen Bau⸗Kunſt auch ein mehrers melden. 1
Die H. Bau⸗Kunſt iſt der Urſprung und wahrer Anfang des herrlichen Bauens / von
GO T ſelbſt dem Menſchen im Bau des Tempels geoffenbahret: Aber wie GOttes
Menſchen zugleich ſeine Gaben / doch in unterſchiedener Maaſſe mittheilet / ſo iſt es auch all-
ber leſcheben. So offt GOtt ſeinem Volcke herrliche Gaben ausgetheilet hat; ſo offt hat
er den Heyden auch / nachdem ſie es faͤhig geweſen ſeyn / dergleichen Gaben mitgetheilet:
Als GOtt ſeinem Volck treffliche Koͤnige und Helden gegeben / ſo hat er auch unter den
Heyden etliche Helden erwecket. Als GOtt ſeinem Volck Propheten gegeben / ſo hat er
den Heyden auch ihre Spbillen und Poeten, welche zu guten Sitten das Volck augefti-
ſchet haben verliehen. Dann es hat ſich G Ote keinem Volck begehret zu entziehen / und
hat nicht GOtt ſie verlaſſen / ſondern die verkehrte Art iſt von ihme abgefallen. Aber ſo
viel als das hohe Sonnen ⸗Llecht / des Mondes bleichen Schein uͤbertrifft / ſo viel uͤbertreffen
die von GOtt eingeblaſene Gaben die jenigen / die da die Natur / das iſt / Gottes Of-
fenbahrung durch die Geſchoͤpffe / durch die Vernunfft eingiebet. Und wolte Gott /
daß die Menſchen den inneren Goͤttlichen Vermahnungen allezeit Gehorſam bewieſen haͤt⸗
ten / ſo haͤtten ſie allezeit die rechte Weißheit erlernet / da ſie jezo von ihrer eigenen Ver-
nunfft verfuͤhret / wie die Kinder nach ihrem eigenen thummen Verſtande Verwirrung vor
Weißheit anbetten, Was Gott ſelber eingiebet unmittelbahr it Goͤttlich und vollkommen /
und wird in einem Augenblick klar verſtanden: Aber was durch Trieb der Natur durch die
Vernunfft erlernet wird / das muß durch Bildungen in die Sinnen gebracht werden / von
denſelben wird es ſtuckweiſe und unvollkommen der Vernunfft eingedruckt: und muß die
Vernunfft von bekannten Dingen zu unbekannten / durch einen engen Steg hinauf ſteigen / und
von dieſen in den mehr verborgenen Dingen mit Muͤhſceligkeit auffllmmen. Dazu iſt lan-
ge Zeit / und groſſe Arbeit vonnoͤthen / alſo daß keine Kunſt von ihren Erfindern hat moͤgen
ausgearbeitet werden / ſondern die Nachkoͤmmlinge muͤſſen weiter ſuchen und fort arbeiten.
Alſo werden durch viel Haͤnde / je aus einer in die andere / die Kuͤnſte mitgetheilet / und wer-
den von den Buͤcherſchreibern offt ausgeſchriebene Sachen / vor eigene Erfahrung mitge-
theilet / alſo daß die Anfahenden / welche nicht ſo bald von den Sachen zu urtheilen vermoͤ⸗
gen / durch viel Irrwege und Abwege / kuͤmmerlich am Ende ihres Lebens zum Schatten ei-
ner a aft gelangen. Und in den Meiſten hat der Gemuͤther und der Geiſter der
Menſchen Vielfaͤltigkeit / welche theils hier / theils dort hinaus wollen / eine Verwirrung auf-
gebauet: alſo daß nachdem die Wahrheit von dieſer Babyloniſchen Verwirrung (wie ſie die
Schrifft nennet) untergedruckt wird / die Menſchen endlich gezwungen werden / ihre eigene
kindiſche Erfindungen / zu verlaſſen und zu haſſen / und zu dem Brunnen der wahren Weißheit
die Erlernung der Sprachen / mit was vor Muͤhe / Arbeit und Fleiß erlernet man eine einige
Sprache / und wie unvollkommen und mangelhafft verſtehet man dieſelbe? Aber der hoͤchſte
Lehrer hat ſeinen andaͤchtigen Juͤngern im Augenblicke der Sprachen Verſtand eingegoſſen.
Man betrachte gegen unſere vermeinte Weiß heit / Salomonis Weißheit / welchem GOtt
die Wahl gegeben hatte zu bitten oder zu heiſchen / was ihm beliebte / und als er um Wei
heit bat / hat er dieſelbe erlanget / da er noch ein Jungüng a faſt ein zarter Knabe war /
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zu den letzten Ordnungen gerechnet wird / welches ſich zwar in ſo weit ſchi-
cket / wenn ſie eben das Mittel zwiſchen den andern halten ſoll / aber gewiß-
lich keine vollkommene Ordnung haͤlt; iſt ſonder zweiffel beſſer / auch der Hoͤ⸗
he nach / zwiſchen den 2 hohen und zwey niedrigen zwey mittlere anzu-
ordnen / daß alſo gleichſam drey Paar als Mann und Weib zuſammen ſte-
hen. Dann wie das Weib allezeit von Natur zaͤrter und geſchmuckter iſt
als der Mann / indeſſen aber unter dem Weiblichen Geſchlechte ſo wohl als dem
Maͤnnlichen verſchiedene Srad der Schoͤnheit und Zaͤrtlichkeit ſich finden / ſo hat
die ſtarcke Toſcaniſche ordnung ihren zaͤrtern Seſellen an der Doriſchen / die mit-
telmaͤßige Joniſche an der Neuen / und die zarte Roͤmiſche an der Corinthiſchen.
Ferner werden die erſten zwey Ordnungen / oder beſſer die erſte / dritte und fuͤnffte
maͤnnlich geheiſſen / und die letzten drey / oder beſſer die andere / vierdte und ſechſte
Ordnungen / wie wir gewohnet ſeyn maͤnnlich zu nennen / was nicht zu ſehr geſchmuͤcket /
und gleichwohl ansehnlich ift/ aber welbiſch was überflüßig gefehmücket iſt. So iſt dann
allhie die rechte Stelle von den Ordnungen zu handeln; weil wir aber zuforderſt die H.
Bau⸗Kunſt von der Heydniſchen wohl unterſchieden haben wollen / ſo muß hier wiederum
etwas von der H. Bau⸗Kunſt geſaget werden / hernach wollen wir von der gemeinen oder
Heydniſchen Bau⸗Kunſt auch ein mehrers melden. 1
Die H. Bau⸗Kunſt iſt der Urſprung und wahrer Anfang des herrlichen Bauens / von
GO T ſelbſt dem Menſchen im Bau des Tempels geoffenbahret: Aber wie GOttes
Menſchen zugleich ſeine Gaben / doch in unterſchiedener Maaſſe mittheilet / ſo iſt es auch all-
ber leſcheben. So offt GOtt ſeinem Volcke herrliche Gaben ausgetheilet hat; ſo offt hat
er den Heyden auch / nachdem ſie es faͤhig geweſen ſeyn / dergleichen Gaben mitgetheilet:
Als GOtt ſeinem Volck treffliche Koͤnige und Helden gegeben / ſo hat er auch unter den
Heyden etliche Helden erwecket. Als GOtt ſeinem Volck Propheten gegeben / ſo hat er
den Heyden auch ihre Spbillen und Poeten, welche zu guten Sitten das Volck augefti-
ſchet haben verliehen. Dann es hat ſich G Ote keinem Volck begehret zu entziehen / und
hat nicht GOtt ſie verlaſſen / ſondern die verkehrte Art iſt von ihme abgefallen. Aber ſo
viel als das hohe Sonnen ⸗Llecht / des Mondes bleichen Schein uͤbertrifft / ſo viel uͤbertreffen
die von GOtt eingeblaſene Gaben die jenigen / die da die Natur / das iſt / Gottes Of-
fenbahrung durch die Geſchoͤpffe / durch die Vernunfft eingiebet. Und wolte Gott /
daß die Menſchen den inneren Goͤttlichen Vermahnungen allezeit Gehorſam bewieſen haͤt⸗
ten / ſo haͤtten ſie allezeit die rechte Weißheit erlernet / da ſie jezo von ihrer eigenen Ver-
nunfft verfuͤhret / wie die Kinder nach ihrem eigenen thummen Verſtande Verwirrung vor
Weißheit anbetten, Was Gott ſelber eingiebet unmittelbahr it Goͤttlich und vollkommen /
und wird in einem Augenblick klar verſtanden: Aber was durch Trieb der Natur durch die
Vernunfft erlernet wird / das muß durch Bildungen in die Sinnen gebracht werden / von
denſelben wird es ſtuckweiſe und unvollkommen der Vernunfft eingedruckt: und muß die
Vernunfft von bekannten Dingen zu unbekannten / durch einen engen Steg hinauf ſteigen / und
von dieſen in den mehr verborgenen Dingen mit Muͤhſceligkeit auffllmmen. Dazu iſt lan-
ge Zeit / und groſſe Arbeit vonnoͤthen / alſo daß keine Kunſt von ihren Erfindern hat moͤgen
ausgearbeitet werden / ſondern die Nachkoͤmmlinge muͤſſen weiter ſuchen und fort arbeiten.
Alſo werden durch viel Haͤnde / je aus einer in die andere / die Kuͤnſte mitgetheilet / und wer-
den von den Buͤcherſchreibern offt ausgeſchriebene Sachen / vor eigene Erfahrung mitge-
theilet / alſo daß die Anfahenden / welche nicht ſo bald von den Sachen zu urtheilen vermoͤ⸗
gen / durch viel Irrwege und Abwege / kuͤmmerlich am Ende ihres Lebens zum Schatten ei-
ner a aft gelangen. Und in den Meiſten hat der Gemuͤther und der Geiſter der
Menſchen Vielfaͤltigkeit / welche theils hier / theils dort hinaus wollen / eine Verwirrung auf-
gebauet: alſo daß nachdem die Wahrheit von dieſer Babyloniſchen Verwirrung (wie ſie die
Schrifft nennet) untergedruckt wird / die Menſchen endlich gezwungen werden / ihre eigene
kindiſche Erfindungen / zu verlaſſen und zu haſſen / und zu dem Brunnen der wahren Weißheit
die Erlernung der Sprachen / mit was vor Muͤhe / Arbeit und Fleiß erlernet man eine einige
Sprache / und wie unvollkommen und mangelhafft verſtehet man dieſelbe? Aber der hoͤchſte
Lehrer hat ſeinen andaͤchtigen Juͤngern im Augenblicke der Sprachen Verſtand eingegoſſen.
Man betrachte gegen unſere vermeinte Weiß heit / Salomonis Weißheit / welchem GOtt
die Wahl gegeben hatte zu bitten oder zu heiſchen / was ihm beliebte / und als er um Wei
heit bat / hat er dieſelbe erlanget / da er noch ein Jungüng a faſt ein zarter Knabe war /
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