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Hoetger, Bernhard; Osborn, Max; Neue Kunst Hans Goltz (Firma); Neue Kunst Hans Goltz (Firma) [Contr.]
Bernhard Hoetger: vom 18. bis 28. Februar 1913 — Kollektiv-Ausstellung, Nr. 4: München: Neue Kunst Hans Goltz, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.62300#0004
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In den Werken des Bildhauers Bernhard Hoetger sammeln sich alle
diese Strahlen einer jungen Kunst.
Die Plastik hat vor der Malerei das Glück voraus, dass ein um-
ständlicherer Betrieb sie vor dem Entschweben in allzu luftige Höhen
gnädig schützt. Sie ist zu fest in dem Urgrund aller Kunst: im
Handwerk, verankert, um sich unbekümmert ins Freigebiet des Ex-
perimentellen vorzuwagen. Das macht sie schwerfälliger, weniger
beweglich, aber es sichert ihr auch, wo die schöpferische Kraft sich
in Ausdruck umzusetzen weiss, rundere Resultate. Wir erleben es
heute, dass die Malerei, seit hundert Jahren die Führerin der Künste
(womit eine neue Gruppierung einsetzte), der Sehnsucht einer auf-
steigenden Generation mehr folgt als feste Richtlinien gibt. Wir
wollen das nicht unterschätzen. Es liegt etwas Ungeheures in dieser
Erscheinung, dass das eherne Gesetz der Entwicklung sich auch da
mit absoluter Gewalt durchsetzt, wo — wenigstens für mein Auge —
die Wege noch nicht von überragenden Genies gebahnt werden;
wo unsere dankbare Bewunderung auf eine geschlossene Phalanx
ringender, in heissen Mühen suchender Talente angewiesen ist; wo
mehr eine Summe als einzelne leuchtende Faktoren das Fundament
unserer Hoffnung bildet. Aber im engeren Kreise der Skulptur
schimmert über die Hoffnung hin schon etwas wie eine Erfüllung.
Die Epoche, die hinter uns liegt, zeigt noch eine andere Konstellation.
Rodins Kunst ist undenkbar ohne die pflügende Vorarbeit der Malerei.
Seine geniale Analytik des menschlichen Körpers war befruchtet
durch die inneren Prinzipien des Impressionismus, die unter seinen
Händen ihre logische Anwendung aufs Skulpturale fanden. Von
ihnen entnahm er seinen Mut zur Bewegung; zur Bewegung nicht
der äusseren Geste, sondern des im Leibe beschlossenen physischen
Lebens. Das Wunder seiner Beherrschung und Bindung vormals nie
dargestellter, vielleicht nie gesehener Teile, Übergänge und Nuancen
der Bewegung wäre uns nicht geschenkt worden, wenn nicht die
zitternden Ströme des flimmernden Lichtes auf den Bildern der Maler
ihre Herrschaft etabliert hätten.
Bei Maillol begann die Verschiebung. Er ging auf eigene Faust von
der Analyse zur Synthese über, vom „divide et impera“ Rodins zum
Zusammenfassen, von der Nervosität zur bändigenden Ruhe, von der

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