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Gombert, Hermann
Der Freiburger Münsterschatz — Freiburg [u.a.], 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.27919#0043
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Kardinal Ginetti, die Gebeine des kurz vorher aus der Priscillakatakombe geborgenen Märtyrers
Alexander. Von anderen Stellen erhielt Pater Raphael noch weitere 13 Reliquien zum Geschenk,
die er als Schutzheilige für die zwölf Freiburger Zünfte und die Priesterschaft am Münster
vorsah. In einem „Trücklin“, fein säuberlich verpackt und versiegelt, trug der Kapuziner das
Heiltum nach Freiburg, wo es am 19. Dezember desselben Jahres im Refektorium seines Klo-
sters in Anwesenheit von Zeugen ein Notar auspackte. Die Reliquien des hl. Alexander, der
zum neuen Stadtpatron erkoren war, wurden auf Beschluß des Rates kostbar gefaßt. Das Haupt
des Heiligen nahm eine silbergetriebene Büste auf, der „Leib aber (wurde) in ein zierlich ge-
machten schwartze mit silbernen Zieraden beschlagenen Sarch eingeschlossen, welcher von
aussen mit grossen sehr köstlichen hellen Christalibiettern also versetzt, daß die vornebste
Heylige Gebein gantz klar Zusehen seindt“97. Auf dem Schrein war das Bild des Heiligen an-
gebracht. Die St.-Annen-Kapelle bestimmten die „Wol Edel Gebornen / Gestrengen / Vesten /
Hochgelehrten / Ehrenvesten / Fürsichtigen / Weysen / Auch Ehrenhafften / Ehrsamen / Be-
scheidenen Herren / H. H. Bürgermeister / Raht / vnd Zünfftigen löblicher Statt“98 zur Auf-
nahme des neuen Heiltums, die seither Alexander-Chörle genannt wird99.

Schon am 21. September 1651 fand die feierliche Übertragung der Reliquien ins Münster
statt100. An diesem Tage, drei Jahre nach Beendigung der furchtbarsten Kriegsnot, entfaltete
die Stadt den ganzen Prunk eines barocken Festes. Eine feierliche Prozession, an der die gesamte
Bevölkerung, die Geistlichkeit, der Generalvikar der Konstanzer Diözese, der Abt von St. Peter,
der Erzherzog Ferdinand Karl von Österreich, die Deputierten der vorderösterreichischen Land-
stände teilnahmen, bewegte sich vom Münster zum Kapuzinerkloster, wo auf einem Altar vor
der Kirche die Reliquien aufgestellt waren. In einer zündenden Ansprache übergab Pater
Schächtelin die Gebeine des hl. Alexander der Obhut der Stadt. Unter Gesängen kehrte die
Prozession zum Münster zurück, wobei der Guardian unter Assistenz eines Mitbruders die
Silberbüste des Heiligen trug, während vier Kapuziner den Reliquienschrein „auf ihren Achseln“
hielten. In der Nähe der Lug-Stühle vor dem Hauptportal des Münsters war wiederum ein
„Theatrum“ errichtet, auf das man die Reliquien setzte. Nach einer Rede des Kapuziners sang
das Volk unter dem Geläute der Glocken, dem Klang der Trompeten und Heerpauken, dem
Donnern der Geschütze auf den Bastionen, dem Salveschießen der Soldaten und unter dem
Gebrause der Orgel das Tedeum. In dieser frohen, festlichen Stimmung geleitete die Menge
die Gebeine des neuen Stadtpatrons in das Münster, wo der Abt von St. Peter das Hochamt
zelebrierte. Den ganzen Tag waren sie zur Verehrung im Chor aufgestellt und erst am Abend
feierlich in das Alexanderchörle überführt.

Das Fest des hl. Alexander wird seither mit dem des hl. Lambertus am 17. September gefeiert.
Hundert Jahre später vereinigte man die Gebeine des Heiligen in einem großen hölzernen
Rokokoschrein, dessen Wände verglast und dessen Schnitzereien vergoldet sind. Der Pfarrer
J. F. Geissinger berichtete hierüber: „Anno 1752 im Sommer ist der heilige Leib des Alexanders

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