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Münster gestiftet wurde, dann bleibt die Frage offen, wie
er in den Besitz dieser Familie gekommen ist. Freiburg
rühmt sich des hl. Lambertus seit der Erstürmung der
Burg 1366. Damals fiel den Bürgern wahrscheinlich
auch der Tragaltar in die Hände.

Der „Betstein in Silber gefaßt“ ist noch älter. Er wird
in die Zeit der Ottonen datiert. Ein Altarstein aus wei-
ßem Marmor ist in eine rechteckige Holzplatte einge-
lassen, die mit Streifen aus Silberblech beschlagen ist.
Der Schmuck, bestehend aus Flechtbändern, Rosetten
und Ranken, ist über Drahtmodeln getrieben, die an
Filigran erinnern (Höhe = 2,3 cm, Breite = 22,8 cm,
Tiefe = 17,3 cm)10.

1 Jos. Braun, Der christliche Altar, 1. Bd. (München
1924) S. 444 f. und S. 455 f.

2 MA., Anniversar 1, pag. 61; H. Flamm, Die Schatz-
verzeichnisse des Freiburger Münsters 1483-1748, in:
Münsterbl. 2.Jg. (1906) S. 76.

3 MA., A 3, Inventar von 1548, pag. 6.

4 MA., Anniversar 1, pag. 61b; Flamm a. a. O. S. 76.

5 Diesen Hinweis verdanke ich Herrn Archivar J. A.
Kraus, Erzbischöfl. Diözesanarchiv, Freiburg.

6 Jos. Braun, Zwei Tragaltärchen im Münster zu Frei-
burg, in: Zeitschrift f. christl. Kunst, 16.Jg. (Düssel-
dorf 1903) Nr. 2, S. 42ff; I. Schroth, Mittelalterliche
Goldschmiedekunst am Oberrhein, Ausstellungskatalog
(Freiburg 1948) S. 22, Nr. 14.

7 O. v. Falke, Rob. Schmidt, G. Swarzenski, Der Wei-
fenschatz (Frankfurt a. M. 1930) Kat. Nr. 7, Taf. 17.

8 W. Noack, Vorwort zu I. Schroth a. a. O. S. 8.

9 G. Swarzenski, Aus dem Kunstkreis Heinrichs des
Löwen, in: Städel-Jahrbuch, VII.—VIII. Bd. (Frank-
furt a. M. 1932) S. 330, Abb. S. 331, Nr. 275/276.

10 1. Schroth a. a. O. S. 19, Nr. 5.

2. TRIUMPHKREUZ Elsaß, wahrscheinlich Straß-
burg, Ende 12. Jh. mit späteren Veränderungen (Abbil-
dungen 18, 19 und Titelbild)

Silberplatten auf Holz, Silber getrieben, graviert, gestanzt,
z. T. gepunzt und vergoldet. Edel- und Halbedelsteine.

Höhe = 263 cm, Breite = 145 cm, Tiefe = 4 cm, Kruzi-
fixus: Höhe = 107 cm.

In der Chorkapelle, deren Bau und Ausstattung der
Schatzmeister Kaiser Maximilians, Jakob Villinger von
Schönenberg, zu Anfang des 16. Jahrhunderts gestiftet

hat, befindet sich: „. . . ein Silberin Zum theil vergalten
grosen cruzifix ob dem Altar an der Wandt angehejft, mit
den vier Evangelisten und einem Agnus Dei“1. So wird das
Kreuz zum erstenmal erwähnt in dem Inventarium von
1588 der zu ,,hochseliger gedächtnus ufgerichter gezierter
vnnd begabter Capellen“ des Magdeburger Dompropstes
Wilhelm Böcklin von Böcklinsau, der in seinem Testa-
ment vom 20. August 1584 die Kapelle mit reichen
Stiftungen begabte, um dafür in ihr beigesetzt zu wer-
den2. Nach seinem Tode am 14. Oktober 1585 wurde
er seinem Wunsch gemäß unter einem pompösen Stein-
denkmal in der Kapelle zur Ruhe bestattet. Aus seinem
Testament und dem ersten Inventar von 1588 geht ein-
deutig hervor, daß Böcklin nicht der Stifter des Kreuzes
sein kann, das heute seinen Namen trägt. In seinem
letzten Willen werden von ihm als Ausstattung der
Kapelle und „Altars Zierden“ aufgezählt: Meßgewänder
und Ornate, ein Kelch, silberne Leuchter, ein silberner
Kessel und silberne Meßkännchen. Er stiftete zudem
eine Summe von 200 Gulden, die für die Erhaltung der
Geräte und Meßgewänder diente. Das Kreuz wird nicht
erwähnt.

Nähere Angaben erfahren wir erst in einem Bericht des
Dompfarrers Joseph Marmon vom Jahre 18683, nach-
dem das silberne Kreuz einer gründlichen Restaurierung
durch den Freiburger „Goldarbeiter“ Ludwig Keller
unterzogen war. Damals erhielt das Kreuz den Zustand,
in dem es sich heute befindet. „Die Silberblechauflage
bestand aus Hunderten von Stückchen, die mit silbernen
Nägelchcn nebeneinander und aufeinander befestigt
waren . . . Die Zusammensetzung und die Auflage der
Silberbleche ist eine andere geworden. Die alte Zer-
stückelung beizubehalten war nicht möglich, und so ist
die gegenwärtige symmetrische Zusammensetzung der
Silberbleche ein Goldschmiedeprodukt des Goldarbei-
ters.“ Außerdem geht aus dem Bericht hervor, daß der
Kopf des Lammes fehlte und vom Evangelisten am
oberen Ende des senkrechten Balkens nur der Kopf vor-
handen war. Dieser wurde ganz erneuert, dem Lamm
der Kopf angesetzt. Wichtig und interessant ist die Mit-
teilung von Marmon, daß sich in dem Kreuzesholz
Reliquien „de Vestimento B. M. V.“ befinden.

Für den gläubigen Menschen des 12. Jahrhunderts hatte
die Darstellung des gekreuzigten Heilandes tiefe Bedeu-
tung. Nach den Vorstellungen jener Zeit blickte der Ge-
kreuzigte nach Westen, wo das Heidentum thront und
die Nacht des Götzendienstes und des Unglaubens haust.
Seine Rechte ist nach Norden gestreckt, seine Linke

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