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Gottlieb, Theodor; Maximilian, [Oth.]; Gottlieb, Theodor [Oth.]
Ambraser Handschriften: Beitrag zur Geschichte der Wiener Hofbibliothek (Band 1): Büchersammlung Kaiser Maximilians I.: mit einer Einleitung über älteren Bücherbesitz im Hause Habsburg — Leipzig, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.29208#0087
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Wichtig ist für uns die Notiz von der nochmaligen Eröffnung des
untersten Schatzgewölbes im selben Jahre (1563), weil wir daraus er-
sehen, dass die Bücher sehr verwahrlost und die Ledereinbände vielfach
von Mäusen zerfressen waren, ferner weil wir erfahren, dass die Erz-
herzogin den Auftrag gab, diese Bücher neu zu binden. Wir hören
zwar, dass, als die betreffende Notiz eingeschrieben wurde, dieser Befehl
hat ,bifsher nit völlig in vollcziehung gericht werden mugen1, ohne dass
wir von seiner vollständigen Ausführung durch eine weitere Angabe dieser
Vorbemerkungen erfahren. Aber der Befehl wurde später, wenn nicht
schon vor 1567, dann sicher unter Ferdinand von Tirol ausgeführt, wie
die Thatsachen lehren. Diese Nachricht muss man sich jedenfalls für
die Fälle vor Augen halten, wo die Angaben des alten Inventars über
das Aeussere der Handschriften mit ihrem jetzigen Aussehen nicht
genau übereinstimmen, obwohl in ziemlich vielen Fällen die Einbände
erst in späterer Zeit, d. h. lange nach Vereinigung der Ambraser Samm-
lung mit der Wiener Hofbibliothek geändert worden sind.

Aus der Thatsache, dass die in Betracht kommenden Bücher sich
im „Schatzgewölbe“ verschlossen fanden, dass zur Eröffnung dieses Ge-
wölbes sowohl 1536 als 1563 eine eigene Commission intervenieren
musste, weiter aus dem Aufträge der Erzherzogin, die Bücher in
Schränke (oder Kisten) wieder einzuschliessen, erhellt, dass man diese
Büchersammlung nicht eigentlich als „Bibliothek“, sondern als Theil des
Schatzes zu betrachten hat. Erst Ferdinand von Tirol hat sie aus ihrem
Verliesse befreit.

Der amtliche Charakter der hier besprochenen Notizen lässt darauf
schliessen, dass sie dem Innsbrucker Original beigefügt worden waren.
Von dort hat sie dann der Copist der Handschrift W. herüber-
genommen.

So gewiss nun aber die Abfassung des Verzeichnisses in die Zeit
Ferdinands I. fällt, so sicher zeigt die Analyse seines Inhalts und die
Identificierung der darin beschriebenen Handschriften und Drucke, dass
wir es mit einer älteren, schon zu Maximilians I. Zeiten be-
stehenden Sammlung zu thun haben, in der wieder einzelne auf
Sigismund von Tirol, auf Friedrich V. zurückgehende Stücke, respective
Bücher Wenzels von Böhmen erkennbar sind. Im Inventar selbst
ist kein ausdrücklicher Hinweis auf Maximilian I. vorhanden, aber durch

dahingestellt bleiben. Dass sie weltlichem Treiben nicht durchaus abhold war, kann
ihre Eintragung in das Ambraser Trinkbuch glaublich machen. Die Eintragung er-
folgte durch einen Schreiber, vielleicht durch denselben, der ihren Namen in die Hand-
schriften 2773 (Ambr. 293) Guido de Columna, Historia von Troya und 3037 (Ambr.
426) Ulr. Füeterer, Buch der Abenteuer vorne hineinsetzte. Wenigstens das erstere
Werk stammte allem Anschein nach aus dem Schatzgewölbe. Vgl. No. 228 des
Innsbrucker Inventars.
 
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