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Geier, Heinz; Galerie Goyert; Belling, Rudolf [Ill.]; Pechstein, Max [Ill.]
H.M. Pechstein und Rudolf Belling — ... Buch der Galerie Goyert, Drittes Buch: Köln am Rhein: Galerie Goyert, 1921

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.62528#0007
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EINIGES VOM WESEN DER KUNST UND DER
PLASTIK IM BESONDEREN.
Die Geschichte des geistigen Lebens ist ein fortwährendes
Suchen der Einheit zwischen uns und der Welt. Religion,
Kunst und Wissenschaft verfolgen gleichermaßen dieses Ziel.
Der Künstler sucht dem Stoffe die Ideen seines Ich einzubilden,
um das in seinem Innern Lebende mit der Außenwelt zu ver-
söhnen. Auch er fühlt sich unbefriedigt von der bloßen Er-
scheinungswelt und sucht ihr jenes Mehr einzuformen, das sein
Ich über sie hinausgehend birgt.“
Es ist wichtig, eine derart erlösende Erkenntnis, wie sie
Dr. Rudolf Steiner in seiner „Philosophie der Freiheit“ (Ausgabe
1918, S. 27—28) vertritt, immer wieder der geistlosen Forderung
der meisten unserer Zeit entgegenzustellen, die das Wesen der
Kunst immer noch in der „genialen Nachahmung“ der Natur
sieht, und dies verhängnisvolle Erbe einer Weltanschauung, die
das Wesen der Kunst nicht mehr begriff, nun in alle Kunststätten
zu kritischer Beurteilung trägt, um sich so dem Besten, was
sich aus neu erwachtem schöpferischem Menscheninnern ins
Dasein ringen will — stumpf und lähmend entgegenzustellen;
oft, leider, nicht ohne die finstere Absicht den eben durchbrechenden
junglebendigen Keim wirklichen Kunststrebens im Werden zu
ersticken, wenn sie ihn nicht roh niedertrampeln können.
Dies trifft besonders die „stummen“ Werke der bildenden
Künste, die uns, im Gegensap zu den im zeitlichen Verlauf zu
erlebenden, als ein zur Zeiteinheit gestaltetes Ganze unver-
mittelt und vollendet gegenübergestellt werden, d. h. ohne daß
wir den geistigen Entwicklungsvorgang des Schaffens miterlebt
hätten. Diesem Umstand ist es zuzuschreiben, daß wir uns so
gern bemüßigt fühlen, den stummen Kunstwerken gegenüber
unser zustimmendes oder verwerfendes Urteil auszusprechen,
ohne den guten Willen in uns aufzubringen, der uns wenigstens
die schöpferischen Absichten des Künstlers aktiv einfühlend
suchen ließe. Wie oft muß man derartig abfällige Urteile über
diese stummen Träger unerhörten menschlichen Ringens hören,
von Betrachtern, die garnicht ahnen, daß sie mit ihrem Bewußt-
 
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