Grautoff, Otto; Rodin, Auguste [Ill.]: Rodin (Künstler-Monographien, Bielefeld , Leipzig: Verlag von Velhagen & Klasing, 1911)

Abb. 114. Handzsichnung. tZu Seite 186.)
liche Deutlichkeit muß in dieser stummen
Sprache liegen, die Rodin zu einem Er-
lebnis wurde. Die Kambodschaner sprechen
eine Lautsprache, die nur ein paar Dutzend
Europäer verstehen, und doch hat Rodin,
dem diese natürlich auch fremd blieb, ihre
Art und ihr Wesen in ihren letzten Tiefen
begriffen. Die vielen hundert Zeichnungen,
die er von den Tänzerinnen, von Kam-


wildeste Farbenpracht des Orients ent-
falteten, sind heute nur noch ein müder
Abglanz von früher; aber doch müssen
diese auf den Europäer noch heute einen
berauschenden Zauber ausüben. Bei die-
sen Festen spielen die Tänzerinnen des
Königs eine führende Nolle. Wir Deut-
schen sprechen bewundernd von der Be-
redsamkeit der Gesten und Gebärden der
romanischen Völker; doch sie muß stümper-
haft sein im Vergleich zu der Beredsam-
keit der Gesten und Gebärden der Kam-
bodschaner. Eine primitive Einfachheit
und Klarheit, eine letzte und unaufdring-


Abb. 118. Kambodschaner Tänzerin.
tZn Seite 118.)
bodschanern, von Rani, Sisowath, Na-
mayana machte, sind aber nicht etwa
Porträts; es sind Eindrücke, in denen
er uns einerseits die Lebendigkeit und
die reiche Farbenpracht, ihren fremden,
orientalischen Farbengeschmack, ihre bieg-
same und feine Grazie schildert, in denen
er uns anderseits aber auch über ihr
Seelenleben aphoristische Bemerkungen
gibt. Auch in diesen uns so fernen und
fremden Menschen leben dieselben Ge-
fühle und Empfindungen wie in uns
guten Europäern. Und wir begreifen
so die ewige Einheit der Seelenwelt.
Jene aber stehen in ihrer instinktiven

Abb.116. Kambodschaner Tänzerin. (Zu Seite118.)

Kultur der Natur näher, sind urwüchsiger