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Grautoff, Otto; Rayski, Louis Ferdinand von [Ill.]
Ferdinand von Rayski — Grotesche Sammlung von Monographien zur Kunstgeschichte, Band 4: Berlin: G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.61214#0018
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Niemals hat er wie Engert, Oldach, Schiffer u. a. die schnurrige Selbstzu-
friedenheit des Spießers von 1850 mit der Tabakpfeife im Munde, beim
KafTeetrinken oder im Vorstadtgarten, in umständlicher Einzelbehandlung
geschildert, er hat auch seinen adligen Modellen nicht einen in diesem Sinne
episierenden Rahmen gegeben, sondern hat wie die großen Bildnismaler aller
Zeiten sich auf die Herausarbeitung des Charakters konzentriert. Charakter
hat er nicht durch anekdotenhaft zugespitztes Beiwerk geschildert, sondern
in der Haltung, durch Gesten, in den Gesichtszügen dargestellt.
Der Hintergrund auf Rayskis Bildern ist immer geschlossen, gleichzeitig
aber im Farbton bewegt. Niemals eine eindeutig angestrichene Fläche, sondern
so vieldeutig gemalt, daß alle Farben, die im Porträt Bedeutung gewinnen, im
lichtarmen, gesättigten Hintergrund enthalten sind. Unter dem Kopf ist der
Hintergrund meistens aufgelichtet, so daß dort im Braun oder Grün ein dem
Inkarnat verwandter Ton zu schwimmen scheint. Wenn Rayski dem Hinter-
grund Tiefe gegeben hat, so handelt es sich immer nur um Raumandeu-
tungen, die das Licht schafft. Es ist stets so gelenkt, daß der Kopf vor
ruhigem Hintergrund steht. Wenn Rayski auf Bildnissen im Hintergrund
ein Stadtbild andeutet, wie auf dem Porträt der Frau von Winckler und dem
des Rittmeisters von Schönberg oder eine Schloßansicht gibt wie auf dem
Spätbild Joachim von Schönbergs oder Truppen vorbeidefilieren läßt wie
auf dem Frühbild des Oberst von Berge, so sind diese Motive so fest in den
Gesamtton des Bildes gebunden, daß sie den Blick des Beschauers von dem
Wesentlichen des Porträts nicht ablenken, weder durch das Motiv, noch
durch die Zeichnung und am allerwenigsten durch die Farbe. In den Bild-
nissen Friedrich von Boxbergs, Ludwig von Wiedebachs, Beneckes von
Gröditzberg und des Domherrn von Schröter hat Rayski im Halbdunkel des
Hintergrundes eine Raumandeutung gegeben, die an und für sich bedeutungs-
los ist, aber die Charakteristik des Dargestellten in diskretester Weise unter-
stützt. Sie zeigt die Umgebung, in der Herr von Boxberg lebt: die schilfigen
Sümpfe des Entenjägers. Bei Herrn von Wiedebach ist das Jagdrevier als
waldiger Hintergrund angedeutet. Der neu geadelte Benecke ragt wie eine
Siegessäule über die Ebene empor. Die weltmännisch diplomatische Hal-
tung des Domherrn von Schroeter wird durch den imposanten Sessel, auf
den er sich stützt, mitbestimmt und durch die Andeutung des schloßartigen
Innenraumes gehoben. Seine schwarze Schlankheit gewinnt vor dem Braun des
Hintergrunds und neben dem Violett des Stuhls an körperlicher Bestimmtheit.
Einmal, in dem Kinderbildnis der Dresdener Galerie, hat Rayski dieser schlichten
Behandlung des Hintergrundes ausweichend den Kopf des Kindes teilweise

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