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Grautoff, Otto; Rayski, Louis Ferdinand von [Ill.]
Ferdinand von Rayski — Grotesche Sammlung von Monographien zur Kunstgeschichte, Band 4: Berlin: G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.61214#0074
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zu gratulieren, fand sie ihn sterbend in seiner Wohnung. Noch am gleichen
Tage ist er verschieden. Die standesamtlichen Register bezeichneten ihn
als Privatmann, so vergessen war der Künstler Rayski inzwischen. Als die
Nachricht von seinem Tode hinaus aufs Land drang, kamen die Schönbergs
und Schroeters von ihren Schlössern, um ihn zur Ruhe zu geleiten. In der
engen Wohnung im vierten Stock an der Bürgerwiese versammelte sich eine
zahlreiche Gesellschaft hoher, schlanker Gestalten des sächsischen Adels in
Uniform und in Gehröcken, wie Rayski sie einst gemalt hatte. Der Adel
bettete den Standesgenossen in ein bescheidenes Grab auf dem Trinitatis-
friedhof. Der Nachlaß wurde zum größten Teil unter die Verwandten ver-
teilt. Der bedeutendste Anteil fiel in die Hände der Äbtissin Frau von Jena
und ihrer Schwester Fräulein von Jena in Halle, den Töchtern von Eduard
von Jena auf Döbberitz, der mit Rayskis Schwester Beate Toinon verhei-
ratet gewesen war.
Sechzehn Jahre vergingen, in denen die letzten Erinnerungen an den
Künstler schwanden. Dann ist durch seltsame Schicksalsfügung von neuem
durch ein Mitglied des sächsischen Adels die Aufmerksamkeit der Öffent-
lichkeit auf Ferdinand von Rayski gelenkt worden. In den Herbstmonaten
des Jahres 1905 lag der Kunsthistoriker Graf Vitzthum, jetzt ordentlicher
Professor der Kunstgeschichte an der Universität Göttingen, als Reserve-
leutnant in Schloß Bieberstein im Quartier, dort, wo sich damals noch eine
Reihe der schönsten Werke des Meisters befanden. Er machte Hugo von
Tschudi, den Direktor der Nationalgalerie in Berlin, auf die Bilder aufmerk-
sam. Tschudi, der mit den Vorarbeiten für die Jahrhundertausstellung be-
schäftigt war, gab der Anregung Folge und hat bewirkt, daß Rayski auf
dieser denkwürdigen Ausstellung mit zwanzig Gemälden vertreten war. Seine
Bilder erregten Bewunderung und Aufsehen Die Museen in Berlin und
Dresden erwarben auf der Ausstellung in Berlin zum ersten Male Werke des
Meisters. In allen Ausstellungsberichten wurde sein Name gefeiert. So viele
Einzelnionographien aber auch im Anschluß an die Jahrhundertausstellung
erschienen, Ferdinand von Rayski wurde übergangen. Ihm hat bis heute
kein Kunsthistoriker eine zusammenfassende Arbeit gewidmet. Das ist be-
dauerlich, weil inzwischen die meisten Dokumente über den Künstler ver-
schollen und fast alle ehemaligen Freunde Rayskis gestorben sind. Erfreu-
licherweise hat ein Dresdener Lokalforscher, Oberlehrer Ernst Sigismund,
sich seines Landsmannes angenommen und schon 1906 in den Mitteilungen
des Vereins für Geschichte Dresdens das zwanzigste Heft Ferdinand von
Rayski gewidmet. Sigismund hat die Dresdener Archive auf die Lebens-

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