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Grimm, Herman
Leben Michelangelo's (Band 1): bis zum Tode Rafaels — Hannover, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.2892#0073
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Die Geschichte der Menschheit. 65

Was sind wir mit unseren Maßen von Raum und Zeit?
Was bedeutet die Erde, wenn wir sie als den einen Stern
unter unzahligen anderen betrachten? Wie viel Revolutionen
erlebte sie, ehe Menschen da waren, wie lange waren Men-
schen da, ehe sie sich der Vergangenheit zu erinnern anfingen.
Die paar tausend Jahre, die wir mit dem Namen Geschichte
bezeichnen, sind ein spannenlanger Ubschnitt von einer Strecke,
die nach Meilen gemesien werden könnte. Nicht mehr lange
und es wird die richtige Ansicht über diese Verhältniffe in
das Volk dringen. Den Römern waren noch die Theile
vow Deutschland, welche jenseits der Elbe liegen, ebenso
räthselhafte nebelverhüllte Märchenländer, wie dem Mittel-
alter zur Zeit der Entdeckung von Amerika die Znseln des
stillen Oceans. Heute spricht der gemeine Mann von Süd-
amerika, Australien und Japan und von den Epochen der
Erdbildunz. llnserem Gefühl von heute liegt die Zeit des
Heroismus nicht in der Vergangenheit, sondern wir erwarten
sie als die schönst? Frucht der Zukunft, wir fteigen empor,
nicht abwärts. Wir befinden uns in einer Krisis der An-
schauungen. Wir blicken mit Geringschätzung hinter uns und
erwarten neue Offenbarungen des Menschengeistes, größere
Dinge, als sie die Welt jemals gesehen hat.

So gewiß die Bahnen der Gestime ineinandergehen, daß
jedes den Weg des anderen bedingt und mit seinen geringften
Eigenthümlichkeiten sich sühlbar macht, so gewiß bilden die
Menschen, welche leben, gelebt häben und leben werden, in
sich ein ungeheures System, wo die kleinste Bewegung jedes
Einzelnen unmerklich meistens, äber dennoch bedingend auf
den allgemeinen unaufhaltsamen Fortschritt einwirkt. Die
 
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