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an sich zu der Frage führen, mit welchen Ansprüchen es in
den Kreis dessen, was heute classische Archäologie genannt
wird, eintrete.
Ein Interesse für Werke antiker bildnerischer Kunst hat
auch in den Zeiten des Unterganges des antiken Weltreiches
wohl nie aufgehört. Cassiodor vergleicht die Statuen der
eigenen Zeit nrit den Meisterleistungen der Antiquitas, die er
bewundert. Eginhard hatte ein Gefühl vom Werthe der
alten Kunst. Die Karolinger brauchten alte geschnittene Steine
als Siegelringe. In den Schatzkammern der Fürsten haben
antike Werke wohl nicht blos um ihrer rohen Kostbarkeit
willen, sondern auch ihrer Schönheit wegen das Wohlgefallen
der Besitzer erregt. Die ersten Spuren feinerer Beobachtung
antiker Arbeit finde ich in dem, was Ghiberti, urtheilend
und beschreibend, über die Vortrefflichkeit einiger antiken
Skulpturen sagt, die in seinen Besitz kamen. Von da ab
bricht die antike Arbeit in die florentinische Skulptur ein.
Der alte Cosmo von Medici sammelte Antiken in großem
Maßstabe und Donatello restaurirte sie und ahmte sie nach.
Erst Raphael und Michelangelo aber brachten die Antike zu
lebendiger Herrschaft. Im Cinquecento sammelten Päpste,
Kaiser, Könige und der hohe Adel in ganz Europa. Im
siebzehnten Jahrhundert concentrirte sich der wissenschaftliche
Betrieb unter Louis XIV. in Paris- Bald waren Italien
und Frankreich erfüllt von gelehrten Meinungen über die Vor-
trefflichkeiten der antiken Werke. Justi hat gezeigt, wie
Winckelmann sich aus dieser Bewegung erhob. Mit Winckel-
mann beginnt unsere Archäologie. Eine Art von Götterdienst,
eine ästhetisch-heidnische Verehrung, die zum reinen Wesen
der Schönheit durchzudringen suchte,
Herman Grimm, Fragmente. 1b
an sich zu der Frage führen, mit welchen Ansprüchen es in
den Kreis dessen, was heute classische Archäologie genannt
wird, eintrete.
Ein Interesse für Werke antiker bildnerischer Kunst hat
auch in den Zeiten des Unterganges des antiken Weltreiches
wohl nie aufgehört. Cassiodor vergleicht die Statuen der
eigenen Zeit nrit den Meisterleistungen der Antiquitas, die er
bewundert. Eginhard hatte ein Gefühl vom Werthe der
alten Kunst. Die Karolinger brauchten alte geschnittene Steine
als Siegelringe. In den Schatzkammern der Fürsten haben
antike Werke wohl nicht blos um ihrer rohen Kostbarkeit
willen, sondern auch ihrer Schönheit wegen das Wohlgefallen
der Besitzer erregt. Die ersten Spuren feinerer Beobachtung
antiker Arbeit finde ich in dem, was Ghiberti, urtheilend
und beschreibend, über die Vortrefflichkeit einiger antiken
Skulpturen sagt, die in seinen Besitz kamen. Von da ab
bricht die antike Arbeit in die florentinische Skulptur ein.
Der alte Cosmo von Medici sammelte Antiken in großem
Maßstabe und Donatello restaurirte sie und ahmte sie nach.
Erst Raphael und Michelangelo aber brachten die Antike zu
lebendiger Herrschaft. Im Cinquecento sammelten Päpste,
Kaiser, Könige und der hohe Adel in ganz Europa. Im
siebzehnten Jahrhundert concentrirte sich der wissenschaftliche
Betrieb unter Louis XIV. in Paris- Bald waren Italien
und Frankreich erfüllt von gelehrten Meinungen über die Vor-
trefflichkeiten der antiken Werke. Justi hat gezeigt, wie
Winckelmann sich aus dieser Bewegung erhob. Mit Winckel-
mann beginnt unsere Archäologie. Eine Art von Götterdienst,
eine ästhetisch-heidnische Verehrung, die zum reinen Wesen
der Schönheit durchzudringen suchte,
Herman Grimm, Fragmente. 1b