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Grimm, Herman; Grimm, Herman [Hrsg.]
Fragmente (Band 1,1) — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.47241#0298
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Ich habe hier nicht einen Auszug der Geschichte unserer
Alterthumsforschung zu geben, wie sie seit Winckelmann in
Rom ein anßerdeutsches Centrum hatte, wie die preußische
Regierung sich allmälig dieser Arbeiten annahm, wie sie sich
zu etwas verdichteten, das auf unseren Universitäten Unter-
kunft fand und wie endlich daraus ein fester Betrieb und die
heutigen „deutschen" Institute in Nom und in Athen sich
entwickelten. In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts,
gleichzeitig mit dem Eintreten unserer politischen Erniedrigung
nach den Freiheitskriegen, feierte die Begeisterung für elasti-
sches Alterthum ihre Festtage. In den Dreißigern aber brach
unaufhaltsam das Gefühl durch, daß für das deutsche Volk
eine politische Arbeit sich vorbereite, für die die Kenntniß
der eigenen Geschichte der Ausgangspunkt aller historischen
Anschauung sein müsse. Die Sehnsucht nach den Gebilden
des griechischen Alterthums flog davon. Der Uebergang voll-
zog sich aber nicht plötzlich, sondern in kaum merklichen Ab-
sätzen allmälig. Wenn heute die alte Geschichte aus dem
Maturitätsexamen und die antiken Sprachen aus dem Uni-
versitätsstudium verschwinden, so sind das nur die letzten
Consequenzen einer Bewegung, deren breite Strömung nichts
mehr zu hemmen vermag. Was heute noch fehlt, ist die feste
Organisation des Schul- und Universitätsbetriebes der neueren
deutschen Geschichte und Sprache, der eines Aufbaues bedarf
und zwar keines, zu dem elastische Philologen etwa am be-
quemsten zu gebrauchen wären. Das zu erkennen ist die
Aufgabe des Tages. Was haben Brunn's „Götterideale"
damit zu thun?
Brunn, heute über siebzig Jahre alt, trat als junger
Anfänger in das römische Institut ein, zu Zeiten, als der
 
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