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Grimm, Herman; Grimm, Herman [Hrsg.]
Fragmente (Band 1,1) — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.47241#0132
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Lenz.

Ich habe Lenz gegenüber immer ein unbestimmtes Ge-
fühl von Unrecht. Als sei er ein Verstoßener, an dem wieder
gut zu machen sei. Sicher ist, keines Anderen Gedichte würden
wir so willig dem jugendlichen Goethe als sein Eigenthum
in die Tasche stecken, als eine Anzahl von Lenz' Versen.
Sein Unglück war, daß er eben Unglück haben sollte.
Keine günstigen Sterne kreisten über seinem Scheitel, und
endlich sanken sie alle um ihn nieder, und er wandelte in
sternenloser Nacht die letzten Zeiten seines verwüsteten Lebens.
Weinhold hat die Gedichte neu zusammengestellt. *) Da
athmet noch Alles Hoffnung, und die jünglingshafte Verzweif-
lung, die feine Verfe erfüllt, ist jene Verzweiflung, deren man
sich später als der schönen Tage und Nächte erinnert, wo
man noch unglücklich fein durfte, „^.b, gns j'stais llonronso
alorsch sagte die Clairon, „j'ötais si uralüsnrouss!" Lenz
ist ein Virtuose im Außersichgerathen. Die Flamme lodert
immer hoch empor. Er hat Zeiten gehabt, wo er unzurech-
nungsfähig war. Leider wissen wir fast nur von diesen. Die,
in denen er ruhiger lebte, sind uns ihrem Inhalte nach un-
bekannt. Wahrscheinlich würde der Eindruck, den sein zer-
') Gedichte von I. M. R. Lenz. Mit Benutzung des Nachlasses
von Wendelin von Maltzahn. Herausgegeben von Karl Weinhold.
Berlin, W. Hertz (Besser'sche Buchhandlung). 1891.
 
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