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Niedergang der auf das Alterthum gerichteten gelehrten Ar-
beit längst begonnen hatte, in Rom selber jedoch noch am
wenigsten zu spüren war.
Innerhalb der fünfzig Jahre, die Brunn in Nom ver-
lebte, haben die Ziele der Archäologie sich verändert. Das
Schärfste, was gegen die Auffassung der heute jüngeren Ar-
chäologen gesagt werden kann, ist von ihnen selbst ausgesprochen
worden in gelegentlichen Protesten gegen die Beibehaltung
des alten Zusammenfassens des ineinandergreifenden Ge-
dankenlebens der alten griechischen Welt. Man möchte die
Betrachtung der Dichtungen und Skulpturen heute trennen.
Vielleicht hat das Uebermaß des Materials diese Forderung
zu einer nothwendigen gemacht. Einzelne vermögen das Ganze
nicht mehr zu umfassen, eine Theilung der Aufgaben ist ge-
boten. Sicherlich entspricht diese Theilung nicht Brunn's An-
schauungen. Immer ist Brunn nur vom Ganzen ausgegangen
und hält die Antiquitas verehrend und bewundernd als das
große glänzende Gewebe im Auge, in dem kein Faden fehlen
darf. In diesem Glauben steht er heute vielleicht einsam da.
Auch Jacob Grimm stand einsam in seinem Alter im Glauben
an das große allumfassende Reich des Deutschen Daseins, in
dessen Grenzen jedes Gräschen am Wege und jeder Kiesel im
Bache sein Recht auf liebevolle Erforschung hatten. Brunn
geht aus vou der Betrachtung des griechischen Antlitzes. Er
beobachtet seine Regungen. Die Gedanken, die durch diese
Stirnen ziehen. Das leise Spiel der Lippen. Die gelegent-
lich entstandenen Stücke, welche in seinen „Griechischen Götter-
idealen" hier zusammengedruckt gegeben werden, bilden zu-
gleich eine Geschichte seiner eigenen Entwicklung. Sein Pro-
test gegen den Versuch, ihn um die Früchte „redlicher Arbeit
Niedergang der auf das Alterthum gerichteten gelehrten Ar-
beit längst begonnen hatte, in Rom selber jedoch noch am
wenigsten zu spüren war.
Innerhalb der fünfzig Jahre, die Brunn in Nom ver-
lebte, haben die Ziele der Archäologie sich verändert. Das
Schärfste, was gegen die Auffassung der heute jüngeren Ar-
chäologen gesagt werden kann, ist von ihnen selbst ausgesprochen
worden in gelegentlichen Protesten gegen die Beibehaltung
des alten Zusammenfassens des ineinandergreifenden Ge-
dankenlebens der alten griechischen Welt. Man möchte die
Betrachtung der Dichtungen und Skulpturen heute trennen.
Vielleicht hat das Uebermaß des Materials diese Forderung
zu einer nothwendigen gemacht. Einzelne vermögen das Ganze
nicht mehr zu umfassen, eine Theilung der Aufgaben ist ge-
boten. Sicherlich entspricht diese Theilung nicht Brunn's An-
schauungen. Immer ist Brunn nur vom Ganzen ausgegangen
und hält die Antiquitas verehrend und bewundernd als das
große glänzende Gewebe im Auge, in dem kein Faden fehlen
darf. In diesem Glauben steht er heute vielleicht einsam da.
Auch Jacob Grimm stand einsam in seinem Alter im Glauben
an das große allumfassende Reich des Deutschen Daseins, in
dessen Grenzen jedes Gräschen am Wege und jeder Kiesel im
Bache sein Recht auf liebevolle Erforschung hatten. Brunn
geht aus vou der Betrachtung des griechischen Antlitzes. Er
beobachtet seine Regungen. Die Gedanken, die durch diese
Stirnen ziehen. Das leise Spiel der Lippen. Die gelegent-
lich entstandenen Stücke, welche in seinen „Griechischen Götter-
idealen" hier zusammengedruckt gegeben werden, bilden zu-
gleich eine Geschichte seiner eigenen Entwicklung. Sein Pro-
test gegen den Versuch, ihn um die Früchte „redlicher Arbeit