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Ada Negri's geistige Bildung höherer Art und ihre
Kenntniß der äußeren Welt, da Armuth, Abgeschiedenheit und
Niedrigkeit sie dem Verkehr entrückten, ist ihr aus Zeitungen
zu Theil geworden, die in ihr entlegenes Dorf den Weg
fanden. Zeitungen hat sie ihre Gedichte einzeln zugesandt.
Und diese haben sie gedruckt. Ohne Zuthun von Zwischen-
trägern ist das Kind einer armen Fabrikarbeiterin, von dem
Niemand Wichte, wo es steckte, dem italienischen Volke bekannt
geworden. Und so haben die Schwestern Martha und Jo-
hanna Ambrosius, denen ihres Vaters Bücher und die Dorf-
schule (bis zum elften Jahre) freilich Manches gewährten, der
„Gartenlaube", die sie zu erlangen wußten, den Zusammenhang
mit der Welt verdankt. Aus dieser Zeitschrift lernten sie das
deutsche Volk kennen, ihr wurden Johanna's erste Verse zu-
gesandt. Halb namenlose, flatternde Blätter vermittelten,
was auf keinem anderen Wege zu erlangen gewesen wäre.
Von der Macht der Zeitnngspresse redet Jeder heute.
Ein unsichtbarer leidenschaftlicher Verkehr zwischen unsichtbaren
Schreibern und unsichtbaren Lesern vollzieht sich in ihr un-
aufhörlich und unaufhaltsam.
Um gelegentliches, zufälliges Lesen handelt es sich bei
Zeitungen und Journalen. Nichts von regulärem Unterricht
wird hier vorausgesetzt oder uns geboten. Von einem Artikel
lesen wir nur den Anfang, vom andern nur das Ende. Ver-
achtungsvoll und gleichgültig nehmen wir das Blatt und
werfen es wieder hin. Wir fragen nur selten, welche Feder
das wohl geschrieben. Guter und schlechter Stil sind uns
recht. Wer aber könnte Zeitungslectüre entbehren? Das
dringt in uns ein und befriedigt die Sehnsucht nach etwas,
das wir sonst nicht kennen würden. Journale enthalten das
Ada Negri's geistige Bildung höherer Art und ihre
Kenntniß der äußeren Welt, da Armuth, Abgeschiedenheit und
Niedrigkeit sie dem Verkehr entrückten, ist ihr aus Zeitungen
zu Theil geworden, die in ihr entlegenes Dorf den Weg
fanden. Zeitungen hat sie ihre Gedichte einzeln zugesandt.
Und diese haben sie gedruckt. Ohne Zuthun von Zwischen-
trägern ist das Kind einer armen Fabrikarbeiterin, von dem
Niemand Wichte, wo es steckte, dem italienischen Volke bekannt
geworden. Und so haben die Schwestern Martha und Jo-
hanna Ambrosius, denen ihres Vaters Bücher und die Dorf-
schule (bis zum elften Jahre) freilich Manches gewährten, der
„Gartenlaube", die sie zu erlangen wußten, den Zusammenhang
mit der Welt verdankt. Aus dieser Zeitschrift lernten sie das
deutsche Volk kennen, ihr wurden Johanna's erste Verse zu-
gesandt. Halb namenlose, flatternde Blätter vermittelten,
was auf keinem anderen Wege zu erlangen gewesen wäre.
Von der Macht der Zeitnngspresse redet Jeder heute.
Ein unsichtbarer leidenschaftlicher Verkehr zwischen unsichtbaren
Schreibern und unsichtbaren Lesern vollzieht sich in ihr un-
aufhörlich und unaufhaltsam.
Um gelegentliches, zufälliges Lesen handelt es sich bei
Zeitungen und Journalen. Nichts von regulärem Unterricht
wird hier vorausgesetzt oder uns geboten. Von einem Artikel
lesen wir nur den Anfang, vom andern nur das Ende. Ver-
achtungsvoll und gleichgültig nehmen wir das Blatt und
werfen es wieder hin. Wir fragen nur selten, welche Feder
das wohl geschrieben. Guter und schlechter Stil sind uns
recht. Wer aber könnte Zeitungslectüre entbehren? Das
dringt in uns ein und befriedigt die Sehnsucht nach etwas,
das wir sonst nicht kennen würden. Journale enthalten das