ist nah verwandt den Dekorationen vorüberrauschender Feste, in denen außerhalb Italiens der
flämische Barock Meister war. Hinsichtlich des Materials hatte man bei beiden ein weites Ge-
wissen. Alles kam auf den augenblicklichen Effekt an. Der Schmuck, mit dem man die Garten-
gebäude behängte, hat denn auch den vegetabilischen Zierrat der Parterres, aus dessen Geiste
er geboren war, in der Regel nicht lange überdauert. Von den erhaltnen Denkmälern in Deutsch-
land gibt das Palais im Großen Garten in Dresden (1690) einen guten Begriff von diesem Stil. Die
Grundrißdisposition der den Mitteltrakt flankierenden Flügelbauten, die allseitig freie, gelöste
Komposition entspricht der Lage des Palais im Zentrum des Gartens. Die plastische Um-
rahmung der Fenster, die Gliederung der Wand durch Nischen, die mit römischen Figuren und
Büsten besetzt sind, geschieht nach demselben Prinzip wie an der Villa Medici.
In Frankreich blüht das Ornament an den Gartenfronten niemals in dem Maße wie in Italien.
Hier sprechen vor allem die Proportionen der Fenster, und eine zarte Detaillierung der Glie-
derungen antwortet den Linienspielen der Broderieparterres. Nur Schlußsteine und Konsolen
werden mit Masken und Emblemen aus der Gartenwelt geschmückt. Den Ausschlag gibt eine im
Gesamtbau begründete Leichtigkeit der Erscheinung, durch die sich das Gebäude aufs Glücklichste
in die Umgebung einzupassen scheint. Das gilt insbesondere von den Palais der Gesellschaft
unter dem Regenten. Zu Ludwigs XIV. Zeit herrschte auch nach dieser Seite eine Gravität, die sich
von der fröhlichen Offenheit italienischer Villen am weitesten entfernt. Mit so eisiger Ruhe wie
das Versailler Schloß blickt allerdings kein zweites in den Garten hinein. (Dieser Eindruck wird
hier durch den Kontrast zu der freundlichen Hoffront der älteren Zeit noch besonders gesteigert.)
Unter den deutschen Bauten des 18. Jahrhunderts repräsentiert wohl Sanssouci bei Potsdam
am vollkommensten den Charakter eines Gartenpalais. Abgesehen von dem Format des Gebäudes
ergibt sich das aus der französischen Fensterbildung und dann der Versammlung von Garten-
göttern, die als Karyatiden auf der Terrassenseite das Gebälk tragen. Ein eher italienisch-barockes
als französisches Motiv, das der König gegen den Willen seines Architekten, der flache Pilaster
gewünscht hatte, durchsetzte.
3. LOGGIENDEKORATION. GARTENSÄLE. Die Bemalung der Loggien geht von dem
Gedanken aus, den Rückwänden und der Decke eine lichte und leichte Erscheinung zu geben,
die mit den weiten Ausblicken ins Freie möglichst harmoniere. In diesen Räumen, die halb
dem Garten, halb dem Innern des Hauses angehören, mag sich denn auch am frühesten das
illusionistische Motiv entwickelt haben, daß hinter den Figuren und Blumenguirlanden der blaue
Luftraum sich zu weiten scheint (Villa Farnesina, Villa di Papa Giulio: Decke der Loggia nach dem
großen Hof als Rebenlaube gemalt). Hier erscheinen zum ersten Male die Grottesken, Komposi-
tionen, die von der Renaissance den verschütteten römischen Kaiserpalästen entlehnt, mit ihrer von
allem Schwergewicht losgelösten Fabelwelt den heiteren Charakter der Loggia zur Geltung bringen.
Die Freude, die man am Garten als einer künstlerisch geklärten Formierung der Natur hat,
führt dazu, im Inneren des Hauses einem Raum ein an einen Gartenbezirk erinnerndes Aussehen
zu geben: man bemalt ihn als Laube, als Boskettraum. Das stilisierte Laubwerk, das in einzelnen
Zimmern spätmittelalterlicher Schlösser die Wände überzieht, hat gewiß in den Gartenhecken
sein Vorbild.1) Für die naturalistischere Übertragung gärtnerischer Kunst auf die Innen-
U Solche Räume haben sich u. a. in Tirol erhalten. Vgl. auch bei Havard, Dictionnaire de l’ameublement,
„Galerie“ über die Galerie im Hotel St. Paul Carl’s V.: sie erschien als ein „bosquet d’arbres charges de fruits
et de fleurs, parmi lesquels de jeunes enfants prenaient leurs ebats“.
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flämische Barock Meister war. Hinsichtlich des Materials hatte man bei beiden ein weites Ge-
wissen. Alles kam auf den augenblicklichen Effekt an. Der Schmuck, mit dem man die Garten-
gebäude behängte, hat denn auch den vegetabilischen Zierrat der Parterres, aus dessen Geiste
er geboren war, in der Regel nicht lange überdauert. Von den erhaltnen Denkmälern in Deutsch-
land gibt das Palais im Großen Garten in Dresden (1690) einen guten Begriff von diesem Stil. Die
Grundrißdisposition der den Mitteltrakt flankierenden Flügelbauten, die allseitig freie, gelöste
Komposition entspricht der Lage des Palais im Zentrum des Gartens. Die plastische Um-
rahmung der Fenster, die Gliederung der Wand durch Nischen, die mit römischen Figuren und
Büsten besetzt sind, geschieht nach demselben Prinzip wie an der Villa Medici.
In Frankreich blüht das Ornament an den Gartenfronten niemals in dem Maße wie in Italien.
Hier sprechen vor allem die Proportionen der Fenster, und eine zarte Detaillierung der Glie-
derungen antwortet den Linienspielen der Broderieparterres. Nur Schlußsteine und Konsolen
werden mit Masken und Emblemen aus der Gartenwelt geschmückt. Den Ausschlag gibt eine im
Gesamtbau begründete Leichtigkeit der Erscheinung, durch die sich das Gebäude aufs Glücklichste
in die Umgebung einzupassen scheint. Das gilt insbesondere von den Palais der Gesellschaft
unter dem Regenten. Zu Ludwigs XIV. Zeit herrschte auch nach dieser Seite eine Gravität, die sich
von der fröhlichen Offenheit italienischer Villen am weitesten entfernt. Mit so eisiger Ruhe wie
das Versailler Schloß blickt allerdings kein zweites in den Garten hinein. (Dieser Eindruck wird
hier durch den Kontrast zu der freundlichen Hoffront der älteren Zeit noch besonders gesteigert.)
Unter den deutschen Bauten des 18. Jahrhunderts repräsentiert wohl Sanssouci bei Potsdam
am vollkommensten den Charakter eines Gartenpalais. Abgesehen von dem Format des Gebäudes
ergibt sich das aus der französischen Fensterbildung und dann der Versammlung von Garten-
göttern, die als Karyatiden auf der Terrassenseite das Gebälk tragen. Ein eher italienisch-barockes
als französisches Motiv, das der König gegen den Willen seines Architekten, der flache Pilaster
gewünscht hatte, durchsetzte.
3. LOGGIENDEKORATION. GARTENSÄLE. Die Bemalung der Loggien geht von dem
Gedanken aus, den Rückwänden und der Decke eine lichte und leichte Erscheinung zu geben,
die mit den weiten Ausblicken ins Freie möglichst harmoniere. In diesen Räumen, die halb
dem Garten, halb dem Innern des Hauses angehören, mag sich denn auch am frühesten das
illusionistische Motiv entwickelt haben, daß hinter den Figuren und Blumenguirlanden der blaue
Luftraum sich zu weiten scheint (Villa Farnesina, Villa di Papa Giulio: Decke der Loggia nach dem
großen Hof als Rebenlaube gemalt). Hier erscheinen zum ersten Male die Grottesken, Komposi-
tionen, die von der Renaissance den verschütteten römischen Kaiserpalästen entlehnt, mit ihrer von
allem Schwergewicht losgelösten Fabelwelt den heiteren Charakter der Loggia zur Geltung bringen.
Die Freude, die man am Garten als einer künstlerisch geklärten Formierung der Natur hat,
führt dazu, im Inneren des Hauses einem Raum ein an einen Gartenbezirk erinnerndes Aussehen
zu geben: man bemalt ihn als Laube, als Boskettraum. Das stilisierte Laubwerk, das in einzelnen
Zimmern spätmittelalterlicher Schlösser die Wände überzieht, hat gewiß in den Gartenhecken
sein Vorbild.1) Für die naturalistischere Übertragung gärtnerischer Kunst auf die Innen-
U Solche Räume haben sich u. a. in Tirol erhalten. Vgl. auch bei Havard, Dictionnaire de l’ameublement,
„Galerie“ über die Galerie im Hotel St. Paul Carl’s V.: sie erschien als ein „bosquet d’arbres charges de fruits
et de fleurs, parmi lesquels de jeunes enfants prenaient leurs ebats“.
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