Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gröber, Karl
Schwäbische Skulptur der Spätgotik — Sammelbände zur Geschichte der Kunst und des Kunstgewerbes, Band 2: München: Riehn & Reusch, 1922

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.61219#0123
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Materials unverkennbar schwäbisch, wohl von einem Augsburger Meister in Tirol an-
gefertigt.
91. Meister des Mörlindenkmals. Der Name des Meisters ist unbekannt,
als künstlerische Persönlichkeit ist er fest umrissen. Sein frühestes Werk, nach dem er
seine Bezeichnung für die Kunstgeschichte erhält, ist das Grabmal des Abtes von St. Ulrich
in Augsburg, Konrad Mörlin, der es schon zu Lebzeiten, 1497, in Auftrag gegeben hatte.
Das Sandsteindenkmal (Fig. 91) zeigt den Abt und seine Schutzpatrone vor der Gottes-
mutter, und ist ausgezeichnet durch die für die Entstehungszeit freie Art der Komposition.
Man merkt aus allem den großen, entwicklungsfähigen, frisch in die neue Zeit hinüber-
strebenden Künstler, der sich folgerichtig zur Renaissance durchentwickelt. Seine zahl-
reichen Werke gehören meist der Grabplastik an, besonders hervorzuheben ist das schöne
Sakramentshaus in der Pfarrkirche zu Donauwörth. Eine Identifizierung des Mörlin-
meisters mit Gregor Erhärt liegt nahe, da Erhärt für den Abt Mörlin 1498 ein Kruzifix
und 1509 ein Reiterstandbild Kaiser Maximilians anfertigen mußte und mit dem Abte
befreundet war. Beide Werke sind uns nicht mehr erhalten, so daß die Möglichkeit fehlt,
durch stilkritische Vergleiche mit einem Originalwerk des Meisters seine Hand festzu-
stellen. Die Streitfrage, ob der Meister des Mörlindenkmals oder der des Blaubeurer
Hochaltars Gregor Erhärt ist, wird erst der Fund eines bezeichneten Originalwerks
oder einer unzweifelhaft auf ein vorhandenes Werk bezüglichen Urkunde lösen. Einen
Meister für Blaubeuren und das Mörlindenkmal anzunehmen, ist unmöglich. — Felix
Mader, Studien über den Meister des Mörlindenkmals (Gregor Erhardt?). (In „Die Christ-
liche Kunst“, Jahrgang 1906.)
92. Meister des Mörlindenkmals. Grabstein des Philipp vom Stain, gest. 1509.
Jettingen, Pfarrkirche. Sandstein. Die Zuweisung dieser praqhtvollen Ritterfigur an den
Meister des Mörlindenkmals ist aus stilistischen Gründen außer jedem Zweifel.
93. Meister des Mörlindenkmals. Grabstein des Arztes und Humanisten
Adolph Occo. Augsburg, Domkreuzgang. Sandstein. Das 1503 bezeichnete Denkmal
ist eine der besten in der späten Gotik der häufig vorkommenden Porträtdarstellungen
auf Grabdenkmälern. Die Zuweisung an den Meister aus stilistischen Gründen.
94. Sebastian Löscher. Sein Geburtsjahr ist unbekannt. 1510 empfängt er
die Meistergerechtigkeit. Seine erste beglaubigte Arbeit ist eine jetzt verschwundene
Brunnenfigur, die er 151 o in Auftrag bekam. Die einzige erhaltene Arbeit ist die Alexius-
figur (Fig. 94) im Schloß Erbach. Die liegende, für eine Predella geschaffene Gestalt des
Heiligen wird für Löscher beglaubigt durch eine — allerdings 1667 erneuerte, aber sicher
auf die alte Fassung zurückgehende — Inschrift: M. B. Löscher, Bildthauer disses Bildts
A.1515.
95. Ulrich Glurer. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts in Augsburg geboren
und hier bis zu seinem 1506 erfolgten Tode tätig. Außer dem Chorgestühl im Dom in
Freising, das 1486—88 entstand, zu dem er die Visierung lieferte und die Ausführung
durch einen Freisinger Meister überwachte, ist ihm auch aus stilistischen Gründen das
Chorgestühl im Westchor des Domes zu Augsburg, das 1495 zur Ausführung kam, zuzu-
schreiben. Das Gestühl ist mit figuralen Wangendecken geschmückt, die Szenen aus dem
Alten Testament darstellen (Fig. 95). Die Arbeiten Glurers zeigen imGegensatz zum Ulmer
Chorgestühl mehr genrehafte Auffassung.
96. Jörg Muskat, wird erstmals 1474 im Steuerbuche der Stadt Augsburg er-
wähnt. 1475—77 fehlt sein Name in den Steuerbüchern, er war also wohl auswärts,
tritt aber von 1478—1491 wieder regelmäßig darin auf. Ein recht auffahrender Mann,
wird er wegen Händel 1492 vom Rat in die Acht getan und zieht nach Ehingen in
Oberschwaben. Hier gelangte er zu großem Ansehen, besonders als Porträtist machte
er sich einen großen Namen, so daß sogar der Kaiser Maximilian ihn in einem Briefe
lobend erwähnt. 1504 kehrt er in seine Vaterstadt zurück und stand bald einem großen
Werkstattbetrieb vor; um 1527 starb er. Seine erstbeglaubigten Arbeiten sind Holzbüsten
gewesen, die er für den Kaiser 1498 anfertigte. 1509 fertigte er in Augsburg Wachs-

11
 
Annotationen