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Marées, Hans von; Grote, Ludwig
Die Fresken in Neapel — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 35: Stuttgart: Reclam, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.62595#0048
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hat sich nicht wiederholt. Sein Blick für die Menschen
hatte sich geschult, seine Fähigkeit, sie mit Humor und
Wohlwollen, mit gerechter Würdigung, im Notfall auch
mit peinlicher Genauigkeit in der Einzelkontrolle zu
erziehen, sich zu einer Art von Routine entwickelt. Die
Aufgabe war gelegentlich recht schwierig, er hat sie
souverän gemeistert.
Doch dies gilt nur für die Zeiten der inneren Freiheit.
Es kamen, und das hörte nie ganz auf, die Perioden der
Depression, der Erregbarkeit, der Melancholie. Sie haben
ihn jäh überfallen, niedergeworfen, in das Gefühl des
Vernichtetseins gestürzt, unabhängig von der allgemeinen
Lage. „Die letzten drei Wochen in Berlin", schreibt er im
November 1876 an Grant, „war ich trotz des glücklichen
Fortganges meiner Bemühung doch wieder tief in Me-
lancholie geraten, eine der alten bitterbösen Qualvorstel-
lungen hat sich wieder parasitisch meiner ganzen Existenz
bemächtigt."
... Die Mitte des geistigen Lebens bildete jedoch
Goethe. Er begleitete Dohrns Entfaltung von der Früh-
zeit an, da er Huxley nach London schrieb, dieser dürfe
ja nicht versäumen, die Goetheschen Briefwechsel gründ-
lich zu lesen, er sammle alles, was ihm erreichbar. Er
war der forschende Dichter und der dichtende Forscher,
dem Dohrn sich verschworen hatte: wie man Goethe
höher rühmen könnte als durch das einfache Aussprechen
seines Namens, in dem alles Hohe und Höchste liegt, das
man von einem überhaupt sagen kann, vermag ich mir
nicht vorzustellen . .. Der Name erweckt das Bild der
höchsten Vollendung universeller Menschlichkeit . ..

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