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TAFE1 XXXXVIH.
Doppelte Feiisterstellung ans einem Originalplane.

An der Hauptfacade des Strassburger - wie des Ulmer - Münsters, auch an dem Dome zu Regens-
burg zeigen sich bei bedeutenden Mauerdicken Fenster mit doppelter Stellung der Stabwerke, wobei
die hintern Stäbe gerade in die Mitte der vordem Felder fallen, wie der Grundriss des gegebenen
Fensters zeigt. Diese abwechselnde Anordnung entwickelt mit denselben Mitteln einen ungleich
grössern Rcichthum, als eine j>arallcle Doppclstcllung, wie solche am Kölner Dome sich findet.

Manchmal werden, wie am Münster zu Strassburg, die äussern Stabwerke über den Bogen des
Fensters hinaufgeführt, und mit einer besondern Krone geschlossen, manchmal aber, wie hier, bilden
die Aussenstäbe mit den innern einen einzigen Bogen, der beide Stellungen umschliesst. Das äus-
sere Fenster muss aber immer einfacher gehalten sein, als das innere. ' Der Grundriss, den wir
abgesondert mittheilen, ist auf dem Originalplane mit schwarzer Farbe sehr stark in die Profilirung
hineingezeichnet, und ausschraffirt. Dieses Fenster ist dem kleinern der beiden Risse entnommen,
Avelche im Domarchire zu Regensburg yor einiger Zeit aufgefunden wurden; das Original ist um
die Hälfte verkleinert.

IX. ABSCHNITT.

Bemerkungen über Materiale, Klima an* liebt.

Dass das Materiale auf Bildung der einzelnen Formen wie auf die gesammte Anordnung des
Bauplanes den grössten Einfluss übe,,, und häufig Abweichungen von den gestehenden Regeln vor-
schreibe, finden wir schon in der Baukunst der Griechen, welche unstreitig die geregeltste genannt
werden darf. Nicht allein, dass die Festigkeit und Dichtigkeit des Baumateriales bald eine mehr
oder minder räumliche Abänderung erfodere, zeichnen sich auch die Linien nach Glanz, Dichtig-
keit oder Farbe des Gesteins sehr verschieden. Wie der erfahrne Bildhauer seine Ausführung
für Gyps, Marmor oder Metall ganz verschieden halten wird, so wird auch der Baumeister bei An-
gabe eines Profilrisses bedacht nehmen auf Farbe und Festigkeit des Matcriales, und die Linien
in lichtem Marmor nicht so vertiefen, als in dunkelm, oder gar in Sandstein, eben so muss das
Gliederwerk an einer weichern Masse stärker gehalten werden, als an einer harten. Der Bau mit
Ziegeln wird immer etwas Mageres, Steifes behalten, gegen die Ausführung mit Quadern, wenn der
Architect nicht seine Formen für die Ziegelconstruction besonders einrichtet.

An diese Bedingungen des Materiales reihen sich von selbst die Anforderungen des Klimas. Ein
hohes Dach ist gewiss ein Übelstand, dem nur, z. B. im Kirchenbauc durch Anbringung von Pult-
dächern theilweise abgeholfen werden kann, jedoch lässt sich nicht läugnen, dass eine steile Dach-
fläche in rein architektonischem Betrachte ungleich jener Dacblinie vorzuziehen sei, deren Steigung
den Giebel Vitruv's einigermassen überschreitet. Ein Bewurf der Mauern ist in der schönen Bau-
kunst (an der Aussenseite) durchaus unzulässig; hier hat jedes Material in seiner natürlichen Farne
zu erscheinen, und die Zierlichkeit der Ausführung, die Schnitte der Steinfugen erfreuen aas
 
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