Wunderbau gleich, erstanden ist, so zu sagen, wurzelt, nimmt sie der Herr schon in Obhut und
Gewahrsam, indem er ihre Schulter erfasst und die Rechte zum belebenden Segen erhebt. Um Adam's
willen hat Er sie erschaffen und es ist, als ob er ihr ihren hohen Beruf mit sanften, liebevollen Worten
ans Herz legen wollte.
Der eine der Engel mit den über der Brust gekreuzten Armen ist in tiefsinniges Staunen ver-
sunken über die endlosen Wunder Gottes, während der andere den Herrn aus vollem Herzen preiset
und sein Lob verkündigt.
Tafel 10. Die Uebergabe des Paradieses an Adam und Eva.
Von jetzt an tritt in diese bis dahin so heitern Darstellungen ein tiefer Ernst ein. Der Baum
der Erkenntniss des Guten und Bösen überschattet das erste Menschenpaar, dessen paradiesischer Aufent-
haltsort durch ein Wasserbecken angedeutet ist, aus dem vier Ströme sich ergiessen. Schon hat Adam
die Hand an den Stamm dieses Baumes gelegt, als der Herr mit zorniger Miene herbeieilt und ihnen
verbietet, von seinen Früchten zu gemessen. Adam scheint betroffen zurückzubeben und Eva lauscht
mit banger Aufmerksamkeit seinem Gebot.
Von den beiden Engeln faltet der eine voll banger Fürsorge die Hände, als wolle er Kraft erflehen
für Diejenigen, welche schon der Versuchung anheimgefallen sind, während der andere diesmal ernst
und traurig nach oben deutet , wo Gottes Wille und nur dieser geschieht.
Tafel 11. Der Sündenfall.
Einsam und zum ersten mal von Gott verlassen finden wir das erste Menschenpaar im Paradiese
wieder. Der verhängnissvolle Baum ist von der Schlange umwunden, welche zuerst die Eva und durch
diese auch Adam vermittelst falscher Zuflüsterungen zum Genuss von der verbotenen Frucht verführt.
Eva hat eine dieser Früchte für sich gepflückt und reicht eine zweite ihrem Manne dar, welcher mit
drohend erhobenem Finger an das Verbot mahnt, welches der Herr selbst ihnen Beiden eingeschärft
hatte. Mit süssen Schmeichelworten weiss sie ihn in jener traulichen Weise zu begütigen, die den
Menschen so leicht zu Falle bringt. Während er mit der einen Hand abmahnt, streckt er die andere
gierig nach der verbotenen Frucht aus. Auch Eva zagt und ist voll banger Besorgniss, während Beide
von der Macht der Sünde, die so süss lächelt und von so vorübergehender Bedeutung zu sein scheint,
widerstandslos in Tod und Verderben fortgerissen werden.
Tafel 12. Verurtheilung Adam's und Eva's.
Jetzt wo der Herr den Menschen zum letztenmal in Person aufsucht und ihm seine Missethat
zu Gcmüthe führt, sehen wir, wie sich Beide, die Verführerin und der Sünder, in den Schatten der
ISäume flächten und vor dem Antlitz Dessen, der es so wohl mit ihnen gemeint hatte, fliehen. Der
Ausdruck tiefsten Seelenwehs, von welchem Eva erfasst wird, und der Furcht und Gewissenslast, unter
der Adam zusammensinkt, ist überaus grossartig und besagt Alles, was in diesem Augenblick im Innern
der Gemüther vor sich geht. Nicht weniger ergreifend aber, ja rührend ohne Maass ist die bei
unerbittlicher Strenge so gnadenreiche Weise, in welcher der Herr das tief gefallene Menschenpaar aus
seinem Paradiesesgewahrsam mit strengem Urteilsspruch entlässt und in die öde, weite Welt hinaus-
sendet. Man fühlt deutlich heraus, dass die göttliche Fürsorge auch dorthin ihnen nachfolgt und die
Wiederkehr nach ihrem unerforschlicheu Rathschluss vorbereitet.
---■
Tafel 15. Austreibung aus dem Paradiese.
Von nun an ist es nicht mehr der Herr selbst, der mit den Menschen verhandelt, sondern
Engel vollziehen seine Befehle. Der eine derselben treibt die gefallenen Menschen aus dem Garten
Eden hinaus, während der andere, jetzt als Cherub gestaltet, mit gezücktem Schwert an der Pforte
des Paradieses Wache hält und den Eintritt verwehrt. Feuerflammen brechen aus dem Boden hervor
und verkünden die Umkehr der Dinge. Da wo sonst Paradiesesströme rauschten, bricht jetzt unter-
irdische Höllenglut hervor. Eva ist in namenlose Trauer versunken und wandelt mit gefalteten Hän-
den und niedergeschlagenen Blicken still dahin. Derjenige, um dessenwillen sie geschaffen worden war,
dem sie das Leben leicht machen und verschönern sollte, ist durch sie zu Falle gekommen und Adam,
das Ebenbild der Gottheit, ist der Sünde inne geworden, in die er gewilliget hat, hat seine Schwach-
heit und Ohnmacht kennen gelernt und schämt sich seiner Nacktheit. Mit beiden Händen stösst ihn
der Engel von sich, ohne seinen Entschuldigungen oder Klagen Gehör zu geben. Der Ausdruck des
tiefsten Seelenwehs und bitterer Reue ist, selbst bei einer so naiven Auffassungs- und Vortragsweise,
ergreifend. Jede Regung ist naturgemäss empfunden und die Wirkung ist um so nachhaltiger, als der
Contrast der männlichen und weiblichen Seelenstimmung so überaus wahrheitsgetreu gefasst und bis in
alle Einzelheiten mit zartem Verständniss durchgeführt ist. In gleicher Weise ist die Umwandlung
des Engelchors, welches bis dahin Zeuge der Werke Gottes gewesen war, bedeutungsvoll und gross-
artig. Der Gebrauch, welchen der Künstler von dem Flügelbeiwerk beider Engel zu machen gewusst
hat, leiht der Compositum einen feierlich erhabenen Charakter.
Tafel 14. Mühe und Arbeit im Schweiss des Angesichts.
Im Schweiss seines Angesichts sehen wir Adam den Acker bebauen und wüstes Erdreich urbar
machen, während Eva einsam sitzt und den Faden vom Spinnrocken zieht. Es ist ein Bild des ärm-
lichen Alltagslebens, wie es uns die Wirklichkeit noch heute mit unwesentlichen Abweichungen darzu-
bieten pflegt. Der Künstler hat nichts Beschönigendes beigefügt, auch nicht den Schleier der Dichtung
übergeworfen, und dennoch werden wir so poetisch davon erfasst. Es ist die Macht der Wahrheit,
die diese Wirkung hervorbringt und des Tiefgefühls, mit dem der Künstler sich an die höhere Bedeutung
des dargestellten Gegenstandes hingegeben hat.
Tafel 15. Das Opfer Kain's und Abel's.
Gebet und Opfer sind der Arbeit zu Trost und Frommen beigegeben. Dieses versöhnt uns mit
der Erde, jenes mit dem Himmel. Gott aber sieht die Herzen und nicht die Gabe an. Kain bietet
ihm hoffärtig und doch kriechend die Erstlinge seiner Aehren dar, Abel ein Lämmlein, dieses aber in
Demuth und Bescheidenheit. Kain reicht seine Opfergabe mit selbstzufriedener Hast empor, während sein
sanftmüthiger Bruder flehend und ergeben gen Himmel schaut. Sein Gebet wird erhört und Kain verwarnt.
Tafel 16. Kain's Brudermord.
Mord und Todtschlag sind die Folgen jener boshaften Gesinnung, die Neid und Misgunst erzeugt.
Mit derselben leidenschaftlichen Uebereilung, mit welcher Kain sich am Opfertischc des Allerhöchsten
vordrängte, als Dieser seinen Bruder in Gnaden ansah und ihn aufförderte, der Sünde Herr zu werden,
sehen wir ihn hier die Keule schwingen und seinen wehr- und arglosen Bruder erschlagen. Vergebens
Gewahrsam, indem er ihre Schulter erfasst und die Rechte zum belebenden Segen erhebt. Um Adam's
willen hat Er sie erschaffen und es ist, als ob er ihr ihren hohen Beruf mit sanften, liebevollen Worten
ans Herz legen wollte.
Der eine der Engel mit den über der Brust gekreuzten Armen ist in tiefsinniges Staunen ver-
sunken über die endlosen Wunder Gottes, während der andere den Herrn aus vollem Herzen preiset
und sein Lob verkündigt.
Tafel 10. Die Uebergabe des Paradieses an Adam und Eva.
Von jetzt an tritt in diese bis dahin so heitern Darstellungen ein tiefer Ernst ein. Der Baum
der Erkenntniss des Guten und Bösen überschattet das erste Menschenpaar, dessen paradiesischer Aufent-
haltsort durch ein Wasserbecken angedeutet ist, aus dem vier Ströme sich ergiessen. Schon hat Adam
die Hand an den Stamm dieses Baumes gelegt, als der Herr mit zorniger Miene herbeieilt und ihnen
verbietet, von seinen Früchten zu gemessen. Adam scheint betroffen zurückzubeben und Eva lauscht
mit banger Aufmerksamkeit seinem Gebot.
Von den beiden Engeln faltet der eine voll banger Fürsorge die Hände, als wolle er Kraft erflehen
für Diejenigen, welche schon der Versuchung anheimgefallen sind, während der andere diesmal ernst
und traurig nach oben deutet , wo Gottes Wille und nur dieser geschieht.
Tafel 11. Der Sündenfall.
Einsam und zum ersten mal von Gott verlassen finden wir das erste Menschenpaar im Paradiese
wieder. Der verhängnissvolle Baum ist von der Schlange umwunden, welche zuerst die Eva und durch
diese auch Adam vermittelst falscher Zuflüsterungen zum Genuss von der verbotenen Frucht verführt.
Eva hat eine dieser Früchte für sich gepflückt und reicht eine zweite ihrem Manne dar, welcher mit
drohend erhobenem Finger an das Verbot mahnt, welches der Herr selbst ihnen Beiden eingeschärft
hatte. Mit süssen Schmeichelworten weiss sie ihn in jener traulichen Weise zu begütigen, die den
Menschen so leicht zu Falle bringt. Während er mit der einen Hand abmahnt, streckt er die andere
gierig nach der verbotenen Frucht aus. Auch Eva zagt und ist voll banger Besorgniss, während Beide
von der Macht der Sünde, die so süss lächelt und von so vorübergehender Bedeutung zu sein scheint,
widerstandslos in Tod und Verderben fortgerissen werden.
Tafel 12. Verurtheilung Adam's und Eva's.
Jetzt wo der Herr den Menschen zum letztenmal in Person aufsucht und ihm seine Missethat
zu Gcmüthe führt, sehen wir, wie sich Beide, die Verführerin und der Sünder, in den Schatten der
ISäume flächten und vor dem Antlitz Dessen, der es so wohl mit ihnen gemeint hatte, fliehen. Der
Ausdruck tiefsten Seelenwehs, von welchem Eva erfasst wird, und der Furcht und Gewissenslast, unter
der Adam zusammensinkt, ist überaus grossartig und besagt Alles, was in diesem Augenblick im Innern
der Gemüther vor sich geht. Nicht weniger ergreifend aber, ja rührend ohne Maass ist die bei
unerbittlicher Strenge so gnadenreiche Weise, in welcher der Herr das tief gefallene Menschenpaar aus
seinem Paradiesesgewahrsam mit strengem Urteilsspruch entlässt und in die öde, weite Welt hinaus-
sendet. Man fühlt deutlich heraus, dass die göttliche Fürsorge auch dorthin ihnen nachfolgt und die
Wiederkehr nach ihrem unerforschlicheu Rathschluss vorbereitet.
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Tafel 15. Austreibung aus dem Paradiese.
Von nun an ist es nicht mehr der Herr selbst, der mit den Menschen verhandelt, sondern
Engel vollziehen seine Befehle. Der eine derselben treibt die gefallenen Menschen aus dem Garten
Eden hinaus, während der andere, jetzt als Cherub gestaltet, mit gezücktem Schwert an der Pforte
des Paradieses Wache hält und den Eintritt verwehrt. Feuerflammen brechen aus dem Boden hervor
und verkünden die Umkehr der Dinge. Da wo sonst Paradiesesströme rauschten, bricht jetzt unter-
irdische Höllenglut hervor. Eva ist in namenlose Trauer versunken und wandelt mit gefalteten Hän-
den und niedergeschlagenen Blicken still dahin. Derjenige, um dessenwillen sie geschaffen worden war,
dem sie das Leben leicht machen und verschönern sollte, ist durch sie zu Falle gekommen und Adam,
das Ebenbild der Gottheit, ist der Sünde inne geworden, in die er gewilliget hat, hat seine Schwach-
heit und Ohnmacht kennen gelernt und schämt sich seiner Nacktheit. Mit beiden Händen stösst ihn
der Engel von sich, ohne seinen Entschuldigungen oder Klagen Gehör zu geben. Der Ausdruck des
tiefsten Seelenwehs und bitterer Reue ist, selbst bei einer so naiven Auffassungs- und Vortragsweise,
ergreifend. Jede Regung ist naturgemäss empfunden und die Wirkung ist um so nachhaltiger, als der
Contrast der männlichen und weiblichen Seelenstimmung so überaus wahrheitsgetreu gefasst und bis in
alle Einzelheiten mit zartem Verständniss durchgeführt ist. In gleicher Weise ist die Umwandlung
des Engelchors, welches bis dahin Zeuge der Werke Gottes gewesen war, bedeutungsvoll und gross-
artig. Der Gebrauch, welchen der Künstler von dem Flügelbeiwerk beider Engel zu machen gewusst
hat, leiht der Compositum einen feierlich erhabenen Charakter.
Tafel 14. Mühe und Arbeit im Schweiss des Angesichts.
Im Schweiss seines Angesichts sehen wir Adam den Acker bebauen und wüstes Erdreich urbar
machen, während Eva einsam sitzt und den Faden vom Spinnrocken zieht. Es ist ein Bild des ärm-
lichen Alltagslebens, wie es uns die Wirklichkeit noch heute mit unwesentlichen Abweichungen darzu-
bieten pflegt. Der Künstler hat nichts Beschönigendes beigefügt, auch nicht den Schleier der Dichtung
übergeworfen, und dennoch werden wir so poetisch davon erfasst. Es ist die Macht der Wahrheit,
die diese Wirkung hervorbringt und des Tiefgefühls, mit dem der Künstler sich an die höhere Bedeutung
des dargestellten Gegenstandes hingegeben hat.
Tafel 15. Das Opfer Kain's und Abel's.
Gebet und Opfer sind der Arbeit zu Trost und Frommen beigegeben. Dieses versöhnt uns mit
der Erde, jenes mit dem Himmel. Gott aber sieht die Herzen und nicht die Gabe an. Kain bietet
ihm hoffärtig und doch kriechend die Erstlinge seiner Aehren dar, Abel ein Lämmlein, dieses aber in
Demuth und Bescheidenheit. Kain reicht seine Opfergabe mit selbstzufriedener Hast empor, während sein
sanftmüthiger Bruder flehend und ergeben gen Himmel schaut. Sein Gebet wird erhört und Kain verwarnt.
Tafel 16. Kain's Brudermord.
Mord und Todtschlag sind die Folgen jener boshaften Gesinnung, die Neid und Misgunst erzeugt.
Mit derselben leidenschaftlichen Uebereilung, mit welcher Kain sich am Opfertischc des Allerhöchsten
vordrängte, als Dieser seinen Bruder in Gnaden ansah und ihn aufförderte, der Sünde Herr zu werden,
sehen wir ihn hier die Keule schwingen und seinen wehr- und arglosen Bruder erschlagen. Vergebens