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Verlag Fritz Gurlitt (Berlin) [Contr.]
Almanach auf das Jahr ... — 1920

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DER GRAF UND DIE RIESENDAME

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DER GRAE UND DTE RIESEIN DAME
Erzählt von Herbert Eulenberg
Merkwürdig, womit manche Menschen sich für die kurze
Zeit, da sie hier herumspazieren, beschäftigen können! Es gibt
wohl nichts, was auf Erden wächst, das nicht von irgendeinem
gesammelt wird: von den Steinen und Blumen angefangen bis zu
den höheren oder richtiger gesagt verwickelteren Lebewesen. Eine
der reizvollsten Sammlungen hatte sich in unserer Zeit ein junger
Gelehrter angelegt, der damit befaßt war, den Adel, dies Über-
bleibsel ehemals allein herrschender Gesellschaftsschichten, in
allen Völkern zu studieren. Er selbst stammte von reichen bürger-
lichen Eltern ab und konnte sich infolgedessen dieser mit ziemlichen
Unkosten verbundenen und als Erwerb wenig einträglichen Neigung
mit ganzer Muße hingeben. Unermüdlich trug er die Beobachtungen
und Eindrücke zusammen, die er aus dem Umgang mit diesen alten
abgelagerten Formationen der menschlichen Gesellschaft gewann.
Besonders gern erforschte er die Veränderungen, die der Adel
als Sediment einer früheren Ordnung durch den Druck der dar-
über gehäuften neueren Klassen erfahren hat, ähnlich wie der
Glimmer- und Urschiefer sich durch die Schwere der über ihn
geschwemmten Steinschichten verwandelt hat. Den Vergleich
mit den Vorgängen unserer Erdoberfläche trieb er übrigens so-
weit, daß er bei der Geschichte mancher adligen Geschlechter
genau die nämlichen Ausdrücke aus der Wissenschaft der Erd-
kunde anwandte und von der Hebung und Senkung von Familien
 
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