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Haeckel, Ernst
Die Radiolarien (Rhizopoda radiaria) ; eine Monographie (Band 1,1) — Berlin, 1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.27324#0502
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Skelele, gehäuseartig aus vielen verflochtenen Balken und Wänden zusammengesetzte Gerüste, deren
Lücken und Hohlräume, Canäle und Kammern gleichmässig mit dem wenig diH'erenzirten Sarkode-
lnhalte gefüllt sind. Jedenfalls ist für die Disciden, wie für alle anderen Radiolarien, durch den Nach-
weis der Centralkapsel, deren zusammenhängende Membran als eine geschlossene anatomische Einheit
die ganze das Kammerwerk erfüllende thierische Masse umschliesst, der Beweis geliefert, dass jede
dieser vielkammerigen Scheiben nur einem einzigen Individuum angehört. Damit ist aber die unbe-
gründete Annahme Ehrenbergs, dass die Disciden und die anderen „Polycystina compositaund
ebenso auch die Soritiden und die anderen „Polythalamia polysomatm“ zusammengesetzte Thiercolonien
seien, und dass jede einzelne Kammer dieser kalkigen und jener kieseligen Gehäuse der Wohnsitz
eines Einzelthieres sei, definitiv zurückgewiesen. Die scharfe Umgrenzung der membranösen Cen-
tralkapsel wird übrigens bei den Disciden, ebenso wie bei den Sponguriden, häufig dadurch verwischt,
und erscheint weniger deutlich, als bei den anderen Radiolarien, dass die Centralkapsel von einem
sehr dicken und trüben, flockigen Mutterboden umschlossen ist, der zahlreiche dunkle Körnchen und
Bläschen umschliesst. Dieser verdeckt oft als ein ansehnlich hohes, weisslichcs oder gelbliches Lager
nicht nur den pigmentirten Inhalt, sondern auch die scharfen Umrisse der Centralkapsel; bisweilen
wird er sogar so dick, dass er nicht nur alle Zwischenräume, die zwischen der Centralkapsel und
den Deckplatten noch übrig sind, völlig ausfüllt, sondern sogar die letzteren selbst überlagert und
völlig verhüllt. Dann entsteht oft ganz täuschend der Anschein, als ob das ganze Skelet in der
Kapsel eingeschlossen sei. Beim Zerdrücken der Centralkapsel erhält man die gewöhnlichen Inhalts-
elemente, Massen kleiner wasserheller Bläschen, dunkler Körner, Fett und Pigment. Das Fett tritt
seltener in Form feiner Körner, meist in Gestalt zahlreicher und grosser Oelkugeln 3111", welche häufig
sehr regelmässig auf die Kammerreihen in der Art vertheilt sind, dass jede Kammer etwa zur Hälfte
oder zu f von einer grossen Oelkugel ausgefüllt wird. Bei Eucliitonia Virchown wird diese zierliche
Anordnung noch dadurch auffallender, dass die Oelkugeln dunkelroth gefärbt sind. Das Pigment
der Centralkapsel ist meistens gelb oder roth; doch finden sich auch sehr viel farblose, weissliche
und weissgelbe Arten.- Bei den verschiedenen Arten von Eucliitonia sind oft lebhaft rothe und
gelbe Farben in sehr zierlicher und eigentümlicher Zeichnung mit einander verbunden. Die Form-
elemente des Pigments sind meistens unregelmässig geformte Körner, seilen deutliche Zellen.

In der dicken, voluminösen Matrix der Disciden sind bald sehr zahlreiche, bald nur sehr
wenige extracapsulare gelbe Zellen zerstreut, meistens klein und hellgelb gefärbt, wie bei den
Sponguriden. Die Pseudopodien, welche in sehr grosser Masse aus dem Mutterboden entspringen,
treten sowohl durch die Poren der Deckplatten, als durch die Oelfnungen des Scheibenrandes in
dichten Strahlenbüschen hervor, und sind im Ganzen länger, als bei den Sponguriden, gewöhnlich
halb so lang oder so lang, als der Durchmesser des Körpers. Die anastomotischen Verbindungen
sind bald gar nicht zu bemerken, bald sehr zahlreich; ebenso wechselnd ist auch die Menge der Körn-
chen, welche häufig ganz fehlen, während sie anderemale in dichten Reihen an den Fäden auf-
und niederlaufen. Wie die Disciden hierin und im ganzen Bau des Weichkörpers sich sehr den
Sponguriden nähern, so stimmen sie auch mit ihnen teilweise durch den Besitz einer Sarkode-
G eis sei überein, eines stielrunden, homogenen, hyalinen Gallertfadens, welcher die Pseudopodien nur
wenig an Länge, aber vielmals an Dicke übertrifft, und niemals mit Körnchen besetzt ist. Ich fand
denselben bei allen in Messina lebend beobachteten Arten von Eucliitonia, wo er immer in der Mitte
zwischen den beiden paarigen Armen des dreistrahligen Sternes, grade gegenüber dem unpaaren Arme,
hervortritt, also an dem einen Pole der Längsaxe, welche diese bilateral-symmetrischen Disciden
ebenso, wie die mit Sarkode-Geissel versehenen Spongocycliden (Spongocyclia, Spongasteriscus) aus-
zeichnet. Wie bei den letzteren ist auch das Sarkode-Flagellum von Eucliitonia meistens mehr oder
minder S förmig verbogen oder wellenförmig geschlängelt und läuft aus konischer Basis von 0,002
bis 0,005”'m Dicke allmählig verdünnt in eine haarfeine Spitze aus. Auch hier wurde eine selbst-
ständige Bewegung nicht direct beobachtet (vergl. oben p. 115).
 
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