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Hager, Werner
Die Ehrenstatuen der Päpste — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 7: Leipzig: Bibliotheca Hertziana, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.48325#0022
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unzweifelhaft aus dem Osten gekommen. Von den Göttern ging es auf diejenigen
irdischen Autoritäten über, welche in ihrer Machtvollkommenheit gottgleich er-
schienen, und besonders verbindet sich damit der Begriff des höchsten Richter-
amtes. Der Thronende kann höherer Inspiration teilhaftig sein, er hat sein Amt
von Gottes Gnaden; so muß sich der Richter, bevor er Recht spricht, zuvor auf
seinen Stuhl begeben, ein Gedanke, der in der Unfehlbarkeit der ex cathedra
erfolgten päpstlichen Aussprüche wiederkehrt.
Auf primitiver Stufe hat das seinen Anfang, indem der Inhaber des Stuhles über
das kauernde Volk erhöht ist. Wir übergehen die naturalistischen und rituellen
Bedeutungen des Sitzens und folgen nun der Tradition des Thronens in der
antiken Kunst1, weil diese für das Mittelalter und die uns beschäftigende Zeit
vorbildlich war.
In archaischer Zeit, als die Königswürde nach asiatischer Art in Griechenland
noch bestand, finden sich auf den Denkmälern öfters thronende Könige, be-
zeichnenderweise fehlen sie aber auf attischen Werken fast gänzlich. Denn der
eigentlichen hellenischen Empfindung widersprach diese Vorstellung einer sakral
erhöhten Würde; die humanistische Gesinnung, die wir als die eigentlich klas-
sische Frucht des griechischen Geistes ansehen, setzte der Auffassung des Men-
schen als entrückter, untätiger Gott den Begriff der Menschenwürde ent-
gegen. In der klassischen Kunst kann darum auch der Größte nicht besser
ausgezeichnet werden als durch seine Tüchtigkeit und Schönheit, denn der
Mensch trägt das höchste Maß in sich selbst, und die Götter werden nach
seinem Bilde vorgestellt. Das klassische Kunstwerk ist frei von symbolischen
Andeutungen, es bedeutet nicht mehr, als es zu gestalteter Anschauung bringt.
Die Majestät des Thronens aber ist eben ein Symbol, das über die Anschauung
weit hinausgeht.
Die Griechen faßten daher auch das ruhige Sitzen nach seiner natürlich-anschau-
lichen Bedeutung, sie ließen es als Zeichen innerer Würde gelten, wie bei Haus-
vätern und Matronen, worin ihnen die Porträtkunst der Römer nachfolgte;
andererseits empfanden sie das Beschauliche darin als angemessen für geistig
bestimmte Gestalten und gaben ihre Philosophen meist sitzend, öfters findet
sich aber auch auf Vasen der sitzende Preisrichter, Vorläufer noch der späten
Konsulardiptychen.
Erst die Römer griffen auf die bedeutungsvolle, die sakral-symbolische Tradition
des eigentlichen Thronens zurück, als sie nämlich den Gedanken des Universalen,
1 Vgl. H. Möbius, „Über Form und Bedeutung der sitzenden Gestalt in der Kunst des Orients und der Griechen“.
Athen. Mitteilungen XLI, 1916, III (Berlin 1927). Reicht bis zum Beginn des 5. Jahrh. v. Chr. Wichtig ist u. a.
seine Feststellung, daß die Sitzfigur, wo sie im Sinne des eigentlichen Thronens in der Antike vorkommt, stets
den Einfluß des Orients bedeutet. Alexander der Große ist uns thronend überliefert, vgl. Bernoulli, Die erhal-
tenen Darst. Alexanders d. Gr., München 1905, S. 14.
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