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Hager, Hellmut
Die Anfänge des italienischen Altarbildes: Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte des toskanischen Hochaltarretabels — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 17: München: Schroll, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.48329#0019
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das Hauptbild des Dekorationssystems, dessen Funktion sich aber nicht in dieser Bezugnahme erschöpft,
da es zugleich Schwerpunkt des didaktischen Gesamtprogrammes ist, das den Gläubigen die für das
Heilsgeschehen wichtigen Gegenstände anschaulich darbieten will. Das Hauptbild hat somit gewisser-
maßen eine doppelte Funktion. Da es als Glied eines umfassenden Dekorationssystems und nicht als
selbständiger Gegenstand auf den Altarraum bezogen ist, unterscheidet es sich funktionsmäßig von
vornherein vom Altarbild in Retabelform. Diesen in seiner Doppelfunktion bestehenden Unterschied
müssen wir darum im Auge behalten, wenn wir im Zusammenhang mit zentralen Darstellungen von
„Altarbildern“ sprechen. Die Anordnung erfolgt am hervorragendsten Platz, der in der Hauptkuppel
liegt. Wo diese fehlt, vertritt die mittlere Konche ihre Stelle10, deren Darstellung meist eine Einheit
mit der des Apsisbogens bildet, der sie zuweilen, obwohl in der Erscheinung stärker hervortretend,
doch inhaltlich untergeordnet ist.
Wir gehen nun dazu über, die hier auftretenden Formen zu betrachten. Im Rahmen dieser zum eigent-
lichen Thema hinführenden Voruntersuchungen kann freilich nur ein Überblick der Entwicklung
gegeben werden.
Im Hinblick auf die bei den beweglichen Altarbildern zur Darstellung gelangenden Stoffkreise interes-
sieren uns vor allem die Thematik des Hauptbildes, daneben aber auch die Rangabstufung der übrigen
von der Tafelmalerei übernommenen Gegenstände und die für sie innerhalb des Dekorationssystems
in Frage kommenden Standorte. Wir beginnen mit den Programmen, welche die Figur Christi zum
Gegenstand haben.
Wie das mehrfach erneuerte Apsismosaik der Laterankirche ursprünglich ausgesehen hat, wissen wir
nicht. Einen Eindruck von der frühchristlichen Komposition vermitteln vielleicht noch die Darstellungen
der oberen Hälfte mit der Halbfigur Christi zwischen anbetenden Engeln, da man wohl annehmen
kann, daß die Kalotte das Bild des Erlösers zeigte, dem ja Konstantin das Gebäude geweiht hatte11.
Zum frühchristlichen Bestand gehört sicher auch die Paradieslandschaft mit dem Kreuz auf dem Berge.
Die Weihe an den hl. Johannes, die Rapp12 als datierendes Moment für die neben der croce gemmata
stehenden Figuren benutzt, hat erst im 6. Jh. stattgefunden. Da sich unter ihnen die beiden Heiligen
Johannes befinden, glaubt er, daß die untere Reihe nicht vor der Übertragung des Patroziniums
entstanden sein könne. Das unter Leo dem Großen (440-41 )Amd Innocenz III. (1198-1216) erneuerte
und bildlich13 überlieferte Apsismosaik der alten Peterskirche, deren Langhauswände mit Szenen des
Alten und Neuen Testaments ausgestattet waren14, zeigte durch das Thema der Traditio Legis mit der
Beschränkung auf wenige, in großem Maßstab auftretende Figuren eine fast ikonenmäßige Konzen-
tration, die jedoch nicht mit einer neutralen Fläche, sondern dem Illusionismus spätantiker Raum-
haftigkeit und den naturalistischen Details der Paradieslandschaft verbunden war. Der untere Streifen
wurde durch das vor dem kreuz-erhöhten Thron auf einem Berg stehende Agnus Dei eingenommen,
zu dem die Lämmer aus den biblischen Städten hinschreiten. Den Akt der Kirchengründung ergänzten
auf der Apsiswand Szenen aus der Vita Petri15. Der Arco trionfale trug eine Darstellung Christi zwischen
Petrus und Konstantin, die, wie Wilpert annimmt, von den Evangelistensymbolen flankiert wurde16.
Die Apsis der Felixbasilika inCimitile beiNola war durch Paulinus (401-403) mit symbolischen Gegen-
ständen geschmückt worden. Die Hand Gottes, eine Taube und das Lamm versinnbildlichten die
Trinität. Außerdem sah man das Kreuz im Clipeus und die gleichfalls durch das Taubensymbol repräsen-
tierten Apostel17.
Am Triumphbogen von S. Sabina in Rom (422-432) befanden sich Medaillondarstellungen, die Christus
zwischen den Aposteln Wiedergaben. In der Apsis folgt die Malerei von F. Zuccari - unter Vermehrung
der Begleitfiguren neben dem thronenden Heiland - im Wesentlichen dem ursprünglichen Bestand18.
In S. Pudenziana in Rom (402-17) finden wir den Heiland im Kreise seiner Jünger zwischen den Kränze
darbringenden Personifikationen der Juden- und Heidenkirche19. Er thront im Himmlischen Jerusalem,
das durch den Prospekt der historischen Stadt dargestellt ist. Darüber befinden sich das auf die Meß-
handlung hinweisende Kreuz und die Evangelistensymbole, welche die Wiederkunft Christi am Tage
des Gerichts andeuten.
Das Apsismosaik, das sich in der von Leo dem Großen ausdekorierten Kirche S. Paolo fuori le mura
in Rom befindet, wurde unter Honorius III. (1216-27) durch venezianische Künstler durchgreifend er-
neuert20. Christus thront zwischen den Apostelfürsten und den Heiligen Lukas und Andreas, über
einem Streifen, in dem der von den Erzengeln sowie den Aposteln begleitete apokalyptische Thron

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