Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Triton und Nereide. Stilwandlung 203
rizont überschneiden und auf unermeßlich weitem Meere den
Raum beherrschend füllen läßt. Fast symmetrisch ordnet sich das
Bild, und dennoch wird die Wendung des Tritons zur Seite,
woher er Gefahr wittert, so unwiderstehlich, weil das Auge die
strenge Symmetrie sucht und immer wieder magnetisch von die-
ser Biegung des Leibes abgezogen wird. Wie oft bei Böcklin
glaubt man, es müßte sich ohne weiteres in Erz gießen lassen
und würde nur den Reichtum der Farbe des Wellenspiels und
das absolut Lebende verlieren. So einfach ist es.
In den 70 er Jahren hat Böcklin seinen Weg gefunden, den
er von nun an als seinen eigenen weiterschreitet, selber schon
ein Fünfziger und über die besten Mannesjahre hinaus. Und
dieses Böcklinsche besteht in der starken Freude an der Natur, so
daß er sie niemals nur malt, wie er sie sieht, sondern immer so,
wie er sie erlebt, daß die Farbe auf seinen Bildern immer uni
einige Grade höher in der Temperatur ist, als die Wirklichkeit
sie bot, und daß in der Klarheit und Strenge der Linienführung
auch immer etwas von Gehobenheit zum Ausdruck kommt. Den-
noch läßt sich in den 80 er Jahren eine Wendung zum Einfache-
ren, Natürlicheren und Ungezwungeneren Wohl konstatieren und
mit einer allgemeinen Tendenz der Kunst in den 80 er Jahren
in Verbindung bringen. Das Landschaftliche kehrt wieder in
einer frisch gesehenen und das Räumliche stark betonenden
Weise, beginnend mit der Frühlingslandschast (1879), die Le-
bensalter in der Nationalgalerie, wo die Pappeln an dem in re-
gelmäßiger Schwingung landeinwärts ziehenden Damm die
räumliche Erstreckung in die Tiese sehr bestimmt betonen, wo
freilich auch diese Bestimmtheit und die in klarer Luft fest hin-
gesetzte Farbe dem Bilde den Reiz nehmen, den gerade die Land-
schaft am stärksten gebraucht, den Reiz des Unmittelbaren. Eine
Quelle in der Felsschlucht von 1881 mutet wie eine Naturstu-
die an, in der man nie eine Quellnymphe wie auf srühern Bil-
dern vermuten würde. Nur die glatten Felswände, die den
Raum bilden, die schlanken Birkenstämmchen, die ihn durch-
ziehen, sind böcklinische Kontraste des Großartigen und Zarten.
Oder es schlängelt sich ein Bach zwischen Weiden und Pappeln
in einem Wiesenhang in die Tiefe, und nur die ideale Tracht
und der sinnende, träumerische Blick der Frau, die den Bach ent-
 
Annotationen