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Hartlaub, Gustav Friedrich
Chymische Märchen: naturphilosophische Sinnbilder aus einer alchemistischen Prunkhandschrift der deutschen Renaissance — Ludwigshafen, 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.19125#0007
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Das Wort Alchemie hat heute keinen guten Klang. Einst
war es wesentlich anders. Bedeutende Geister des späten
Altertums, Denker des arabischen und des christlichen
Mittelalters, ja selbst noch Gelehrte des Reformationszeit-
alters bekannten sich zu der geheimen Gemeinde des
„Dreimalgroßen Hermes" (daher das Wort hermetisch),
jenes altägyptischen Halbgottes, der die Menschen zuerst
in die verschlossenen Geheimnisse der „Königlichen Kunst"
eingeweiht haben soll. Wohl gab es schon immer Zweifel
und Abwehr, aber diese richteten sich im ganzen mehr
gegen den Mißbrauch, als gegen die Lehre selbst.

Mit dem Fortschritt des naturwissenschaftlichen Denkens
vermehrten sich auch die grundsätzlichen Zweifel. Selbst
ein so vieldeutiger Geist wie der Arzt Paracelsus, der Zeit-
genosse des historischen Doktor Faust, gab doch der Al-
chemie schon einen neuen und gereinigten Sinn. Bei der
unkritischen Menge dagegen behielt die magische Ver-
wandlungs- und Läuterungskunst, die angebliche Gold-
macherei der Adepten, noch lange ihren abenteuerlichen
Ruf. Der Alchemist — hielt man ihn nun schwärmerisch für
einen großen Eingeweihten oder wurde er doch als Char-
latan und phantastischer Glücksritter verdächtigt — blieb

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