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Hartmann, Eduard von; Hartmann, Eduard von [Editor]
Philosophie des Unbewussten (Band 2): Metaphysik des Unbewussten — Berlin, 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.23707#0169
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Die All-Einheit des Unbewussten.

161

Bisher haben wir einerseits gezeigt, dass es keinen Grund giebt
und geben kann, der gegen die Einheit des Unbewussten spräche,
und haben andrerseits verschiedene aposteriorische Wahrscheinlich-
keitsgründe für dieselbe beigebracht. Wir können aber auch die
Frage unmittelbar durch Deduction aus bereits feststehenden Vor-
aussetzungen, also im Aristotelischen Sinne des Worts apriori erledigen.

Das Unbewusste ist unräumlich, denn es setzt erst den Raum
(die Vorstellung den idealen, der Wille durch Realisirung der Vor-
stellung den realen). Das Unbewusste ist also weder gross noch
klein, weder hier noch dort, weder im Endlichen, noch im Unend-
lichen, weder in der Gestalt noch im Puncte, weder irgendwo noch
nirgends. Daraus folgt, dass das Unbewusste keine Unter-
schiede räumlicher Natur in sich haben kann, ausser sofern
es dieselben im Vorstellen und Wirken setzt. Wir dürfen mithin
nicht sagen: das, was in einem Atom des Sirius wirkt, ist etwas An-
deres, als das, was in einem Atome der Erde wirkt, sondern nur:
es wirkt auf andere Weise, nämlich räumlich verschieden.
Wir haben zwei Wirkungen, ohne das Recht, zwei Wesen für diese
Wirkungen zu supponiren; denn die Verschiedenheit der Wirkun-
gen lässt nur auf eine Verschiedenheit der Functionen im We-
sen, die Verschiedenheit zweier Functionen aber keineswegs auf
die Nichtidentität des functionirenden Wesens schliessen.
Wir müssen nochmals betonen: wir sind genöthigt, so lange bei der
einfachsten Annahme (der Identität des functionirenden Wesens)
stehen zu bleiben, bis die Gegner den Beweis der Nichtidentität
geführt haben; ihnen, nicht uns liegt die Beweislast ob, da sie Vie-
les, wir nur Eines supponiren. Jedenfalls ist soviel von uns streng
erwiesen, dass dem Unbewussten keine Vielheit des Wesens durch
räumliche Bestimmungen zukommen kann, weil ihm eben
keine räumliche Bestimmungen zukommen. Bei zeitlichen Unter-
schieden ist dies noch viel klarer, da wir ja auch so gewöhnt sind,
die Identität des eontinuirlich wirkenden Wesens trotz aller zeit-
lichen Verschiedenheit, trotz des Früher oder Später der Wirkungen,
anzuerkennen. Nun giebt es aber, objectiv genommen, keine ande-
ren, als räumliche Unterschiede; denn was wir sonst noch an Unter-
schieden kennen, die Unterschiede der Vorstellungen unter einander
und der Unterschied des Wollcns und Vorstellens, sind innere sub-
jective Unterschiede verschiedener Thätigkeiten desselben Wesens
oder Subjectes, nicht aber ein Unterschied verschiedener Wesen
oder Subjecte. Von dem Unterschiede verschiedener Vorstellungen
 
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