Völker und Sprachen Kleinasiens 83
nach Anatolien eingewandert. Ihre Wanderwege lassen sich an Hand
von Ortsnamen noch ungefähr verfolgen1). Ihr Name haftet zunächst
an der in Thessalien am Boibeis-See bezeugten Stadt Armenien2);
ferner gab es einen Ort Orminion3) auf einem Felsgrat bei Demetrias
am Pagasäischen Golf. Daraus ist zu folgern, daß ein Teil der Armenier
in Thessalien eingefallen war4 5). Die Armenier nahmen aber ihren Namen
auch nach Kleinasien mit. Im östlichen Bithynien heißt ein Gebirge,
an dem die Armenier vorübergezogen sein müssen, Όρμίτιον δρος^)
und dasjenige an den Quellen des Halys (in Kleinarmenien) wieder
Αρμένιον όρος6). Schließlich gab es einen Hafen bei Sinope, der
Άρμένη hieß. Aus diesen Gegebenheiten ist zu schließen, daß die
Armenier am Nordrand Kleinasiens entlang gezogen sind. Die alten
Perser haben dann die Bezeichnung aufgegriffen und die spätere
Heimat der Armenier teils Armina, teils Armaniya7), die Bewohner
Arminiya8) genannt (der Landesname erscheint zuerst in der In-
schrift des Darius I. zu Behistun, d. h. um 520). Übrigens stammt die
Volksbezeichnung „Armenier“ zunächst aus dem Griechischen, das
sie von den alten Persern übernommen hat.
Die aus dem Balkangebiet eingewanderten Alt-Armenier wohnten
vor ihrer Landnahme also lange Zeit im nördlichen Teil Mittel- und
0 Vgl. dazu P. Kretschmer, „Einleitung in die Geschichte der griechischen
Sprache“, 1896, S. 208ff„ und Miscellanea Berolinensia II/l, S. 175.
2) Strabo XI, 503. — Im Schiffskatalog (Ilias B 734) heißt sie Όρμένιον
(mit äol. or für ar!).
3) Mit achäischem -in- für -en-!
4) Strabo weist ferner auf einen zweiten Namen des Peneios hin: Άράξης, der
sich mit dem des armenischen (ins Kaspische Meer mündenden) Flusses decke.
5) Ptol. V, 1,10.
6) Hier also derselbe Wechsel in der Lautform!
7) Darin spiegelt sich — da das Altpersische idg. a, e, o nicht unterscheidet —
das alte Αρμένων und Όρμίνων wider.
8) Der Name bedeutet etwa ‘die Großen, Hochgewachsenen’, < idg. *er-
minos, *rminios (mit r > ar nach armenischem Lautgesetz!) — eine Bezeich-
nung, die man häufig bei Völkernamen antrifft (vgl. auch die keltischen
Brigantes — ‘die Hohen, Großen’). Oder kommt der Volksname unmittelbar
von der indogermanischen Flußbezeichnung * Armenos u. ä. ? (Siehe H. Krähe,
„Die Struktur der alteuropäischen Hydronymie“, S. 298, 301 f. und BzN 4
(1953) S. 114, 8, (1957) S. 12f.).
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nach Anatolien eingewandert. Ihre Wanderwege lassen sich an Hand
von Ortsnamen noch ungefähr verfolgen1). Ihr Name haftet zunächst
an der in Thessalien am Boibeis-See bezeugten Stadt Armenien2);
ferner gab es einen Ort Orminion3) auf einem Felsgrat bei Demetrias
am Pagasäischen Golf. Daraus ist zu folgern, daß ein Teil der Armenier
in Thessalien eingefallen war4 5). Die Armenier nahmen aber ihren Namen
auch nach Kleinasien mit. Im östlichen Bithynien heißt ein Gebirge,
an dem die Armenier vorübergezogen sein müssen, Όρμίτιον δρος^)
und dasjenige an den Quellen des Halys (in Kleinarmenien) wieder
Αρμένιον όρος6). Schließlich gab es einen Hafen bei Sinope, der
Άρμένη hieß. Aus diesen Gegebenheiten ist zu schließen, daß die
Armenier am Nordrand Kleinasiens entlang gezogen sind. Die alten
Perser haben dann die Bezeichnung aufgegriffen und die spätere
Heimat der Armenier teils Armina, teils Armaniya7), die Bewohner
Arminiya8) genannt (der Landesname erscheint zuerst in der In-
schrift des Darius I. zu Behistun, d. h. um 520). Übrigens stammt die
Volksbezeichnung „Armenier“ zunächst aus dem Griechischen, das
sie von den alten Persern übernommen hat.
Die aus dem Balkangebiet eingewanderten Alt-Armenier wohnten
vor ihrer Landnahme also lange Zeit im nördlichen Teil Mittel- und
0 Vgl. dazu P. Kretschmer, „Einleitung in die Geschichte der griechischen
Sprache“, 1896, S. 208ff„ und Miscellanea Berolinensia II/l, S. 175.
2) Strabo XI, 503. — Im Schiffskatalog (Ilias B 734) heißt sie Όρμένιον
(mit äol. or für ar!).
3) Mit achäischem -in- für -en-!
4) Strabo weist ferner auf einen zweiten Namen des Peneios hin: Άράξης, der
sich mit dem des armenischen (ins Kaspische Meer mündenden) Flusses decke.
5) Ptol. V, 1,10.
6) Hier also derselbe Wechsel in der Lautform!
7) Darin spiegelt sich — da das Altpersische idg. a, e, o nicht unterscheidet —
das alte Αρμένων und Όρμίνων wider.
8) Der Name bedeutet etwa ‘die Großen, Hochgewachsenen’, < idg. *er-
minos, *rminios (mit r > ar nach armenischem Lautgesetz!) — eine Bezeich-
nung, die man häufig bei Völkernamen antrifft (vgl. auch die keltischen
Brigantes — ‘die Hohen, Großen’). Oder kommt der Volksname unmittelbar
von der indogermanischen Flußbezeichnung * Armenos u. ä. ? (Siehe H. Krähe,
„Die Struktur der alteuropäischen Hydronymie“, S. 298, 301 f. und BzN 4
(1953) S. 114, 8, (1957) S. 12f.).
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