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Doktor-Ernst-Hauswedell-Buch- und -Kunstantiquariat, -Buch- und -Kunstauktionen (Hamburg)
Auktion / Dr. Ernst Hauswedell & Co.: Autographen - Manuskripte und Briefe von Gottfried Benn, Ernst Bertram, Rudolf Borchardt, Gerhart Hauptmann, Heinrich und Thomas Mann, Rainer Maria Rilke u.a. - vor allem von Novalis (Friedrich Freiherr von Hardenberg): Versteigerung Dienstag, den 31. Mai — Hamburg: Dr. Ernst Hauswedell, Nr. 97.1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.65711#0005
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VORWORT

Im Mittelpunkt dieser Versteigerung steht das Angebot von 150 Handschriften des Frei
herrn Friedrich von Hardenberg, der sich als Dichter Novalis nannte und dessen Werke
Weltruhm erlangt haben. Sie sind unter den Nummern 233 bis 257 des Kataloges aus-
führlich beschrieben.
Die Manuskripte, die fast den gesamten Komplex der wissenschaftlichen Fragmente und
den größten Teil der Tagebücher umfassen, gehörten zum Nachlaß des Dichters, der 1930
in Berlin zur Versteigerung kam. Der Sammler, der sie damals erwarb, nahm die Hand-
schiften mit in die Emigration. Sie blieben bis heute der deutschen Forschung verschlossen,
entgingen aber auch der Vernichtung, der viele Sammlungen in den letzten Jahren des
Krieges zum Opfer fielen. Große Teile sind bis heute noch nicht veröffentlicht.
Es möge genügen, hier einige Manuskripte und Fragmente zu nennen, um ihre einmalige
Bedeutung vor Augen zu führen. Unter den Fragmenten befinden sich: »Das Allgemeine
Brouillon«, das Kernstück für den großen Plan des Dichters, eine umfassende und graduie-
rende Enzyklopädie sämtlicher Wissenschaften und Künste zu schaffen. Es findet sich
unter ihnen die Urfassung der Fragmentensammlung »Blütenstaub«, die von Schlegel zu
Lebzeiten des Dichters zwar veröffentlicht, aber wesentlich verändert wurde. Von beson-
derer Bedeutung sind die naturwissenschaftlichen Fragmente der Freiberger Zeit, die zum
großen Teil noch nicht veröffentlicht sind. Die Sammlung der Tagebücher enthält u. a. das
Manuskript »Klarissa«, die Charakterstudie der Sophie von Kühn, der großen Liebe des
Dichters, und das »Journal«, die Tagebuchaufzeichnungen des Dichters nach Sophiens
Tod, eines der ergreifendsten Dokumente der deutschen Romantik.
Zur Bearbeitung der Handschriften wurde der Katalog der Berliner Versteigerung, der sei-
nerzeit von Professor Richard Samuel - jetzt in Melbourne - verfaßt wurde, mit herangezo-
gen. Die Angaben des Kataloges wurden überprüft und zum Teil ergänzt und erweitert.
Zitate sind nach den Handschriften und in der Schreibweise des Dichters angeführt. Als
Bearbeitungsgrundlage diente weiterhin die Ausgabe der Werke von Kluckhohn u.
Samuel (4 Bde. Leipzig 1929), ferner die letzte Ausgabe der Werke von Wasmuth (4 Bde.
Heidelberg 1953-57).
Die Bearbeitung der Handschriften erfolgte durch meinen langjährigen Mitarbeiter, Paul
Schroers, der auch im letzten Heft der Vierteljahrsschrift >Philobiblon< (JahrgangIV, Heft 1)
einen ausführlichen Aufsatz über das Schicksal der Handschrift von »Blütenstaub« ver-
öffentlichte.
Ich hoffe und wünsche, daß diese einzigartige Sammlung von Handschriften eines der
größten Dichter der deutschen Romantik jetzt an einen Ort gelangt, der ihres hohen Ran-
ges würdig ist, und der sie gleichzeitig den Sammlern und der Forschung erschließt.
Ich glaube, einer Verpflichtung gegenüber der wissenschaftlichen Forschung nachzukom-
men, wenn ich im Laufe der Versteigerung die Möglichkeit gebe, für einzelne Gruppen
oder das Ganze Gesamtgebote abzugeben, und ich bin sicher, daß ein solches Vorgehen
auch im Sinne des Sammlers liegt, der diese Manuskripte jetzt zum Verkauf stellt.
Neben der Sammlung der 150 Handschriften von Novalis enthält der Katalog eine Fülle
bedeutender Briefe, Manuskripte und Bücher mit Widmungen, vor allem von Dichtern,
Schriftstellern, Musikern und Gelehrten. Es seien hier besonders genannt: 14 Briefe von
Gottfried Benn an Prof. Fleischmann u. seine Frau. - Manuskripte und über 120 Briefe u.
Karten von Ernst Bertram an Maximilian Brantl, den Münchener Rechtsanwalt und Freund
der Brüder Heinrich u. Thomas Mann, deren Korrespondenz mit Brantl ich im Herbst 1958
versteigerte. Ebenfalls an Maximilian Brantl sind 67 Briefe und Karten von Elisabeth
Förster-Nietzsche gerichtet.
 
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