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Universität Heidelberg [Hrsg.]
Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg: Sommer-Halbjahr 1905 — 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.74187#0069
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Akademische Mitteilungen
FÜR DIE
STUDIERENDEN DER RUPRECHT-KARLS-UNIVERSITÄT HEIDELBERG.
HERAUSGEGEBEN VON J. HÖRNING, UNIVERSITÄTS-BUCHDRUCKEREI
Fernsprecher 119 HEIDELBERG Hauptstrasse 55 a.
Erscheint wöchentlich und wird unentgeltlich und frei allen Studierenden und Lehrern der Hochschule zugestellt.
Preis bei der Post vierteljährlich 75 Pfg. ausschliesslich Bestellgebühr.
Sommer-Halbjahr 1905. Nr. 9. Samstag, 1. Juli 1905.

Grossh. Bad. Universitäts-Bibliothek.
Die allgemeine Ablieferung betr.
Der Beginn des Umzuges in das neue Bibliotheks-
Gebäude ist nunmehr auf die zweite Augustwoche fest-
gesetzt.
Da vor demselben die sämtlichen zurückgelieferten
Bücher erst wieder eingestellt werden müssen, und die
Bibliotheksdiener auch sonst mit einer Reihe den Umzug
vorbereitender Arbeiten in Anspruch genommen sind,
so sehen wir uns genötigt, die allgemeine Ablieferung
schon auf die Woche
vom 24. bis 29. Juli
festzusetzen. Während dieser Zeit müssen sämtliche
aus der Universitätsbibliothek entliehenen Bücher zurück-
gegeben werden, dagegen bleibt das Lesezimmer wie bis-
her geöffnet.
Am 7. August wird die Bibliothek geschlossen.
Die Wiedereröffnung der neuen Bibliothek wird nach
vollendetem Umzüge bekannt gemacht werden.
Heidelberg, 13. Juni 1905.
Grossh. Direktion:
Wille.

Hochschulnachrichten.
Heidelberg, 30. Juni 1905.
Sonnenwendfeier der Studentenschaft. Anlässlich
der Sonnenwendfeier veranstaltete die hiesige Studenten-
schaft am Mittwoch, den 21. Juni, abends, einen Fackel-
zug zum Bismarckturm. In fast endloser Reihe bewegte
sich der Zug durch die Hauptstrasse über die neue Brücke
zum Bestimmungsorte. Etwa um 10 Uhr hatten die Stu-
denten dort Aufstellung genommen, worauf die Flamme
vom Turm gross und mächtig emporlohte und dieser in
rot-bengalischer Beleuchtung erstrahlte. Der Vorsitzende
des studentischen Ausschusses, stud. Mühlhäuser,
hielt an die Versammelten eine Ansprache. Redner wies
darauf hin, dass zum 3. Male die Heidelberger Studenten-
schaft dem grössten deutschen Kommilitonen die alljähr-
liche Ehre erweise und erinnerte an die Zeit in Bis-
marcks Leben, da er als junger Fuchs die Universität
bezog; wie er, durchdrungen von starkem deutschen
Nationalgefühl, schon als Student dem grossen Gedanken
der Einigung nachhing, er, der später mit seinem eiser-
nen, unbeugsamen Willen diesen Gedanken selber zur
Ausführung brachte. „Durch ihn bekam das deutsche
Volk", führte der Redner aus, .„wieder einen Kaiser,
der deutsche Namen wieder einen guten Klang, Deutsch-
land, bisher das Aschenbrödel unter den Nationen Euro-
pas, ist heute geachtet vom Freund, gefürchtet vom
Feind. Nur Bismarcks Staatskunst verdanken wir dies

alles. Um deswillen feiern wir heute sein Gedächtnis
und zünden alljährlich den Flammenstoss an. Doch nicht
allein um seinetwillen. Uns zur Mahnung lassen wir all-
jährlich die Flammen leuchten. Bismarcks Name ist eine
Geistesmacht geworden. Sie ist unser nationales Ge-
wissen, und um das wach zu halten, ziehen wir herauf,
dass wir uns erinnern, dass noch manches unausgeführt
ist, was ihm besonders am Herzen lag. An uns liegt
es, auszubauen und zu erhalten, was uns die Väter in
heissem Kampfe erstritten. Hier liegen unsere Pflichten
gegen unsern Kanzler. Nicht besser können wir ihn
ehren, als wenn jeder an seinem Platze, eingedenk, dass
er ein Glied eines Ganzen ist, sein Tun und Handeln misst
an der Wohlfahrt des Reiches, der Grösse seiner Schö-
pfung. Drum wollen wir heute, im Scheine der lodern-
den Feuer, das heilige Gelübde ablegen, dass wir ihm
nacheifern und ein jeder von uns nach Massgabe seiner
Kraft und Tätigkeit seinem Volke gegenüber seine Auf-
gabe erfülle, wie er sie erfüllte." Nach Absingen des
Bismarckliedes erfolgte der Rückzug zum Ludwigsplatz,
wo unter Absingen des Gaudeamus igitur die Fackeln
zusammengeworfen wurden.

Zur Resolution des weiteren Ausschusses.
Wie andere Hochschulen, so hat auch Heidelberg in
der Frage der konfessionellen Verbindungen Stellung
genommen in einer Resolution, in der beschlossen wurde,
dass die vier katholischen Korporationen auch weiterhin
im Ausschuss vertreten sein sollen. Dadurch wurden
die katholischen Korporationen als berechtigt, ja als
gleichberechtigt anerkannt.
Dieser Beschluss steht im Gegensatz nicht nur zu
den meisten Resolutionen der andern Hochschulen, son-
dern auch zu den Erklärungen einzelner Verbände, z.
B. der Burschenschaften in Eisenach und der Corps in
Kösen. Wie wir hörten, hat in der betr. Ansschuss-
sitznng die Heidelberger Burschenschaft mit aufs
schärfste gegen die Resolution gesprochen, wogegen
der S.C., wenn wir recht unterrichtet sind, für die
gefasste Resolution eintrat.
Das Verhalten des S. C. muss jetzt nach der auf
der diesjährigen Pfingstversammlung in Kösen gefassten
Entschliessung, die allerdings für viele unerwartet kam,
Verwunderung hervorrufen. Es heisst darin: „Der Kö-
sener Kongress ... steht innerlich im schärfsten Gegen-
satz zu jeder Verbindung, die unter dem Deckmantel
der Konfession den Zweck verfolgt, das freie deutsche
Geistesleben unserer Hochschulen zu untergraben. Wir
erachten es daher für eine nationale Pflicht, den Kampf
gegen Verbindungen, die unser vaterländisches Empfin-
den verletzen, mit allen uns zu Gebote stehenden Mit-
teln zu führen."
 
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