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wacht iſt, eher zu ſpät als zu frühe Geſtalt
gegeben wird, ſo iſt es doch gerade jetzt
an der Zeit, durch wechſelſeitigen Austauſch
zu lernen, durch gemeinſame Berſtändigung
das Gute, was dorhanden iſt, zu wahren,
das Beſſere, was Noth thut, mit Umſicht
herbeizuführen, und im Hinblicke auf die
Gefammtheit das einzelne Glied zu ſtärken.
Die nächſte ordentliche Conferenz ſolcher
Art wird in der Pfingſtwoche diefes Jahrs
in Eifenach gehalten werden. Bis daͤhin
wird die Erſcheinung des allgemeinen Kir-
chenblatts nach den zu Elberfeld entworfe-
nen Beſtimmungen im Gange ſein, und es
iſt hoffen, daß fämmtliche Kirchenbehörden
des evangeliſchen Deuiſchlands ſich der Ue-
bereinkunft im eigenen und gemeinſamen
Intereſſe anſchließen werden.
29. Jan. Die Miniſterialverfügung,
betreffend die Transportordnung für den
Poſtver kehr im Inland, war heute Ge-
genſtand der Berathung in der 2. Kammer.
Eine Haͤlfte der ſtaatsrechtlichen Commiſ-
ſion wollte die Poſtiarifirung der Geſetzge
bung reelamiren und zur Verabſchiedung
gebracht wiſſen, während eine andere Hälfte
die Verfügung nicht beanſtandete! Die Re-
gierung blieb diesmal in der Miyderheit,
indem die Kammer mit 41 gegen 40 Stim-
men beſchloß, die Tarifirung der Poſt der
Geſetzgebung zu reclamiren. — Ein weite-
rer Gẽgenſtaͤnd betraf die Verfügung des
Finanzminiſteriums vom 20. Det. v. J.,
wonach die durch die Poſtanſtalt zu erhe-
benden Speditionsgebühren von den
in Würtemberg erſcheinenden und innerhalb
des Landes zu befördernden Zeitungen
politiſchen Inhaltes, auf 50 Procent des
Nettopreiſes erhöht wurden! Die Kammer
beſchloß/ trotz der Einſprache des Miniſter-
tiſches, mit 57 gegen 25 Stimmen, die f
Regierung zu biten, ſie möge den Auf-
ſchlag für die Spedition inlaͤndiſcher Zei-
tungen durch die Poſtanſtalt auf den frü-
herů Stand zurückführen! Die Begünſtigung
des Staatsanzeigers wurde indeß nicht wei-
ter beanſtandet.

Gotha, 29. Jan. In geſtriger Sitzung
unſerer Abgeordnetenverfammlung iſt die
ſeit 2 Monaten in derſelben verhandelte
Frage über die Annahıne oder Ablehnung
des vorgelegten neuen Stagtsgrund-
gefeges entfchieden worden. Die Endloe-
annahme des letztern wurde mit 13 gegen
11 Stimmen verworfen! Auch ein An-
trag/ welcher mit Genehmigung des Staats-
minifteriums. die in der vorhelegten Ver-
faſfung enthaltenen Beſtimmungen über die
Competenzgrenmzen der neuen Landtagsaus-
ſchüffe beſchränkte und die verfaſſungsmäßt-
gen Rechte der jetzigen Abgeordnetenver-
ſammlung bis zur Einherufung des künfti-
gen Landtags unter Verzichlleiſtung des
landesherrlichen Rechts der Auflöſung in
Kraft erhalten wiſſen wollte, konnte die in
der Verfaſſung angeordnete Majorität von
2 Dritteln der Verſammlung nicht erhal-
ien. Der Staatsminiſter ven Seebach,
der alg einziges erfreuliches Ergebniß der
Verhandlungen nur den Umſtand bezeichnen
konnte, daß ſich der Vorwurf einer von der
Staatsregiexung beabſichtigten Benachtheili-
gung gothaiſcher Intereſſen als völtig grund-
los herausgeſtellt habe, löſte nach der oben
angedeuteten Abſtimmung die Abgeordneten-
verſammlung auf,

Berlin, 27. Januar. In der heutigen
Sitzung der erſten Kammer kam der
Commiſſionsbericht über den Antrag der
Abg. v. Kletſt und Itzenplitz zur Be-
rathung:; an die Stelle der Artı 40—41
der Verfaſſung die Beſtimmung zu feßent
„Die Ertichtung von Lehen wl unterſagt.
Auf Thronlehen findet dieſe Beſtimmung

feine Anwendung.“ Kisker hat Namens
der Linken den Antrag geftellt, über jenen
Antrag zur Tagesordnung überzugehen.
v. Kleiſt? Tychow nimmt ſeinen urfprüng-
lichen (von dem Itzenplitz'ſchen, nunmehr
Lommiſſions vorſchlage abweichenden) Vor-
ſchlag alg Amendement wieder auf, wonach
auch die Worte: „Die Errichtung von Lehen
iſt unterſagt,“geſtrichen werden follen. Graf
Izenplitz begründet ſeinen Antrag durch
den früher vorgebrachten Grundfaß! MNes
form und Feine Reviſion! Der Redner
fucht aus den faktiſchen Berhältniffen die
Trefflichkeit gewiſſer Lehensverhältniſſe und
Fideicommiſſe zu beweiſen! Gegen den Ein-
wand der ungieichen Bertheilung des Erbes
meint der Reener, dieſe Anſicht fet recht
materialiſtiſch/ indem ſie den Grundbeſitz für
das Höchſte halte, Da e$ doch noch aͤndere
und höhere Güter gebe, alg Geiſt, Talent,
Geſundheit ꝛc Sollte die zweite Kammer
ſich der Streichung des Artitels nicht ans
ſchließen, und es ſei Hoffnung, daß ſie es
werde, ſo bleibe der 1. Kammer noch übrig,
jedes Spezialgeſetz darüber zu verwerfen.
, Kietft: Tychow befürwortet die Errich-
tung neuer Lehen. Die Unterſagung rühre
von der Eharte Waldeck her und fet ein
Zugeſtändniß an das Nivellirungsgeſpenſt.
Es könnte eine Nützlichkeit neuer Lehen
denkbar fein, v. Arnim iſt für die Ta-
gesordnung über alle Reviſionsvorſchläge,
die unzeitig feien, Im Augenblich wo eın
Land ohnẽ Verfaſſung Preußen mit Bre-
men und Deſſau gleich ſiellen will erſchei-
nen ſolche Aenderungen alg Eonceſſionen
an einen Staat, der durch unſere Demüthi-
gung eine Großmacht geworden. Aehnliche
Molive ſchöpft der Rebner aus den innern
Zuſtänden allgemeiner Eonfuſion und Rath-
lofigfeit, die man vielleicht benutzen wolle.
Db das elende Intermezzo Frankreichs der
erwünſchte Moment für die Eontrerevolu-
Hon ſei? Ob Napoleon mit feinen Millio-
nen von Menſchen oder Rubeln der Meſ-
ſias des Abſolutismus, und dieſer ſo wahn-
ſinnig ſei zu glauben, daß ein gelungenes
Becherſpiel das Jahr 1852 aus der Welt-
geſchichte wegescamoͤtiren könne? Oder ob
die Berfaſſung bereits nach zwei Jahren als
unbrauchbar bewährt fer? Die Mehrheit
yabe ja dieſe Verfaſſung vor zwei Jahren
gegen den Willen der Linken angenommen,
die einen endlichen Abſchluß wünſchte! Die
Verblendung der weißen Wühlerei ſei ſo
groß wie die der rorhen, ſie erkenne die
Zeichen der Zeit, erſchrecke vor dem Gedan-
fen bald kommender Gerechtigkeit und habe
große Eile; ſie wolle ihr naͤchtliches Werk
vor Haͤhneuͤſchrei beginnen. v. Gerlach
befürworiet den Antrag des Abg v. Kleiſt-
Tychow; er hält die Abſchaffung des Leh-
eusweſens für eine Phraſe der Rcvolution.
Beit beſtreitet den Kammern das Recht
an eine Reviſion zu gehen; die zweite ſet
diefelbe, welche die Vetfaſſung beraͤthen, die
erſte nur eine proviſoriſche, deren Haupt-
pfiicht die Realiſirung der Verfaſſang iſt.
In den Anträgen felbit findet der Redner
eine ariſtokratiſch⸗mitielalterliche Anſchauung
im Gegenſatze zu der bürgerlichen! Der
Miniſter des Zunernt Die Regierung
Sr. Diaf. hat die Auträge mit Freuden be-
grüßt, die Aufhebung der Art. 40 und 41
u nörhig für die Zuſammenſetzung der er-
ſten Kammer! Es iſt dies ein Schritt, um
den Ausſpruch: Es foll mit der Revolution
gebrochen werden, zu realiſiren, die Staats-
regierung tritt vollſtändig dem Antrage der
Commiſſion bei. Bauuiſt ark: Wır wol-
len eine Monarchie nicht mit einer Feudal-
ariſtokratie, weil eine ſolche die beflhränt!
teſte; hierüber Läßt die Geſchichte der Leb-
ensweſen keinen Zweifel. Wir wollen deß“


tatiſchen Partei. Wir fordern für die
Berfaffung Feſtigkeit und eine zähe allmä-
lige Entwicklung keine Ueberſtürzung. Heff-
ter bringt den Autrag ein: die Commiſ-
ſion aufzufordern, die Verhältniſſe und Ge-
ſetze der beſtehenden Lehen vorher in Er-
waͤgung zu ziehen und bis dahin die De-
Latie zu vertagen. Bei der namentlichen
Abſtimmung wird der Antrag Kiskers auf
einfache Tagesordnung mit 96 gegen 64
Stimmen abgelehnt; ver Antrag Heffters
auf Vertagung abgelehnt; der Antrag v.
Klerſt Tychows mit bedeutender Mehrheit
derworfen; ſchließlich wird der Autrag des
Abgeordneien von Itzenplitz bei der na-
mentlichen Abſtimmung mit 95 gegen 46
Stimmen angenommen. — Die Verfaf-
ſungsreviſion hat mit dieſer Berathung
in der erſten Kammer ihren Anfang ge-
nommen, Da ſich von 144 Abgeordneten nur
46 der Repiſion durch ihre Abſtimmung ab-
geneigt erklärten. Die Minderheit erkaͤnnte
an, daß der heutige Beſchluß praͤjudizirlich
ſei für die ferneren ähnlichen Anträge z fie
machte deßhalb den Verſuch, den Antrag auf
einfache Tagesordnung zu vertheidigen! Die
Reviſion wird jetzt raſchen Schrittes vor-
wärts gehen, der Weg iſt geebnet, und es
bedarf eben nur der Abſtimmungen, um in
derſelben Weiſe den Artikeln 40 und 41 der.
Verfaſſung noch eine Reihe anderer zur Um-
wandlung oder Streichung folgen zu laſſen.
Die Reglerung gab ihrerleits eine Erklärung
ab, welche über ihre Stellung zur Reviz -
ſionsfrage nicht zweifelhaft läßt! Sie macht
keinen Anſpruch auf Initiative, ſie nimmt -
das Gebgtene dankbar entgegen, und wird
mit der Mehrheit revidiren. (DBerl. Bl.)
Haunover, 27, Jan. Am heutigen Tage
iſt von dem Fönigl, hannover'ſchen und dem -
königl. preußiſchen Bevollmächtigten der Ver-
trag über die Ausführung der Eiſenbahnen
von Emden nach Münſſter und von der
Köln-Mindener Eiſenbahn über Osna-
brüc bis zur königleniederländiſchen Gränze
vollzogen worden. Es freut uns, hinzufügen
zu können, daß der Inhalt des vollzogenen
Vertrages die Ausführung dieſes wichtigen
Theiles des deutſchen Eifenbahn-Netzes in
einer den Verkehrs-Bedürfniſfen völlig entz.
ſprechenden Weiſe verbürgt. — —
Hannover, 29. Jan Die Kammern ſind
heute nach beendigter Arbeit auseinan-
dergegangenz wann ſie wieder zuſam-
nientreten werden, iſt unbeſtimmt. Voraus-
ſichtlich aber wird die Regierung ihre Or-
ganiſationsentwürfe und das Budget vor


vor dieſem Feſte an eine Wiedereinberufung
der Stände nicht zu denken.

30. Jan. Die zweite Kammer hat
beute in Betreff des Beſeler'ſchen An-
trags den Conimiſſionsantrag Cauf motts
virle Tagesorduung) mit 139 gegen 133
Stimmen angenommen.

Fraukreich ·

Paris, 27. Jan. Die Teſtaments-
executoren Ludwig Phitiyps waren gea/
ſtern unter Montalivet’s Vorſitz ver-
ſammelt und haben beichloffen, daß eine
von Dupin, Berryer, Batimesnit, Duͤfaure,
Baͤrrbt 2e, zu verfaſſende Denkſchrtft
an alle Höfe und Gerichte eingeſchickt
werden ſoll! Bereits ſprechen ſich die Rä-
the des Appell- und Caſſationshofes offen
gegen die Decrete aus, deren Aufhebung
noch gebofft wird. Gewiß iſt, daß die Do-
mänenverwaltung bis jetzt keine Siegel an
das Local der Direttion der orleans'ſchen
Güter hat legen laſſen und daß dem Erb-
ſchafisverwalier Bocher die Deerete noch
nicht amtlich kund gemacht worden ſind.
 
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