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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Nr. 78-102 (1. - 30. April 1852)
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#0344
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gerichtsraths Herrn Oredy. — Die Herzo-
gin von Aumale paſſirte geftern auf einem
Düſſeldorfer Dampfer unſere Stadt.

Wiesbaden, 4. April! Geſtern Nach-
mitiag trafen her die Miſſtonaͤre, die Pa-
tres der Geſeliſchaft Jeſu, Roh, Haßlacher
und Schmutie, ein und wurden von un-
ſerm würdigen Decan Petmeky und ſeinen
Caplanen am Eiſenbahnhof abgeholt. Dieſe
Miſſtonäre werden zwei Wochen lang hier
verweilen und täglich 3 Miſſionspredigten
halten.

Wien. Der „Times“ wird von Wien


ſich vollſtaͤndig geändert, feitdem diẽ kaifer-
liche Regierung vom Cabinet des Grafen
Derby die poſitive Verſicherung erhielt, daß
es weder deſſen Abſicht ſei, ſich in die in
nere olitit Oeſterreichs zu miſchen, noch
zuzugeben daß die politiſchen Flüchtlinge
in England die Gaſtfreundſchaft dieſes Lan-
des zu Complotten gegen benachbarte und
befreundete Staaten mißbrauchen! Die voll-
ſtändige Ausſoͤhnung der beiden Regierungen
iſt meiner Anſicht nach von der größten
Wichtigkeit für beide Länder, da ſie Oeſter-
reich erlaubt, die Armee zu reduciren, und
England von der eigenthümlichen iſolirten
Stellung befreit wird, in welche es Lord
Palmerſtons ereentriſche Politik verſetzt hatte.
Ich habe vollen Grund zur Annahme, daß
es bereits eine ausgemachie Sache zwiſchen
den beiden Regierungen iſt, die beſehenden
Territorialverhaͤltniſfe ſtrenge aufrecht zu
erhalten, und ich glaube nicht erſt beifügen
zu müſſen, daß auch Rußlaͤnd und Preußen
mit ihnen in dieſer Frage gemeinſchaftliche
Sache machen werden. Der Sturm, der
die Schweiz bedrohte, iſt vorüber, die Re-
volutionäre, welche ſich in Teſſin in bedeu-
tender Zabl geſammelt hatten, fanden es
räthlich, ihr Lager abzubrechen. Ebenſo er-
ſcheint auch Belgiens Zukunft geſichert. Die
Politit der kaiſerlichen Regierung verlangt
nothwendigerweiſe die vollſtändige Unab-
hängigkeit Belgiens, da von dieſer ganz und
gar die Verwirklichung des Lieblingsplans,
Trieſt zum großen Zwiſchenemporium zwi-
ſchen Oſtindien und England zu machen,
abbängt. In dieſem Puͤnkte ſind Oeſter-
reichs und Englands Intereſſen identiſch,
inſofern alg das letztere Land nie zugeben
Ddarf, daß es bel feinen Nachrichten vom


Eiſenbahnen und Telegraphen abhängig wird.
Ich habe die volle Ueberzeugung, daß es
im vollſten gegenſeitigen Interẽſſe von Oeſter-
reich und England liegt, auf freundſchaft-
lichem Fuße mit einander zu ſtehen, und
eben ſo haͤbe ich die poſitive Verſicheruyg,
daß es nie die Schuld der kaiſerlichen Re-
gierung ſein wird, wenn dies nicht der
Fall iſt-

Hannover, 1. April. Wie der „Weſer-
Zeuung „von unterrichteteter Seite“ mit-


rium ein neuer Entwurf über die Organi-
ſation der Provinziallandſchaften bereits
fertig vor; derſelbe ſoll das Verſoͤhnungs-
werf“ mit den Rittern zu Stande bringen
und eine der erſten Vorlagen ausmachen,
welche man den allernächſtens zu berufen-
den Kammern mitzutheilen denkt. Das Mi-
niſtertum hatte ſich — ſo verſichert man —
bis auf einen Paragraph über den Ent-
wurf nach mehrfachen Berathungen geei-
nigt. Allein eben dieſer Paragravh, worin
feſtgeſtellt war, daß künftige Abänderungen
des Geſetzes über die Provinziallandſchaf-
ten die Genehmigung der Krone und der
Provinziallandſchaften vorausſetzen, fand
bei den Miniſtern Windthorſt und Baemei-
ſter den entſchiedenſten Widerſpruch, indem
ſie erklärten, ohne Verſündigung gegen die
conſtuutionelle Form und ihre politiſche

Ueberzeugung zu jener Genehmizung nie-

nen, alg lediglich der Krone und den Stände-
fammern. Iſt nun dieſes der Gegenſtand
des fraglichen Conflicis, ſo hat man gewiß
eben ſo viel Urſache, auf die weitere Ent-
hüllung über die Art der behaupteten Aus-
gleichung geſpannt zu ſein aͤls dieſelbe mit
Mibtrauen zu betraͤchten.

Frankreich.

X Paris, 3. April. Die Kunſtausſtel-
lung iſt ſeit mehreren Tagen eröffnet. Der
Katalog zahlt etwa 1700 Nummern; bei⸗—
nahe ebenſo viele Werke Cetwa 1300 ſind
von der Jury zurückgewieſen worden! Die
berühmteſten fraͤnzölſchen Maler haͤben ſich
faſt ſämmtlich nicht beiheiligt; die Bild-
hauerkunſt ſcheint in dieſer Hinſicht beſſer
vertreten zu ſein, doch dürfte die Zury hier
manche Geſchmackloſigkeit durchgelaſſen ha-
ben. Einer haͤt eine allegoriſche Figur der
Cholera geliefert, auch aͤlegoriſche Frank-
reiche fehlen nicht, u. A, ‚ein Frankreich,
wie es ſein 20. Decembervotum in die
Wahlurne thut,

Varis, 4, April. Man verſichert, daß
der Senat und der geſetzgebende Körper.
während der Charwoche keine Sitzung hal-
ten werden. — Ein Tagebefehl, welcher
der Pariſer Garniſon vorgeleſen worden
iſt, verfügt, daß die iſraelinſchen Soldaten
während aͤcht Tage bei Gelegenheit des
Oſterfeſtes von jedem Dienjie befreit ſein
werden, damit ſie ihre religiöſen Pflichten
erfülen könnten! Dieſen Morgen, um
.11 Uhr, hat der Präſident der Republik
in der Kapelle des Tuilerienpalaſtes Sr,
Hochwürden Herrn Donnet, Erzbiſchof von
Bordeaux, die Cardinalsmutze überreicht im
Beiſein der hohen Würdenträger der Kirche,
der Vliniſter und zahtreicher Senaitoren,
Deputirten, Staatsräthe und hohen Beam-
ten der Republit. — Durch Decret vom
3. April iſt der Hr. Abbe Coquereau, Ca-
nonteus von St. Denis, ehemaliger Ober-
prediger des Evolutionsgeſchwaders, als
Oberprediger der Flotte ernannt worden-
— Durch Entſchließung des Staatsmini-
ſters vom 3, d. M. iſt Herr Ehevalier,
Oirector der Paläſte und Manufacturen,
als Mitglied der Aufſichts- und Controle-
commſſion für Ausführung der Arbeiten
der Nationalpaläſte ernannt worden, an die
Stelle des verſtorbenen Herrn CaveE, —
Der „Moniteur“ veröffentlicht 10 Ernen-
nungen ın der Ehrenlegion und die Namen
von 46 Unteroffizieren und Soldaten, de-
nen die Militärmedaille verliehen worden
iſt. — Ein Cireular des öffentlichen Un-
terrichts ſchreibt den Collegien vor, die lan-
gen Barie zu ſcheren.

Paris, 5. April. Der „Moniteur“ ver-
öffentlicht die Berichterſtattung von der Ueber-
reichung der Cardinalmütze an Hrn. Donnet,
Erzbiſchof von Bordeaux. Bei dieſer Ge-
legenheit hat Hr. Flavio Chigi an den Hrn.
praſidenten der Republik eine lateiniſche
Anrede gehalten, worin er dem Staatsober-
haupte Gluͤck wünſcht zu ſeinen Anſtrengungen
zu Gunſten der Ordnung und der Fatyo:
liſchen Religion. Der neue Cardinal hat
zleichfalls eine Anrede geſprochen. Er dankte
dem Hrn. Präſidenten, daß er durch Zu-
laſſung der Geiſtlichkeit in den Senat die
Scheidemauer umgeſtürzt habe, welche man
zwiſchen dem Prieſterthume und den welt-
lichen Gewalten aufrichten zu müſſen glaubte.
Der Hr. Präſident antwortete, daß er ſich
glücklich ſchätzie, die Anſtrengungen gewür-
digt zu fehen, welche er für das Wohl Wranf-
reichs und für den Triumph der Religion
aubietet. — Man wird demnächſt die noth-
wendigen Arbeiten beginnen, um das Pan-
theon fuͤr den katholiſchen Eultus herzuͤrich-
ten. Die Einweihung dieſer neuen Kirche


finden fönnen, — Eın Pfahl, welcher in
der Mitte des Schuttes aufgerichtet iſt, der
von den Niederreißungen des Carouffele
plaßes herrührt, trägt eine Tafel mit der
InſOrift: Place: Napoleon. &$ ſcheint in
der That, daß die Naͤmensveränderung fiatt-
finden foll. Das Gerücht einer allge-
meinen Amneſtie für alle politiſchen Verfol-
gungen und Verurtheilungen, welche ſeit
dem 2. Dezember ſtdugefunden haben, hat
ſeit zwei Zayen großen Beftand erlangt.

Der Prändent der Republik hat am 4,
April, um 9 Uhr Abends, im Palaſte des
Eiyſee den Eid von den Mitgliedern des
Caſſationshofes und des Rechnungshofes
und von den erſten Präſidenten und Genes
ralprocuratoren der Appellationsgerichte ent»
gegengenommen! Nach einer kurzen An-
wrache des Hrn. Juſtizminiſters hat Louis
Napoleon folgende Rede geſprochen: „Meine
Herien Gerichtsbeamten! Obgleich ich Ihren
Eid mit Bergnugen empfange, Ddäucht mir
die Berpflichtung fur alle eonſiituirten Corps,
denſelben zu leiſten, minder nothwendig von
Seiten derjenigen, welche den edien Auftrag
haben, dem Rechte Geltung und Adchtung
zu verſchaffen. Je mehr die Obrigkeit auf
einer unbeſtreitbaren Grundlage beruht, um
ſo mehr ſoll ſie natürlicher Weiſe von Sh= -
nen vertheidigt werden. Seit dem Taͤge,
wo das Dogma der Volksſouveränetät das
Princip des göttlichen Rechtes erſetzt hat,
fann man ſagen, daß keine Regierung'ebenſo
rechtmäßig geweſen iſt, wie die meinige.
Im Jahr 1804 alg 4 Millionen Stimmen,
die Erblichkeit der Staatsgewalt in mei-
ner Famitie verkündeten, bezeichneten ſie
mich als den Erben des Kaiſerreiches! Im
Jahre 1848 riefen mich faſt 6 Millionen
Stimmen an die Spitze der Republit! Im
Jahre 1851 hietten mich faſt S Millionen
darin aufrecht. Demnach, indem Sie mir
den Eid leiſten, ſchwören Sie nicht allein
Treue einem Manne, ſondern einem Prin-
eip, einer Sache! dem Nationalwillen fel-
ber. Folgende Worte hat der Praͤſident an
die Mitalieder des Rechnungshofes gerich-
tet: Meine Herren Mitglieder des Rech-
nungshofes! Ich habe ſoeben den Eid der
Magiſtratur empfangen, welche das Organ
der Gerechtigkeit ift. Ich freue mich, zu
gleicher Zeil den Eid dieſer Magiſtratuͤr
zu empfangen, welche in der Prüfuͤng und
Controlirung der Anwendung des öffenili-
ven Vermögens die nämliche Unabhängig-
keit, die nämliche Rechtſchaffenheit, das näm-
liche Pflichtgefühl entfaltet.“

England.

London, 2. April. Die Directoren der
oſtindiſchen Compagnie haben den Beſchluß
gefaßt, im Jahre 1853 eine oſtindiſche Aus-
ſtellung in London zu veranſtalten. Die
Anreguͤng zu dieſem in jeder Beziehung hoͤchſt
intereſſanten Unternebmen geht von der
Sociely of Arts aus, welchẽ ſich mit deſ-
ſen Ausführung befaſſen wird. Man kam
überein, dieſer Ausſtellung einen durchweg
commerciellen Charakter zu geben, was na-
mentlich dadurch erzielt werden foll, daß
bei jedem Artikel der Preis angegeben wird!
Alle Producte, Kunſt- und Manufacturer-
zeugniſſe des indiſchen Reiches ſollen dabei
in möglichſter Vollſtändigkeit vertreten ſein.
Die nöthigen Einleitungen werden von der
Compagnie ohne Verzug getroffen, und wer
ihre Mittel in dieſer Sphäre kennt, und
wer ihre in Eile getroffenen Anordnungen
vom großen Ausſtellungsgebäude im Jahr
1851 ber noch im Gedaͤchtniß bat, wird
gerne eingeſtehen, daß die indiſche Ausſtel-
{ung, wie ſie jetzt beabſichtigt iſt, eine der
lehrreichſten ſein wird, die bis ietzt zu

Stande gekommen iſt.
Verantwortilcher Redacteur: G. Neichard,
 
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