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128

Nittwoch 2, Juni




— —
Berichte werden
Ausfunft ertheilt,

bie Spaltzeile in Petitfehrift 4 Ir.

heiten.
Etinen im höchſten Grade beachtenswerthen
Artikel bringt die neueſte Nummer der Times;
{br gut unterridkteter_ Diplomatifcher Corres
ſpondent aus Paris wirft das neueſte Licht
auf den Juhaͤlt der Berhandlungen, die der
Kaifer von Kußland ſelbſt bet den beiden
großen deutfhen Höfen betreibt, und gibt
gin vollſtändiges Programm der Pohuik,


malität des franzöſiſchen Kaiſerthums gegen-
über einzuhalten handelseinig werden duͤrf-
ten. Wenn ich aus den zuderläſſigen mir
gemachten Mittheilungen einen Schluß zie-
Ven ſoll, ſagt der erwähnte Correſpondeut
der Times, ſo dürfte offenbar angenommen
merben, daß die frauzöliſche Regierung bald
an der äußerſten Grenze der Zuͤgeſtandniſſe


talgrundfägen der Vettrage vereindar find
.Es iſt Thatſache, daß die franzöft-


der Kailer waͤhrend des Beſuchs des Czaren
in Wien in fehr ernfter Weiſe belchaͤſtigten
und Anfang, Mitte und Ende jeder huͤter-
redung bildeten; die Nothwendigkeit einer
feſten Allianz zwiſchen den Cabineten wurde
zu jeder Zeit hervorgehoben; noch iſt die
Erörterung nicht geſchloſſen, im Gegentheil
dauert fie noch fort im täglichen Noten
zwiſchen den Miniſtera! Sie enıhalten die
Anſichten des Kailerg von Rußland, die er
jetzt nach dem Tode des Fürken Schwarz
zenberg auch vom Wiener Hof aͤngenom-
men zu ſehen wünſcht, und zu deren An-
nahıne er das Berlıner Cabinet ſchon über-
redet hat. Einen Abriß der in dieſen Noͤ—
ten ausgeſprochenen Anſichten gibt der Corz
reſpondent in Folg.: „Wenn bei dem gegen-
wärtigen Stand der Dinge in Frankreich
der Vrinz %. Napoleon mit der höchſten
Gewalt belleidet ift, ſchon durch die Wahl
vom 10. Dee, 1848 und noch mehr durd
die vom 21. Dec. 1851, ſo iſt es au® ge-
wiß/ daß {n dieſer Thaiſache ein gelbiffer
Bruch des Wortlauts der Berträge lHiegt:
1) des Vertrags vom 11. April 1814, kraft


Eiben und Descendenten, wie für alle Fa-
nillenmitglierer allen ‚Souveränetätg = und
Herrſchafisrechten ſowohl über das franzö-
ſiſche Kaiferthum und Königreich Itaͤlien,
als über jedes andere Land entfagt hat,
2) in Folge des Verirags vom 20, Noy.
1815, fraft deſſen Deftreich,‘ Oroßbritanien,
Preußen und Rußland- fich zur vollen Auf-
rechterhaltung der ewigen Ausichließung
der Mitalieder der Familie Bonaparte von
der fouveränen Gewalt in Frankreich ver-
pflichtet baben. Wurde diefer Bruch 1ın
Jahr 1848 gedulder, fo {A der Grund da-
von der, daß die Mächte mit ihren eigenen
Angelegenheiten zu thun hatten , daß die
Verträge bis nach Deutfhland herein in
Frage geftellt waren und Curopa damals
in einer Lage voll von Gefahren und Un-
. gewißbeit ſich befand. Mitten in diejem
Zuſtaͤnd der Dinge ging die Präſideniſchaft
Ludwig Napoleons durch, ohne hemerkt zu
werden. Die Präſidentſchaft von 1848 dedkte
und beſchügte gewiffermaßen die von 1851,
und die Mächte haben keinen Grund, 1851
ſtrupoloͤfer und genauer alg 1848 zuͤ ſein;





zen (after all) nichts al8 eine faetifche Ne-
gierung, Proviforifden Charakters/ nicht le-


mehr als eine zeitweilige zu fein, und de-
ren Vorhandenſein, im Zutereffe des Frie-
Dens, als ein einfaches Ereigniß betraͤchiet
werden mag, das nicht im geringſten Graͤde
Grundfätze antaſtel! Aber wenn der ‚gegen:
wärtige Präfident der Republit Kaifer würde,
wenn er es würde durdh’s allgemeine Stimm-
vecht, ſo iſt die Frage geſtellt, wie die neue
Regierung anzufehen in, und wie ſie ſich
ſelbſt anſehen dürfte Märe eine ſolche Ver-
aͤnderung blos die des Namens, blieben die
Dinge dabei im Grunde fo, wie ſie ſind,
trüuge das Oberhaupt der Repuͤblik einfach
den Titel Kaiſer ſtatt Präſtdent, wenn {n
der That eine bloße Aenderung aͤußeret
Aucztichnung Platz griffe — zu rein per-


— Vielleicht der , lebenslänglidhe Katfer “
würde von den Mächten in derſelben Weife
angeſehen und behandelt werden, wie der
Präſident, und keine Beränderung in den
Diplomatifjchen Beziehungen wuͤrdẽ ſtattfin-
den. Es wäre im Oanzen ein ſo geringet
Unterſchied zwiſchen dem Kaiſer und Praſi-
denten, Laß die Maͤchte die Erhaltung des
Friedens des Opfers der Anerkennung werth
erachteten. Die Mächt- yolirden jedoch in
ganz anderer Weife handeln, wenn Dder
Prinz Ludwig Napoleon als Kaiſer mit dem


Erbe zu ſeyn und als ſolcher die kaiferliche


folgern zu überlaſſen, wenn er, mit Einein
Worte, mit der Behauptung auftrete, eine
Dynaſtie fortzufetzen oder eine neue zu
gründen z denn damit würde er ein Recht
an die Stelle einer Thatlache ſetzen, ſeine
Regierung aus einer factiſchen in eine be-
rechtigte (de jure) verwandeln — und das
iſt es genau (wie die Noten ausführen),
was Europa nicht zulaſſen, was es nicht
annehmen will. In der diplomatiſchen Cor-
vejpondenz, woraͤuf ich ( der Timescorre-
fpondent) anipiele, iſt Ddie beſondere eben
herührte Frage in beträchtlicher Länge er-
Örtert und einer man kann ſagen doctrinaͤ—
ren Weiſe Es wird zu zeigen verſucht, daß
eine ge facto-Regierung keine de jure wer:
den Fann blog durch das Belieben oder
den Willen des Oberhaupts dieſer Regie?
rung. Auch wird nachgewieſen, daß das


von Kaiſer Napoleon in Frankreich geſchehen
fonnte, die als ſie ſo zu handeln verſuchien,
einen Act der Anmahung begingen ; und
daß der Praͤſident im gleichen Falle wäre,
ſowie er ſich Europa als ſouveranen Erben
Frankreichs darſtellte! Es wird erflärt, Eus
ropa werde nie zulaffen, daß diefe Souve:
ränetät anders ais vom Rechte der Geburt
Dber der Etbfolge ausgeben könne oder
anders, alg Kraft eines ähnlichen Rechtes
übertragbatr ſey Die Wechſelfaͤlle von Ne-
volutionen, die Launen des allgemeinen
Stimmrecht8 mögen ein Individuum zur
boͤchſten Gewaͤlt erheben und die Mächte
hätten ſich vermöge der Verträge von 18 4
und 1815 gegen diefe Thatſacde auflaſſen
fönnen; fie haͤben es feboch nicht gethan,


Preis Halbjährıt in hewelderg: 2 fl 6 Ir


laffen, aber ohıue irgend einen der- Funda-
mentalgrundſaͤtze der europäiſchen Verfaſ-
ſung zu brechen! Die NMoten fuchen vann
weiter, die wahrſcheinliche
ſidenten mit Bezug auf Fuͤrn Schwarzen-






die von Zeit zu Zeit in halbamtlicdhen Blat-
tern erſchienenen und von gewiffen befann:
ten Agenten der franzöſiſchen Regierung


zu prüfen, worin eine Abſicht zur Annahme
der Kaiſerkrone zu entdeden ift, Es iſt fer-
ner angefügt, daß ſein Entfchluß in dieſem
Punkt undbänderlich, wie alle ſeine Ent-
chließungen ſei; daß er möglicherweiſe die
Ausfübrung des Planes auffchiebe und da-


Naͤchte erwarte, daß er aber früher oder
ſpäier damit enden werde, Kaiſer zu wer-
denz daß er in diefem Fall mit einem blo-
ßen Wahl und
den geſtellt ſein werde, daß er erblicher
Kaiſer zu werden wünſche und die Anerz
fennung in dieſer Eigenſchaͤft fordern werde-
. D, alg Fortſetzer einer Dynaftie oder





flärt, vaß für Europa bereits eine franz
Dynaftie beftehe, unDd daß, wenn auch von


Hourbonen gehöre, ſo lange ein foldher ſich
finde; feder, der ſie ſonſt auffege, würde
ein Ülurpator fein
lebenslänglih dauern und bis zu einem ge-
wijfen Lunkie eine Thatſache fein, der die
Nächte ſich unterwerfen, aber daraus ein
Recht legitimer Uebextragung abzuleiten fet
unmöglich. Wenn Curopa nach Anerken-
nung,und Zufaffung der wirktichen That-
ache, des Beſtandes einer Republik in



en Wahlgewalt auch irgend welches erb-
liche Recht
vurde Curopa die Furdamentalfäge. feines
eigenen offentlichen Gefetzes umſtoͤßen und
Souveräne wird beigefügt — die ſich


beilfeßen, würden ihren eigenen Dynaſtieen
eine tödtliche Wunde ſchlagen. Die dıplo-
matiſchen Noten halten über dieſen Punkt



den Noren der Cabinete von Berlig und
Petersburg vom letzten Februar enthalten
ſind und dabin gehen: Wenn der Prinz


veichs des Neſultat einer Abfiimmung in
allgemeinem Stimmrecht if, ſo werden die


beobachten, je nachdem dieſe Wahl . eine


oder die Anerkennung eines erblichen und


ſtimmen, die Exeeutive in Fraukreich der

uſtellen; auch folde Anerkennung würde
225 gewiſſen Umftänden ſtaͤttfinden.
 
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