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N: 198.

Dienſtag, 24. Auguſt


durd Die Poſt
Berichte werden gratis Heigegeben.
Husiunft ertheilt, die Spaltzeile in Petttſchrift Etr.


fl. 13 {r}


Preis Halbjähritm in Getvelbera: 2 fl. 6 Fr
Die
woruͤber die Erpeditlon


Die höhere — chule.

Seidelberg, 23. Auguſt. Die Kunf
des muͤndlichen und oͤffentlichen Bortrags
iſt eine wuͤnſchenswerthe Fertigkeit, die Je-
dem wohl anſteht mag er ſich was immer
für einem Stande widmen. Hält man ſie
aͤuch für den gewöhnlichen Gewerbs- und
Bülgersmann nicht für ſo unbedingt nöthig,
wie für den Geiſtlichen, Lehrer, Beamten,
Deputirten und für ähnliche vermöge ihrer
Berufspflichten mehr ins öffentliche Leben
eingreifenden Stände, ſo wird ſie doch auch
jenem vielfach nützlich werden, ſogar noch
gänzlich abgeſehen von der Annehmlichkeit,
durch eine klare und eorrecte Ausdrucksweiſe
ſich überall alg gebildeten Mann empfehlen
zu fönnen. Daher müſſen wir der Sorg-
falt, welche die vortrefflichen Lehrer unſrex hoͤ⸗
hern Buͤrgerſchule auch dieſem Zweig techniſcher
Ferligkeil widmeten, unfre vollſte Anerfen-
nung zollen. Geſchah/ wie wir ung bereits
im Berlauf der Ptoben überzeugt, hier viel
für die logiſche Denk und linguiſtiſche Aus-
drucksweife, fo gab uns der feſtliche Schluß-
act am 18, d M, auch die Gewißheit daß
man nicht beim todten Buchſtaben ſtehen

blich, Die Schüler ſind in der ſchriftlichen
Styliſtik vortrefflich geübt, ſie wiſſen ſich
aber auch — und das ſchlagen wir der
Auſtalt hoch an — mündlich ſehr gut und
fertig augzudrücen. Ein weiteres Verdienſt
unferer hoͤhern Bürgerſchule iſt, daß in ihr
auch der Geſangsunterricht eine treue Pflege
faͤnb. Es wärẽ wohl überflüſſig! über den
gewaltigen Einfluß, den der Geſang auf
die moraliſche Volkserziehung und nament-
lich auf die Gefühlsbildung ausübt, Dhier
in weitläufige Erörterungen einzugehen. Die


anerfannt und im ganzen Großherzogthum
befindet ſich ohne Zweifel nicht eine einzige
Schule, in der er vollig vernachläſſigt würde.

Haben wir mit Verſtehendem bereits an-
gedeutet, daß die Leiftungen der Schüler in
der Schlußfeier am 18 Auguſt dem ge-
fammten Lehrerperſonal Unferer höhern Buͤr⸗
gerfchule zu größter Chre "gereichen ‚und
dies von den aͤußerſt zahlreich verſammelten
Gaͤſten einflimmig anerkannt wurde, ſo er-
übrigt nur noch, das Hervorragende na-
menflich zu bezeichnen. Es ſind die Vor-
trage Der Schüler ©& Brecht, 9. Thieſe,
Megler, Ickrath, Hübſch, vnd befonders dee
Sstat - Preftinart, der das ſchoͤne Gedicht
„Begeifterung“ von Zedliß wit, Innigkeit
Ind Gefuͤhi vortrug. Ein ſpeeielleres Ein-
„geben;auf die in 4 Ahtheilungen gebotene
Feter geftattet uns der Raum Nicht, da wir
ſier noͤch einen Gegenſtand von ſehr ern-
ſter Bedeutung zur Sprache bringen wol-
len, nämlich die von dem um das Aufdlü-
hen der höhern Bürgerſchule hochverdien-
ien und unermüdlich thätigen Herrn Direc-
tor und Profeſſor Dr. G. Weber in ſei-
ner Schlußrede behandelten alten und
neuen Erziehungsmwege.”

Eine immer klarere Verſtändigung des
Verhältniſſes der Schule zum Leben und
zum elterlichen Hauſe iſt in unferer Zeit,
die man eine Zeit des Verbeſſerns, des

Aufbaues nennen kann, dringend wünſchens-
werth, um durch dieſe Klarheit über Ziel
und Endzweck der Lehrananſtalten hemmen-
den Mihverſtaͤndniſſen und nachtheiligen
Experimenten vorzubeugen. Der Unterricht,
der den Grund zu dem Geiſtesleben des
kommenden Geſchlechtes legen ſoll, kann
nie ſorglich genug gepflegt werden, unD
deshalb iftes Pflicht der Lehrer, ihre durch
eigene Praxis und durch die Erfahrungen der
Geſchichte gezeitigten Anſichten ausuſpre-
chen. Hievon ausgehend charakterifirte Hr.
Direeior Dr. Weber in ſeinem von tie-
fem Verſtändniß des Geiſtes der Geſchichte
zeugenden Voͤrtrag den Entwicklungs-
gang des Unterrichteweſens von der Sqo-
laſtil des 15. Jahrhunderts bis herauf in
die juͤngſte Vergangenheit und zeigte, wie
man vom ſtarren alien Humaniemus
zum faſt verweichten neuen Du mants-
mug und von diefem zum Realismus
überfpringend nach einer geeignefen Schul-
theorie rang, öhne hier oder dort die
richtige Erziehungsweiſe gefunden zu haben,
welche die Begriffe einer allgemeinen Men-
ſchenbildung mit den nöthigen Rückſichten auf
den künftigen Stand und Beruf der Schüler
ausgliche. Der alte Humanismus hatte der
todten Form den Geiſt geopfert; der neue
Humanismus verlor ſich in eine iDeale
Richtung; und der Kealismus brohte die
Schule in eine Werfkftätte zu verwan-
dein. Hatte man früher über Grammatik
und lateiniſche Vocabeln alles praktiſche
Wiſſen vernachläſſigt, ſo getieth man jeßt
auf das entgegengejeßte Ertrem und über-
häufte die Jugend mit einer Naſſe realer
Kenntniffe ohne gehörig zu Prüfen, ob guch
der Boden genügend. beftelt und zur Auf-
nahme faͤhig feiz die neuern Sprachen tra-
ten an tie Stelle der alten in den Vorder-
grund, ‚man „benußte ſie aber richt durch
Hervorhebung der algemeinen Sprachge-
feße alg Buͤdungsmittel des Denkvermö-
gens,. foͤndern fuchte durch bequeme Metho-
denund. Gedächtnigübungen Fertiakeit im
Sprechen zu erzielen und beſörderte dadurch
Sderflaͤchlichteit und Unklarheit, —

Der Kedner findet den Mangel des Re-
alismus Ddarin, daß man das ethiſche Ete-
ment der Menſchenbildung nicht hoch genug
anſchlug, daß man dem Seelen» und Ge-
müthsieben zu wenig Rechnung trug, daß
man Verflandesbildung und Praftijhe Ge-
ſchicklichkeit als hoͤchſtes Ziel aufftellte., Die
Foͤlgen davon ſchildert ‚er in Meiſterzügen
mit eindringlichfter, Berfiandesfhärfe ; eben
ſo auch die Mibgriffe, welche bei der Pflege
der ſchönſten Pflanze des Humanismus, bei
den Volksſchulen ‚nämlid , zum Vorſchein
famen, Mit Recht erkennt er, dabei dem
Chriſtenthum volle Rechnung tragend ,{n
den kirchlichen Nebergriffen ein Haupt-


klaſſiſche Formaliemus, noch der praktiſche
Realismus, noch auch die ſtreng kirchliche
Bildung in ihrer einſeitigen Methode,
obgleich jedel von dieſen Richtungen eine
lebensfähige Berechtigung zu Grunde liegt,
tönnen aͤls die richtigen Wege zur Volts-
und Menſchenerziehung angeſehen werden.

*

Man muß ein neues Element herbeiziehen,
welches den weltbürgerlichen Standpunkt des
Humanitätsprincips mit der Gegenwart
vermittelt, dem Realismus die lethiſche
Grundlage und der chriſtlichen Religions-
lehre den praktliſchen Boden bietet. Dieſes
neue Element iſt in einer national-ges
ſchichtlichen und in einer vatexlan-
diſch⸗literariſchen Erziehung zu finden.
Letztern Bunkt erläutert und motivirt der
gelehrte Redner in der zweiten Hälfte ſeines
Vortrags mit ſchlagender Klarheit, und wir
erlauben ung, hier den Wunſch auszuſpre-
chen, e8 möge die ganze Abhandlung, die
wir als einen höchſt verdienſtlichen Beitrag
zur Kenntniß und Förderung des Volls
ſchulweſens beirachten, recht bald durch die
Preſſe der Oeffentlichkeit übergeben werden,
uͤm in den weiteſten Kreiſen Beherzigung
— ß ir der H

Schließlich geben wir der Hoffnung Raum,
daß Eltern und Vormuͤnder * Soͤhi
gum. Beſuch der Ferienſchule! welche ein
Theil der Lehrex während der gefeßlihen
Ferienzeit fortführt, anhalten mögen ; denn
es wirkt höchſt nachtheilig auf die Jugend
und die Fortſetzung des Lehreutſus, wenn
die Knaben wochenlang in geiſtiger Unthä-
tigkeit und nur der Unterhaltung lebend,
einen Theil des im alten Schullahr Ge-
lernten bis zum Beginn des neuen wieder
vergeſſen.

Deutſchland.

Heidelberg, 23. Aug Am verfloſſenen
Samſtag verweilie der Erzbifchof von Paris,
Miar. Sibour, einige Stunden in unferer
Mitte, um die hiefigen Kirchen, die Schloß-
ruinen, die Neckarbrücke und andere Sehens-
würdigkeiten der Stadt in Augenſchein zu
nehmen. — Auf der am 20, zu Mannheim
gezogenen Liſte der Hauptgeſchworenen und
Erfatzmänner für die Schwurgerichtsfißung
des drilen Ouartals 1852, finden wir von
unſern Mitbürgern als Hauptgefhworene .
Kaufmann Joh Gottl. Freudenberger Ge-
meinderath Michacl Abel. und Kaufmann
Friedr. Landfried.

Aus Baden, 20 Aug! ($.13.). Die
Nachrichien über. den Sland der Hopfen
lauten bis jetzt ſehr vortheilhaft; wenigſtens
ſtehen fie ſehr üppig und verſprechen eine
reiche Ernte. Freilich bedürfen ſie noch ſehr
guͤnſtiger Witterung, wenn die Ernte {o voll-
ſtändig gusfallen ſoll, als es ihr Wachs-
thüm möglich machen würde

Bonr Schwarzwald! 20. Aug. druͤckt
ein Correſp. der K. 3, die Hoffnung aus, das
Entwaffnungsgeſetz werde der häufigen nicht
ſelten mit Raub und Diebftahl verbundenen
Wilterei ein Ende machen/ da daſſelbe in
Räckſicht auf die allgemeine Sicherheit das
Recht des Waffentraßens insbeſondere auch
an.einen guten Leumund kaupft.

Aus Lahr, 19. Aug, berichtet man der
B, Uztgiz Unter den freundlichen Höhen
und Bergen, welche verſchoͤnernd, bereichernd
ſchützend unſere Stadt umgeben, ſteht Dder
Altoater im erfter Neihe, Seinen Scheitel
decft ein herrlicher Buchen und Zannells
mald, aus deffen Neberfluß die Stadt all-

f
 
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