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N‘ 226.

Samſtag, 25. September

1852


durch die Poſt



Afl.
Die Landwirthſchaftlichen


Ch. F. Wetzel.

Die Glocken des Burgſchioſſes Zwingen-
berg, welche ſeit dem Trauergeläute für
unſern unvergeßlichen Großherzog Leopold
in ſtiller Ruhe ſchwiegen, ſtimmten am 16.
d. auf's neue ihre Klagetöne an; ſie gal-
ten der Beerdigung des markgräflich bad.
Forſimeiſters Eh. F. Wetzel, weichem die
&, 3. folgenden ſchönen Nachruf widmet:
Seit dem Tode unſeres gütigen Landesfür-
ſten, mit welchem der Verblichene in naͤhe-
rer Beziehung ſtand, ſchien auch bei ihm
der Keim des Todes Wurzel gefaßt zu ha-
ben, und der Gedanke an denſelben trübte
mehr als einmal ſeine heitere und gemüth-
liche Stimmung. Sein körperliches Leiden,
das, zum Glück für ihn, nicht heftiger Na-
tur zu ſein ſchien, veranlaßte ihn zum Be-
ſuche des Bades Langenbrücken, wohin er
ſich im vorigen Monat begeben hatte! Dü-
ſtere Gedanken und Ahnung eines nahen
Todes hatten aber feine ſtarke Seele ſchon
ergriffen; vor ſeiner Abreiſe begab er fich,
noch ſcheinbar gefaßt, doch ohne Zweifel
mil gebrochenem Herzen, auf die Ruheſtätte
des Dorfes Zwingenberg, und wählte dort
jenes kleine Plätzchen aus, das ſeiner irdi-
ſchen Hülle zur ewigen Ruheſtätte dienen
ſollte; denn bei ſeinen ihm vorangegange-
nen Angehörigen wollte er ruhen, wollte im
Tode noch bei ihnen ſein, wie er es im
Leben als Muſter eines Familienvaters
war. Die Badecur in Langenbrücken foͤr⸗
derte ſcheinbar ſeine Geſundheit, und ſchon
freute ſich der Verblichene, innerhalb weni-
ger Tage mit geſtärkter Geſundheit in ſei-
nen Familienkreis zurückkehren zu können;
im Rathe der Vorfehung war es anders
beſchloſſen. Am 13. d., Abends, ſaß der
Verblichene im geſelligen Kreiſe der Bade-
geſellſchaft in Langenbrücken, um die ge-
wöhnliche Stunde begab er ſich zu Bette,
um — nie wieder zu erwachen. Am Mor-
gen fand man ihn entfeelt in ſeinem Bette;
Alles ließ den ſichern. Schluß ziehen, daß
ſeine letzien Augenblicke kein Kampf mit
dem Tode waren. Sein Wunſch, im Kreiſe
feiner Angehörigen zu, ſterben, ſollte nicht
erfüllt werden; aber die heimathliche Erde
— denn durch einen 39[jährigen Aufenthalt
war Zwingenderg ſeine Heimath geworden —
ſollte dennöch ſeine irdiſchen Ueberreſte aufbe-
wahren Wie groß die Theilnahme an dem Ver-
luſte dieſes Mannes war, bewies die zahlreiche
Leichenbegleitung, die trotz des ungeſtümen
Weiters aug nah und fern herbeieilte z aber
auch gar manches Auge ſah man voll Thrä-
nen der Dankbarkeit. Der Verſtorbene war
ein treuer Diener ſeines Fürſten, ein Freund
und Wohlthäter der Menſchen, ein glück-
licher Familienvater, deſfen auch manche
Herzen in der neuen Welt mit inniger Rüh
rung gedenken werden. Was er als Forſt-
mann war und wirkte, davon ſprechen ſeine
Schöpfungen, und wir ſagen nicht zu viel,
wenn wir der Ueberzeugung ſind, daß ſo-
wohl in dieſer, ſo wie in manch anderer
Beziehung ſein Verluſt unerſetzlich iſt. Dem
Erbauer der St. Pauls-Kirche in London
hat man auf ſeinen Leichenſtein die Worte
geſetzt: „SI monumentum quaeris, cireum-

spice“, Ein ähnliches Wort könnte man auf
das Grab Wetzel's ſchreiben, um ſein Wir-
ken alg Forſtmann zu bezeichnen. Als
Menſch und Menſchenfreund hinterläßt er
ein unverlöſchliches Andenken. Darum Friede
ſeiner Aſche! !

Deutſchland.

Aus dem Mittelrheinkreiſe. Unter
dem Titel /Practiſche Anleitung zur eige-
nen gerichtlichen Betreibung ſeiner Schuld-
forderungen 2e., bearbeitet von Franz Zach-
mann, Karlsruhe, Druck und Verlag von
J. Scholer“ erſchien dieſer Tage ein Werk-
chen, welches ein längſt gefühltes Bedürf-
niß befriedigt, und auf welches die Bad.
Landesztg. die Aufmerkfamkeit des Handels-
Gewerbs- und Landmannes hinlenkt. Die
neue Proceßordnung ſucht zwar es dem
rechtſuchenden Bürger möglich zu machen,
minder verwickelte Rechtsſtreitigkeiten ſelbſt
zu führen; allein es fehlte bisher eine prae-
liſche Anleitung, welche denſelben mit den
gewöhnlichſten einfachern Formen des Pro-
ceßverfahrens bekannt gemacht hälte. Hof-
gerichtsadvocat Achert ließ in frühern Jah-
ren ein dieſen Zweck anſtrebendes Werk-
chen im Druck erſcheinen. Durch die Ein-
ſührung der neuen Proceßordnung iſt daſ-
ſelbe jedoch in mancherlei Hinſicht unprae-
tiſch geworden. Das ohenbeſchriebene Werk-
chen hat fene Aufgabe auf das Ueber-
raſchendſte gelöst, Klar und bündig in der
Form, ſtellt daſſelbe mit Saͤchkunde verkoͤr—
pert die gewöhnlichſten Formen und Regeln
des neuen Proceßverfaͤhrens, insbeſondere
die des bedingten Mandatsproceſſes und
des Vollſtreckuͤngsverfahrens vor Augen.
Der Verfaſſer hat ſich dadurch ein Recht
auf den Dank ſeiner Mitbürger erworben.
Indem wir dieſes practiſche Büchlein dem
Publikum auf das Beſte zu empfehlen uns
veranlaßt fühlen, machen wir ſchließlich noch
auf die Reinheit und Schönheit des Dru-
ckes aufmerkſam. ;

Mannhein, 22. Sept. (B. £) Die
Höhe des Rheins am Pegel weist faſt 10
Fuß über Mittelwaſſer. Die Ufer unter-
halb der Brücke ſind überſchwemmt, der
Verkebr vom Ufer mit den Dampfbooten
geſchieht auf Kähnen, die Gärten und Fel-
der bei Ludwigshafen ſind unter Waſſer,
der dortige Rheinhafen bis zum Rande gefuͤllt.

Konftanz, 22. Sept. (E. 3 Die für
hieſige Stadi und Umgegend wichtige Herbſt-
meſſe hat vorgeftern begonnen und fuͤhrte
an dieſem Hauͤpitage, begünftigt durch ſchö-
nes Wetter, eine unglaublide Menge von
Beſuchern hieher, ſo daß ein äußerſt reges
Leben herrſchte, und die Verkäufer, deren
ſich ſehr viele eingefunden hatten, ganz gute
Sefchäfte machten! Es ſind eigentlich drei
Meſſen, naͤmlich eine auf der Varttſtaͤtte,
eine außerhalb der Zollinie, und eine in
dem nahen Kreuzlingen. Da wogte denn
die Menge von einem Markte zum andern,
was in Verbindung mit den reichlich vor-
handenen Schaubuden, Seiltänzern u dal
ein gar buntes Bild gab. Das Dampfſchiff.
welches Abends die über den See herge
kommenen Beſucher zurückführte, war ſſo


überfüllt, wie man es ſeit vielen Jahren
nicht geſehen bat. Geſtern und heute iſt es
ſtiller! doch nimmt die Meſſe einen ganz
erfreulichen Fortgang.

Frankenthal, 20. Sept. Heute endete
das Zeugenverhör ın der wahrhaft rieſen-
artigen Wucherprocedur gegen den Israe-
liten Jakob Wolf, welde nun ſchon volle
18 Tage die Thätigkeit des hieſigen Ge-
richis in Anſpruch nahm. Hierauf begann
die Vertheidigung,/ geführt durch den Rechte-
candidaten Uebel. Der Strafantrag wird
morgen erfolgen.

Wiesbaden, 21. Sept. (N. A, 3.) Bei
Gelegenheit der Naturforſcherverſammlung
ſoll auch in der katholiſchen Kirche, da man
dazu eines ſehr hohen Raumes bedarf, die
Umdrehung der Erde veranſchaulicht wer-
den; wenißſtens iſt die Erlaubniß dazu von
Seiten des Kirchenvorſtandes ſofort criheilt
und dieſelbe auch von dem Herrn Bifchof
von Limbarg gutgeheißen worden.
München, 21. Sept. Die Zolleonferenz
hielt, wie die A. A. Ztg. berichtet, geftern
idre Schlußſitzung. Leider konnte der Herr
Miniſterpräſident v. d. Pfordten derſelben
wegen Unwohlſeins nicht mehr anwohnen,
und iſt in vergangener Nacht noch mehr
erkrankt. Die Nachricht hieſiger Blätter, alg
wäre die päpſtliche Eonfirmaͤtion der koͤnig-
lichen Ernennung des Domdechants von
Keindl zum Coadjutor des Erzbiſchofs von
Bamberg aus Rom bereits hier eingeiroffen,
iſt irrig.

Aus dem Weimariſchen. (Lpz. Ztg.)
Unſere Regierung hat eine mit dem 1, Dei.
in Kraft tretende Verordunng erlaſſen, wo-
nach in Zukunft nur ſolchen Leuten die Con-
ceſſion zur Beförderung von Auswanderern
nach uͤberſeeiſchen Häfen ertheilt wird, die
im Stande ſind, über ihre Vermögensver-
bältniffe wie über eine gute Aufführung im
Augemeinen die erforderlichen Belege bei-
Außderdem beſtimmt die Ver-
ordnung die einzelnen Punfkte, die in den
ſchriftlichen Verträgen der Agenten mit den
Aus wanderern enthalten ſein müſſen, ſowie,


aufgeſtellten Verträge verlangen kann So-
bald gegen eine beflätigte Agentur gegrün-
dete Beweiſe vorliegen daß ſie Auswaͤnde-
rer durch Vorſpiegelung unwahrer That-
ſachen, oder durch Betrügereien anderer Art
hintergangen hat, ſoll ihr ſogleich die er-
theilte Conceſſion wieder entzogen werden!

Berlin, 19. Sepibr. (A. A, 3. Zur ‘
richtizen Beurtheilung des Schrittes, den
Peeußen am 17. Sept, in der Zollvereins
ſache gethan, wird man ſein Ohr vor den
Phralen geſchloſſen halten müſſen, die in *
der Preſfe ſchon überall von „der Rettung
der preuhiſchen Ehre“ und dem „endlichen
Bruch mit der Eoaͤlition? überſtrömen. Die
preuhiſche Ehre iſt in der Zollvereinsfrage
nie gefährdet geweſen, und am 17. Sept.
iſt preußıfherfeits nichts weniger als ein
Bruch mit der „Coalition“, d, h. den Zoll-
vereinsgenoſſen Preußens bis zum 1, Jan
1854 proclamirt worden, ſondern lediglid
dasfentge gefhehen, waͤs nach dem Urtheil
der fachtundigften Fadhmänner auch gleich
 
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