N 34
Mittwoch, den 17. März
1852
Deutſchlaud.
Frankfurt, 13 März. Der Ausſchuß-
bericht in der kurhefſiſchen Verfafſungeange-
legenheit iſt bereitg in verſchiedenen Ab-
drücken unter die einzelnen Bundestagsge-
Jandren vertheilt worden. Wie wir aus
zuverläſſiger Quelle erfahren, lauten die
Anträge folgendermaßen; Hoͤhe Bundes-
berfammlung wolle erklären: 1) daß ſie
das Verfahken der Bundescommiſſäre in
Kurheſſen genehmige; 2) daß ſie den Re-
gierungen don Oeſterreich und Preußen
für ihre föderativen Beſtrebungen zum leb-
bafteften Danke verpflichtet ſei; 3) daß ſie
von der Nothwendigkeit überzeugt ſei, der
bisherigen Landesverfaſſung eine andere zu
fubfiituiren, und daher die Erwartung hege,
daß die kurfürſtliche Regiexung für baldige
Erlaſſung einer ſolchen Fürforge treffen
werde. (& 3
Frankfurt, 14, März. Erſt geſtern Abend
iſt der großbritanniſche Geſandte beim Bun-
destage Sir Alexander Malet, von Stutt-
gart, wo derſelbe ſeine Abberufungsſchrei-
ben überreicht, wieder hier eingetroffen.
2 e SDW 3
Fraukfurt, 15. März. Die „Hannovo,
Zeliung“ enthält das Sinladungsfhreiben
zu einer Flotteneonfexenz, welches Hanno-
ver am 29. v. an ſämmtliche deutſche Re-
gierungen mit Ausnahme Oeſterreichs und
Preußens, ſowie Holſteins und Luxemburgs,
gerichtet hat.
Schweiz.
Beru, 9. März. In der Notenangele-
genheit beftätigt auch der Bund die Wahr-
ſcheinlichkeit friedlicher Löfung: „Es foll
nun endlich die Endantwort der franzöſi-
ſchen Regierung dem Bundesrathe überge-
ben und durch dieſelbe die von dieſer Be-
hörde eingehaltene Politik vollkommen ge-
rechtfertigf worden ſein. Frankreich ſcheint
ſich mit den erhaltenen Auskünften zuſrie-
den zu geben und von Forderungen abzu-
ſtehen, welchen die Schweiz nie entſprochen
haben würde und nie eniſprechen konuͤte.
Es bleibt ſomit nur noch zu wünſchen, daß
der BundesrathH vurch Veröffentlihung ſei-
ner Antwort dem Schweizervolle zeige, in
welcher Form er feine und der Eidgenof-
ſenſchaft Würde und Selbfiftändigkeit zu
wahren wußte.
Baſel, i3. März. Es iſt hier ein Trans-
port von ungefähr 200 Flüchtlingen ange-
kündigt, welcher aus Genf kommen wird.
James Fazy hat ſich alſo den Anorduunz
gen des Bundesraths gefügt. — Den 11,
d, M., früh gegen halb 5 Ubhr, wurde in
Sraubünden ein ſtaͤrker Erdftoß, in der
Richtung von Weſt nach Oſt verſpürt.
Italien.
Neapel. Der König hat 246 politi-
ſher Verbrechen wegen Augeklagten die
Strafe nachgeſehen; 151, die verhaftet wa-
Ven, ſind ſogleich in Freiheit geſetzt worden.
Aus Oberitalien, 5. Maͤrz ſchreibt die
Lepz 3tg.": Die Verhäliniffe Oeſterreichs
ur Schweiz ſind ſeit einiger Zeit verſöhn-
licher Ratur geworden, und die ſirenge Bee
Wachung der Grenze längs der Kaͤnton-
eſſin und Graubünden hat, wenn auch
hicht aufgehört, doch ſich fühlbar gemildert.
Es iſt den fhweizer Landleuten wieder ge
ſtattei, die Märkte von Como und Chiavenna
Begen eine von dem Militärcommando der
Grenzſtalion ausgeſtellte Legitimation zu be-
ſuchen, und diefelbe wird ohne deſondere
Schwierigkeiten ertbeilt. Von Seiten der
den gerechten Reelamationen Oeſterreichs zu
genügen, und nicht allein in Betreff der po-
iitiſchen Fluͤchtlinge, die fämmtlich ausge-
wieſen ſind, fondern auch in Betreff des
Schmuggels, indem mebrere große Waaren-
bepots, welche in Lugano und Bellinzona
zu dieſem Zweck ganz offen gehalten wur-
den, geſchloſſen werden mußten, Zuletzt hat
ſich Tefſin verpflichtet, alle Deferseure aus-
zuliefern, dexen es hauptſächlich von unga-
riſchen Regimentern nicht wenige gegeben
haͤt und noch aibt.
Frankreich.
XParis, 12. März, Abends 6142 Uhr.
Armand Marraſt, der Präſident der conſti-
tuirenden Verſammlung und einer der Haupt-
urheber der Verfaſſung von 1848, iſt heuͤte
daß dieſer Todesfall, obgleich Marraſt —
ſo zu ſagen — politiſch ſchon lange todt
war, unter den jeßigen Umſtänden großes
Aufſehen erregt hat! Die Regierung haͤtte
ſogar große Vorſichtsmaßregeln gekroffen,
um jede Manifeſtation zu vethindern. Nicht
allein begleiteten eine große Anzahl Poli-
zeiagenten die ſterblichen Ueberreſte des ehe-
maligen Präſidenten zu ſeiner letzten Ruhe-
ſtätte, ſondern hinter einer Bretterwand,
die den Kirchhof von einem freten Platze
trennte, war auch ein Infanterieregiment
mit geladenen Gewehren aufgeſtellt, um bei
der geringſten Ruheſtörung einzuſchreiten,
ter der republikaniſchen Partet! die alle,
zum wenigſten die, welche in Paris ſind,
auf dem Kirchhofe anweſend waren! Ca-
vatgnac, DHayin, Corbon und Marie (die
Republik, die Conftitution [Corbon, Mit-
glied dex BVerfaffungscommiffion des Jaͤh—
res 18481, die „Preſſe“ und die provifori-
ſche Regierung) trugen die Enden des
Leichentuches. Der Erzbiſchof von Paris
begleitete nicht in Pexſon den Leichenzug;
er hatte ſich durch ſeinen Generalvicarius
vertreten laſſen, der ebenfalls ein ſehr frei-
ſinniger Mann iſt und der gemäßigt repu-
olikaniſchen Partei angehört! Auͤßer dem-
ſelben folgten noch viele Geiſtliche den ſterb-
lichen Ueberreſten Maryraft’s, die, wie ge-
ſagt, auf dem Kirchhofe Montmartre beige:
ſeßzt wurden. Am Grabe ſelbſt wurde kekne
Rede gehalten; es wurde ſogar Niemand
zugelaſſen, um dem Verſtorbenen eine Scholle
Erde nachzuwerfen. Marraſt wurde, von
Polizeiagenten und Todtengräbern umge-
ben, in die Gruft hinabgeſenkt. Die An-
weſenheit des Senators Vieillard fiel all-
gemein auf. — Der „Moniteur“ enthaͤlt
heute’in ſeinem aintlichen Theile nur eine
lange Reihe richterlicher Ernennungen für
baris, die Departemente, Algier, Sraͤn—
— Der Union! zufolge iſt in einem Mi-
niſterrath die Bildung einer Commiffion
Leſchloſſen worden, welche über die GOna-
dengeſuche und die Vetition von Familien
lolcher perſonen entſcheiden ſoll, die von
den Departementaleommiſſtonen zur Depor-
atien nach einer Strafeolonie verurthetit
worden oder unter polizeiliche Ueberwa-
gunge geftellt' ſind. Eine, Berichtigung
im „Moniteur“ ertheilt den 3 nichtfatholi-
(hen Seiftlichen ihren Platz im oberften
Unterxichtsrathe. **
Eugland.
London, 11. März. Die Neuwahlen,
welche durch den Eintritt des Grafen non
Derby und ſeiner Collegen in das Mini-
ſterium nöthig geworden ſind, nehmen ih-
ren ungeſtörten Verlruf. So ſind nun auch
Capitän Duncombe, einer der Lords der
Admiralität, der Solicitor=general George
Bankes, der Kriegsſeeretär Major Beres-
ford, Whiteſide, der Sollicitor=general für
Irland, Henley, der Handelsminiſter, In
Caſt-⸗Riding, Dorſet, Northeſſer, Enniskil-
en in Orfordſhire wieder gewählt; nur
Whiteſide hatte über eine ſtarke Oppöſition
zu fiegen. Hinſichtlich der Mebden, welche
die Mitglieder der neuen Verwaltung bei
dieſem Anlaß an ihre Wähler gehalten ha-
hen, iſt etwa nur die Erkflärung des Ma-
jor Beresford bemerkenswerth, da das Ca-
binet entſchloſſen ſei, ſofort zur Auflöſung
des Parlaments zu ſchreiten, wenn ſich in
demſelben eine beftigere Oppoſition regen
ſollte; dieſe Auflöſung wird dann um die
Zeit der Oſtern erfolgen, Rückſtändig ſind
noch die Neuwahlen für Disraeli und Chri-
popher. Die Suͤbſeription für die Anti-
korngeſetzligue belaufen ſich heute ſchon auf
nahezu 50,000 Pfd. St,;5 das Varlaments-
mitglied James Pilkington und Oliveira
haben jedex 1000 Pfund Sterl. gezeichnet.
Nächſten Mittwoch den 17, d M., wird
in der Amtswohnung des Grafen . Derby
der erſte officielle Empfang ſein. Der neue
Vieekönig von Irland, Graf von Eglinton,
hat geſtern zu Pferd, ein großes Kleeblatt
auf der Bruſt, von einem glänzenden Stab
umgeben, ſeinen feierlichen Einzug in Dub-
lin gehalten.
Rußland
Warſchau, 5 März. Wie der Corre-
ſpondent des „Czas? von hier meldet,
würde dem Eintreffen Sr. Mar des Kai-
ſers von Rußland entgegengeſehen.
Feuilleton.
Ein deutſcher Edelmann.
Fortſetzung)
Was Adalbert vorausgeſehen, traf auf das
genaueſte ein. Vier Stunden ſpaͤter kehrte der
Hote von Verſailles zurück und aberbrachte ihm
ein Billet der Marquife, welches alfo lautete :
„Obgleich ich Ihren Verluſt aufrichtig bektage,
verr Graf/ fo fühle ich doch zu lebjaft, wie
derungen zu genügen, welche Sie an Ihre kuͤnf-
tige Gaͤttin zu ſtellen belieben, und muß deß-
yalbrauf die Chre, Ihnen anzugehören, verzich-
ten. aura v. Remoulins.“ }
Mit einer Miene der tiefſten Verachtung warf
Adalbert das Vapier von ſich. — Maoͤke ij
abgefallen! rief er höhnifch aus. Die ſchöne,
tüseriſchẽ Hülle barg ein herzloſes, ehrvergef-
ſenes Gefhöpf! Ja, Du hatteft Recht, Du finz
ſterer Greis von Ia Villette: die Gauner und
Schufte haben jetzt die glänzendften Ausſtchten
in Franfreich! — Aber das ift die Strafe, daß
ich Deiner vergeffen, Helene! fuhr er nach einer
Pauſe fort, ſchmerzlich naͤch der Gegend hin-
Ich habe diefe
Strafe zehnfach verdient und darf mich nicht
beflagen, wenn Du den Prahler, der ſich rühmte,
allen Lockungen der glänzenden Hauptſtadt mi-
derſtehen zu Fönnen, fortan nur, verachteft!
Bet der Erinnerung an die Freundin ſeiner
Jugend und die Heimath fielen ihm plotzlich
all die räthfelhaften, fantaftifchen Erſcheinungen
auf dem Maskenball ein, welche er über dem
Schmerz, von der Marquiſe ſo ſchändlich be-
trogen worden 21 fein
— w n
orden zu fein, faſt vergeſſen hatte. D