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Die Moſchee ift achtekig, aus einem bläu-
lich-weißen Marmor erbaut; über dem heiligen
Stein, auf welchem Jakob träumte, und von
wann Mahommed zum Himmel emporſtieg.
Sie iſt eine von den zwei Tempeln des Joͤ—
lam; der andere ſteht in Mekka. Dieſe Tem-
vel ſind durch die beſondere Gegenwart des
Propheten geheiligt, und nur den Rechtgläu-
bigen zugänglich. Gewöhnliche Moſcheen ſind
bloße Andachtsorte, und die darf auch ein Un-
gläubiger betreten, wenn er nur die dumme
Unduloſamkeit der Gläubigen nicht ſcheut.

Das ſchöne Gebäude ſteht in einem umfrie-
deten großen Raum von grünem Rafen, rings
mit Arkaden umzogen. Oelbäume, Orangen
und Cypreffen faſſen den Hof ein, und dieſer
iſt ein Stück Himmel hier unten für den
Moslem, der von Morgen bis Abend in dem
weichen Schatten träumend liegt. Er iſt ihm
ein Borgeſchmack des Paradieſes, nur daß die
Huris fehlen. Denn wiewohl die Moſcheen
den Frauen nicht verboten ſind, ſo hat Ma-
hommied doch gefagt! ſte thäten beſſer ſich die
Gebete in ihren Gemächern von Eunnchen
vorleſen zu laſſen.

Ueber dem malerifchen Helldunkel der Stadt
ſchwebt die Moſchee wie ein Himmelstraum
feibſt für den ungläubigen Abendländer.

Sie hat viele Eingänge, und wenn man
unter den dunkeln Bogengängen der Straßen
fchlendert, und in eine lange düſtere Perſpec-
tive nebenan hineinſchaut, gewahrt man plötz-
lich am Ende derſelben das beſonnte Grün des
Moſcheegrundes, fühlt den verſtohlenen war-
men Lufthauch, der einem daraus entgegenweht,
und ſteht die Männer, Weiber und Kinder
unter den Bäumen beten.

Oder bet Sonnenuntergang ſchreiten die

— SGruppen ehrwürdiger Moslem, vom Gebet
zuruͤckkehrend, die Straße herab, ganz fo aus-
fehend wie jene bärtigen und beturbanten Schrift-
gelehrten, die auf allen Bildern um den Tem-
pel wandeln der einſt auf dieſer Stelle ſtand.“

Die Eroberung von Taulouſe.
(Fortſetzung)

In dieſem Augenblicke wäre es um Teulouſe
geſchehen geweſen, hätte Montfort nicht die
tapferen Bateliers der Stadt, die Unerſchro-
ckenſten aus der ganzen Kaufmannsgilde/ vor
ſich gehabt. Sie treten mit ihren Eiſenpanzern
den Speeren der Ritter entgegen, paͤcken ſte
am Helm, Viſir und Bruſtharniſch, reißen ſie
vom Bferde, werfen ſte zur Erde und laſſen
ſie durch ifre eigenen Roſſe zertreten. Die
von den Rütern zurücgedrängte Menge wogt
wie das fluthende Meer nach einem von der
Feuersbrunft eingeſchloſſenen Winkel des Bla-
Be8, doch bald brauſt ſie wieder gegen Mont-
fort an und treibt ihn zuruͤck. Endlich erſcheint
auch David Roaix wieder und mir ihm die
Wuth ſeines Muthes; er erſcheint, und wenige
Minuten darauf muß Montfort ſein Pferd
herumwerfen und die Flucht ergreifen. Wüthend
über ſeine Niederlage, jagt er dem ZhHore Sar-
daͤne zu, aber auch hier können die Männer
auf ihren eiſernen Roſſen nicht die erreichen,
die ſte erwarten und werden von den Häuſern
herab ınit Dachziegeln, Balken, Mauerſteinen
und ausgebrochenen Thüren empfangen. —
Endlich bricht die Nacht herein, Montfort
verzweifelt und kehrt langſain nach feiner Veſte
zuͤrück. Er reitet in das ſchon lange von dem
Bifchof befetzt gehaltene Narbonner Schloß
ein, er veitet mit einem Herzen voll Wuth,
Bläffe auf feinen Zuͤgen und Drohungen auf
feinen Lippen, und laͤßt die Bürger und Ba-
rone vor ſich kommen, deren er ſich am Mor-
gen verraͤtherſſcher Weiſe bemächtigt hat. —
Aber die Bürger ſind Meiſter der Stadt, ſie
loͤſchen das Feuer, ſtellen die Barrieaden wie-
der her und erwarten den Lag mit ſeinen

neuen Kämpfen ſt ehenden Fußes. Doch ſollte
dieſer Tag nur neuen Verrath bringen.
9

Kaum glaublich wird es erſcheinen, aber es
ſteht hiſtoriſch feft, daß Foulques, nachdem er
ſchon fo oft die Toulouſer getäuſcht, ſte auch
jetzt noch verrathen konnte; und ſo geſchah es.
Denn kaum war der Kampf beendet, ſo kamen
Boten über Boten vom Biſchof in die Stadt;
aber nicht Unterwerfung forderte er, ſondern
ließ ihnen nur anzeigen, ſie koͤnnten getroſt
mit Montfort unterhandeln; nicht als Ver-
mittler tritt er auf, ſondern will ſte nur zu
einer allgemeinen Berathung im Stadthauſe
veraͤnlaſſen, wo auch der immer noch bei der
Bürgerſchaft beliebte Ast von St. Sernin er-
ſcheinen ſoll. — Mehr noh die Ddrängende
Noͤthwendigkeit, als die Worte des Biſchofs
mögen David Roaix zu einer Einberufung der
Edein, Barone und Bürger beſtimmt haben.
Diefe waren in ihren Quartieren geblieben,
und Jeder hielt vollkommen gerüſtet vor ſeinem
Hauſt Wache, Ddenn Jedex halte mwährend der
Nagt, obgleich die Franzoſen überall zur Stadt
hinausgedrängt wurden, für ſeinen eigenen
Heerd und Hof kämpfen müffen, und an eine
Verbindung der Kämpfenden unter ſich wor
nicht zu denken geweſen. Der Erfolg war
iut den einzelnen Kämpfen der Einzelnen zu-
zuſchreiben, aber ſetzt mußte ein allgemeines,
beſſer combinirtes Vertheidigungsſyſtem organi-
ſirt werden. Mit Tagesanbruch verfügten ſich
daßer Alie, die den Bürgerderſammlungen bei-
wohnen durften, auf das Rathhaus; hier er-
wartete ſte ſchon der Abt von St. Sernin mit
dem Prior ſeines Ordeas und dem Meiſter
Robert, einem vom Biſchofe erkauften Rechts-
gelehtten, DEr zu weiter nichts da war, als
daß er dem leichtgläubigen Abte die Woͤrte
und Eide zuflüſtern ſollte, mit denen er das
Volk zu täuſchen haͤtte. Und kaum Hatte David
Roaix eine Darſtellung von der Lage der Stadt
und deren Huͤlfoͤmitteln gegeben, als der Abt
mit den Worten auftrat:

„Wozu eine Stadt vertheidigen, die Niemand
anaͤreifen will?!

„Wozu,“ rief David Roaix, der die Worte
des Abtes fürchtete, /wozu iſt denn Montfort
mit einem Heere angezogen gefommen und hat
ſich der Stadt grgenüber aufgeſtellt? Wozu
haben denn er und ſeine Leute ſich mit Gewalt
in die Stadt eindrängen wollen?“

„Was Du da fagft, Roaix,/ erwiederte
der Abt, „iſt entweder eine infame Lüge, oder
gine unglückjelige Thorheit! Wenn der Graf
Simon von Montfort nach der Gascogne und
Dort den vom Grafen von Foix allenthalben
angezettelten Aufſtand unterdrücken will, muß
er vor Toulouſe vorbet, weil es ihm am Wege

liegt; wenn eine Anzahl Leute von ihm in die
Siadt gewollt haben, ſo waͤren ſte hiezu be-
vechtigt, denn der 99 der Kirche für Fus!
eingefeßte Lehusherr iſ vErMÖge eincs mit Euch
felbft abgeſchloſſenen Pactes, befugt, Herberge
für ſich und taufend Pferde zu fordern, wenn
alfo Blut gefioſſen ift, wenn ein furchtbares
Gemetzel Statt gefunden hat, fo find die Schuld
daran! die beim Anblick ſeiner Truppen! Ver-
rath! und: zu den Waffen! geſchrieen haben;
hier haben vie Franzoſen nicht angegriffen, ſen-
dern nur fich vertheidigt. Soll dieſes unglück-
ſelige Mihderſtändniß neuen Vorwand zu einem
anderſohnlichen Kaubfe gewähren? Beide Par-
leien haben das Schwert gezogen⸗ die Stadt
viid der Verwüſtung Preis gegeben werden;
gluͤcklicherweiſe hat unſer, verehrungswürdiger
Biſchof dem Graͤfen die Sache erklärt ev hat
in überzeugt, daß auf beiden Seiten ein Miß-
verſtändniß ohgewaltet habe, e ſieht ein, daß,
mwenn Ihr in Euerem Mißtrauen zu weit gingt,
er ſich von ſeinem Zorne zu weit fortreißen
ließ. —. Doch lagen gegen Euch Verdachts-

gruͤnde vor, wie gegen ihn keine vorlagen.

Sr weiß, daß Euerer Eide ungeachtet, Viele

von Euch, die weder Gnade noch Strenge zur
Unterwerfung bringt, mit dem alten Grafen
von Touloufe geheime Einverſtändniſſe unter-
halten; er weiß, daß Ihr von dem verzwei-
felten Unternehmen des jungen Grafen evmus
thigt, einen Aufſtand gegen den von der Kirch?
über Euch geſetzten Herkn vorbereitet, und als
Beleg für meine Worte führe ich das Schlacht-
geſchrei der letzten Nacht an, es hieß : Beau-
caire und Toulouſe! Aber Alles ſoll vergeben
und vergeſſen fein, und wenn Ihr wollt, ſo
fönnt Ihr mit Montfort Frieden ſchließen! Er
iſt außer ſich über das Unglück, das die letzte
Nacht feinem Toulouſe, der ſchönſten Blume
in feiner Krone zugefügt Hatı Sr müßte 167
ſend fein, menn er die edelſte und reichfte Stadt
nach Nom, die Mutter der Städte, zerſtören
oder vernichten wollte.“
Eortſetzung folgt.)

Literariſche und Kunſt⸗ Notizen.

achſen? erſcheint in der v. Jeniſch und Sta-
ge'ſchen Buchhandiung zu Augsburg eine neue ver
mehrte Auflage der „Bunten Blüthen“ vok
Qudwig Scharrer, die Freunden der Poefte,
zumal der ſcherzenden und Launigen, feOr willkom-
men fein Wwird. Auf drei von dem bekannten
Dichter A, von Sternberg noch im Laufe diefes
Jahres erſcheinenden Werke iſt man in vielen
Kreifen ſehr gefpannt. Das erfte heißt „gin Calt“
nevakin Berkin“, und belewthtet die Berkinet
Hefellſchaft und den dortigenDoffreis, das zweite
ift eine „Sefhihte des Salons“ von deN
Zeiten der Griechen und Römer Her bis auf unliett
Tage ; das dritte „Mac-Argan“ hat einen 3087
ling der Philoſophle des achtzehnten Zahrhundert-
zum Helden. — Au Berthold Auerda
und Leopold Schäfer Kiefern nädhfiens wieder
Neues, jener eine längere Erzählung: „Der Schwu r
victer'3z Ddiefer eine Novelle: „die SibhyllE
on Mantua‘, — Peter v. Cornelius Iot
zen vierten großen Carton für die Fresfomaleretsl
zu dem in Berlin zu erbauenden Königsgräbett
vollendet.. Diefer Carton Rellt den Sal Baͤbels
in ver befannten großartigen Weife des Meifter$
dar. — In München wird fo eben eine noch vom
werftorbenen Ludwig Schwantbaler modet
fırte Statue des Kafferg Franz In Ex
gegoffen. — Der Dom zu NRegendburg hat durch
Munifizenz des Köntgs Ludwig wieder eine NEUE
Bierde, nämlich vrei gemalte Fenſter erhalten,
welche erft kürzlich eingeſetzt WUTDEN. — RKußland,
das zur Berbreitung Tandwirthfchaftliher Kenntniffe
im Algemeinen, zur Erörterung der ntannichfaltig:
ften mit der Bodencultur in Beziehung frehendel
Berhäktniffe und zur praͤktifchen VBerbefferung e
zelner ihrer Zweige feit einer anfednliden Relht
Don Sahren Vereine und Zeitfchriften befipt, 9a
außer mehreren unbedeutendern Periodifcher Schrif“
len gegenwärtig folgende fünf, von der Faiferl
Regierung fubventionixte und au In Deutfchland
befannte Sournale: 1) das Journal D *
Minifkeriums der Reihsdomänen CM
monatlichen‘ Heften); 2) die Landwirtd-
{Ohaftlihe Zeitung (mit einem Abfaß von
5000 Exemyplaren); 3) das Unterhaltungs
blatt für deutfhe Anſtedler im ſüdlichen Rußland
Cerfeheint in monatliden Lieferungen in deutſchel
Sprache); der Vermittler Cein halbet
Bogen wochentlih); 5) der Dekonom cein
Boßen wochentlichj. ;

Buntes.

Bei der yhilofoyhiſchen Facultät einer deut
fen Univerfität ftellte einft ein Engländer da%
RBerlangen um Berleihung des Doktortitels. Der
Wunfch des Bittftellerg wurde unter der Bedingund
Daß derfelbe eine fchriftlihe Abhandlung über einen
wiffen{chaftliden Gegenftand Dbeibringe UND Sin?
hundert fünfztg Oulden bezahle, gewährt. D
Engländer Meß fih die Abhandlung von einem
guten Freunde maden, bezahlte Die Doktorg- —
und ward Herr Doftor. MNicht Lange nachher diel
berfelbe Engländer mit feinem Reitpferde, einen
Prachtexemplar der englifden Race, DOr dem zent
des Profefors, aug Deffen Haus er das Diplom
bavongefragen hatte, und Verlangte den —
fitel für feine Arabele, fo hieß fein Pferd3 T
habe, fügte er hinzw, Die wiffenfchaftlide flbba“‚"tä
Iung und den Betrag der Laxre fhon M *
fchaft, Der Herr Profeffor war nicht zU Hau %
aber die Fraͤu Profefforin antwortete : Mein 2
der Fall i hier noch nicht yorgefommen , DAaß *
Iferd zum Doftor gemacht wurde, aber Efel 9a97
fich fchon in großer Anzahl diefen Sitel —

Redigirt unter Veraͤntwortlichkett von G, Neichard-

Druck und Verlag von G. Reichard.
 
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