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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Beilage-Blätter Nr. 1-13; 15-18: 20-22; 24-60; 62-157
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#1493
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Sonntag, den 3. October

1852

Deutſchland.

Sn Hamburg ſind vom 10. bis 14,
September abermals 14 Fälle der Hunds-
wuth vorgefommen , ſieben in der Stadt
und ſieben in den Vorſtädten und auf dem
Landgebiete. Im Ganzen find vom 25,
Auguſt bis 25. September 250 Hunde ge-
fangen und getödtet, ſeit Dezember 1851
681, zufammen 931. ;

Kiel, 26. Sept. H. C.) Nachdem jeßt
waͤhrend der vorigen Woche mit 3500 Mann
an der Demolirung des Kronwerks gear-
beitet worden, iſt die nördliche Baftion
deſſelben, das wegen ſeiner trefflichen Bau-
art bekannte bädelsdorfer Fort, beſeitigt, ſo
daß ſowohl das Mauerwerk, alg auch der
aus Erde beſtehende Theil der Umwallung
abgetragen iſt. Von der übrigen Umwallung
des Kroͤnwerks iſt die auf der Mauerkrone
befindliche Erdlage fortgeſchafft, und wird
in dieſer Woche Fie Abtragung des Mauer-
werks in Angriff genommen werden.

Wien, 26. Seßtbr. Die hieſige „Lith.
Correſp.“ meldet: Es verlautete kürzlich,
daß das Vereinsgeſetz demnächſt erſcheinen
werde. Wie man nun vernimmt, wird das
Vereinsweſen von Seiten des Bundesta-
ges geregelt werden. Es ſind darüber fol-
gende Voͤrſchläge vorgelegt worden; Ver-
ſchiedene politiſche Vereine dürfen ſich nicht
in Verbindung mit einander feßen unter
Sirafe der Auflöſung! Jede einzelne Re-
gierung ſoll verpflichtet ſein, Vereine, welche
die Sicherheit des eigenen oder eines an-
dern Bundeslandes gefährden oder gegen
die Bundeszwecke gerichtet ſind, aufzulöſen.
Dieſe Auflöfung kann aber auch von der
Bundesverfammlung decretixt werden. Volks-
verſammlungen dürfen im Bundesgebiet nur
in geſchloffenen Räumen ſtattfinden. Auch
fann der Bundestag ein gänzliches Verbot
aller polinſchen Vereine erlaffen. Wie das
„C.=B.“ in Uebereinſtimmung mit der obi-
gen Nachricht vernimmt, ſtehen ſeitens des
Bundestags bei ſeiner Wiedereröffnung eine
Beſchaͤftigung mit dem Vereinsweſen und
Feſtſtellungen zur Ordnung deſſelben bevor.
Es follen namentlich mehrere ältere Bun-
desanordnungen wieder aufgefriſcht werden.
Bei den intendirten Feſtſtellungen hat man
beſonders auch Frankfurt und die anderen
freien Städte im Auge.

Wien, 29. Sept. Die geſtrige/Wien.
Zeitung“ enthält eine „Kundmaͤchung des
Finanziminiſteriums⸗, welche den Gefammt-
detrag der Einzeichnungen auf das letzte
Anlehen auf 116,062,000 fl angibt Bie
Reduͤction findet unter den näher feſtgeſetz-
ien Modalitäten in dem abgerundeten Ver-
haͤltniß von 100 auf 70 fl ſtatt. — In
der Zoͤllvereinsangelegenheit ſind nunmehr,
wie die Fr. P. mittheilt, von Seite Preu-
ßens ſolche Beſchlüſfe gefaßt, welche geeig-
net ſind, die Sielluͤng Preußens in diefer
bedeutungsvollen Frage zu einer klaren zu
machen. Den betreffenden Regierungen wird
eine Eröffnung über die Siellung, welche
Preußen den Beſtrebungen Oeſterreichs und
der Staaten der Darmſtaͤdter Uebereinkunft
gegenüber einnehmen wird, in den erſten
Taͤgen zugefertigt werden.

Schweiz.

Von der Grenze Die Herzogin von
Orleans, die nun in Lauſanne weilt, be-
findet ſich auf dem Wege der Befferung. —
Wie man dem Sch. M, berichtet, hat jüngſt
wieder ein Gletſcherunglück ſtattgehabt. Am

2. September, Abends halb neun Uhr, ging
Herr Welf, Syndikus von Groſſeney, im
fardiniſchen Bezirke Aoſte, in Geſellſchaft
mit Nikolaus Biler über den Eervinglet-
ſcher, um ſich nach dem Wallis zu begeben.
Hr. Welf fiel in einen Gletſcherſpalt; ſehr
gewandt und ſtark am Körper, konnte er
ſich jedoch im Fallen mit ſeinem Stocke
halten, in der Art, daß er über dem finſtern
Abgrunde hängen blieb. In dieſer ſchreck-
lichen Lage rief er ſeinem Begleiter hinauf,
ihm die drei Stricke zuzuwerfen, an welche
die mitgeführten Ziegen gebunden waren.
Dieſe erſtreckten ſich jedoch nicht zu Welf
hinuͤnter; er rief andere Stricke zu holen;
allein kaum hatte er dieſe Worte geſprochen,
glitſchte ſein Stock aus; er rief: es iſt
nicht mehr Zeit, bete für mich!“ u. rutſchte
in den Abglund. Sein Gefährte eilte ſechs
Stunden weit in die nächſten Wohnungen


ner kamen an den Ort des Unfalls. Einer
wurde ungefähr 70 Klafter tief in den
Gletſcherſpaͤlt hinabgelaſſen; hier angekom-
men, fand Diefer, daß der bisher ſenkrechte
Spalt in einer ſchiefen Ebene ſich fortſetzte;
eine Fackel wurde an einem Seile wieder
über dieſe Ebene hinabgelaſſen und es fand
ſich, daß ungefähr 50 Klafter weiter der
Spalt wieder ſenkrecht ward. Weitere Be-
mühungen zur Wiederauffindung des Un-
glücklichen mußten deßhalb aufgegeben wer-
den. — Es iſt außer Zmweifel, daß die jüng-
ſten Gewitterregen, Ueberſchwemmungen
und Erdſchlüpfe in den niedern Gegenden
der Schweiz von mekwürdigen vulkaniſchen
Erſcheiuungen begleitet oder vielleicht durch
ſie hervorgerufen worden ſind! An dem
Berge Irchel im nördlichen Theile des Can-
tong Zuͤrich hörte man in der Nacht vom
17, auf den 18. ein ſtarkes Getöſe und
Krachen. Der Berg erhielt viele Riſſe und
Senkungen, und e$ entſtanden viele Erd-
ſchlüpfe und zwar an Stellen, wo ſich nie
Waſſer zeigte! Viele Leute wollen dann
auch in derfelben Nacht zwiſchen 1 u. halb
3 Uhr Erdſtöße verſpürt haben. In den
Thälern ſah man am 15. und 16. bei ein-
brechender Nacht einen ganz bläulichen Ne-
bel, faum 4 Fuß hoch, der einen unange-
nehmen Geruch verbreitete. Nach dem Re-
gen Samſtags den 18 nahm man in der
Nähe von Winterthur ploͤtzlich einen ſtarken
Luftzug wahr, der auffalend heiß war und
einen ſtinkenden Schwefelgeruch verbreitete.
Eine Frau wurde dadurch ſo ſehr anges
griffen und entfräftet, daß ſie ihren Weg
oͤhne Hülfe nicht fortfetzen konnte, beſonders
da ſich der heiße Luftzug in einer Entfer-
nung von 200 Schritten dreimal erneuerte.
Im Wynenthal, Kantons Aargau, bemerkte
man ganz zur gleichen Zeit die nämlichen
Erſcheinungen. Die Luft war am 18. Mor-
gens zwiſchen 3 und LUhr mit ſchweflich-
ten Dünſten geſchwängert; aus Ziehbrunnen
ſtrömten unter heftigem Brauſen und Zi-
ſchen ſchwefliche Safe, in welchen brennende
Späne augenblicklich verlöſchten! In Kellern
woͤllten die Lichter nicht brennen und ſogar
auf Aeckern und auf Straßen ſtiegen ſtin-
kende Gasbläschen aus dem Boden. In
den Wolken zeigte ſich wie auch Tags zu-
vor, ein phosphorescirendes Leuchten. Meh-
rere Perſonen wollen auch hier Erderſchüt-
terungen verſpürt haben. In einem Hauſe
wurden die Bewohner dadurch aufgeweckt,
daß aufgehängte Ketten heftig raſſelten und
theilweiſe heruͤnterfielen. Die Zerkluͤftungen

in den Bergen ſind bedenklich; nicht nur iſt
die Erddecke auf Viertelſtunden lang zer-
riſſen, ſondern ſogar Felſen ſind geſpalten.
Eigenthümlich iſt das Gerede unter dem
Volt/ daß das Waſſer nicht bloß von oben
herabgekommen, ſondern noch faſt mehr aus
der Erde hervorgebrochen fei! Jedenfalls
war die außerordentliche Wärme des Re-
genwaſſers und der Luft während und nach
dem Regen, ſo wie der auffallende Wechſel
des Barometerſtandes von beinahe einem
Zoll binnen 36 Stunden höchſt bemerkens-
werth.

Italien.
Aus Turin vom 22. Septbr. wird der


ben: Was Sir Henry Bulwer, den eng-
liſchen Geſandten in Florenz, anbelangt, ſo
iſt derſelbe mit einer wichtigen Sendung
und nicht bloß mit der Befreiung Murrays
beauftragt. Er hat ſich nämlich nach Rom
begeben, um mit dem römiſchen Hof den
Abſchluß eines Concordats für Irland zu
unterhandeln. Die Engländer ſind des ewi-
gen Kriegs müde und wollen dieſes Land
oͤhne Waffengewalt pacifieiren.

Der Ausbruch des Aetna feßt nach
der Tr. Z. neueſten Berichten aus Palermo
vom 15. ſeine Verwüſtungen fort, doch
ſcheint der bewohnte Theil der Gemeinde
Zaffarano nun nicht mehr bedroht zu ſein.
Deſſen ungeachtet iſt der durch die Lava
angerichtete Schaden in den Kaſtaͤnienwäl-
dern und den dichten Orange? Feigen-u.
Olivenwäldchen und den Weinbergen immer
noch ſehr bedeutend; man ſchätzt denſelben
auf 160,000 neapolit. Dukaten A 2 .
Die neugierigen Zuſchauer ſtrömten noch
immer in unzaͤhliger Menge herbei.

Türkei.

Von der Donau, 21. Sept,, veröffent-
licht die A, 3, einen Brief aus Bosnien
über den Zuſtand der dortigen Ehriſten,
welchem wir Folgendes entnehmen! Die
Chriſten fliehen nach allen Richtungen, ge-
ben ihre Habe verloren und ſuchen nur noͤch
ihr Leben zu retten. Nach einer ungefähren
Zählung wögen nun wohl ſchon über zehn-
taufend Familien nach Oeſterreich ausge-


wachs von 16,000 waffenfähigen Maͤnnern
gebracht haben. Wäre nur der Uebergang
über die Grenze überall gleich leicht, es
würde kaum eine Ehriſtenfeele in Bosnien
zurückbleiben. Gewiß hat die Auswanderung
ihr Ende noch lange nicht erreicht! Der
größte Theil der chriſtlichen Anwohnern ge-
hörigen Aecker liegt brach. Warum auch
fäen und mühevoll ernten? Zwei Drittheile
der Ernte eignen ſich die türkiſchen Herren
an, und von dem letzten Drittel gehört noch
der Zehent der Krone! Und nicht genug
daran: Omer Paſcha hat die Getreideaus-
fuhr verboten, für ſich jedoch und ſeine
Günſtlinge das Verbot aufgehoben und mit
Vortheil Verkäufe mit öſterreichiſchen Korn-
händiern abgeſchloſſen, von welchen nun die
Bevölkerung das Getreide um den vier-
fachen Preis zuruͤckkaufen muß, und nicht
bloß für den eigenen Bedarf. Die Verpfle-
gung der türkiſchen Truppen fällt gleicher-
weife den Rajahs zur Laſt, und was ſie da-
von erübrigen, fält, wenigſtens in der Her-
zegowina, den Montenegrinern als Beute
anheim. Sie können ſich nun dieſe Lage
vorſtellen!“
 
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