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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Beilage-Blätter Nr. 1-13; 15-18: 20-22; 24-60; 62-157
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#1551
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Beilage-Blätter


Mittwoch, den 8. December

1852 _

N" 149.

Wiederherſtellung und Proelama-
; tiio)n‘beé Kaiſerreichs.
IL
Am? December in Paris.
Heute früh um 7 Uhr haben 101 Kano-
nenſchuſſe vom Hotel der Invaliden der
Hauptſtadt die Bedeutung des Tages an-
gekündigt. Um 10 Uhr erfolgte die Pro-
clamation des Kaiſerreichs auf dem Plaͤtze
vor dem Stadthauſe. Der Seinepräfect,
vom Municipalrath und den Räthen der
Präfectur umgeben, beſtieg eine zu dieſem
Zweck errichtele Eſtrade und verlas von
dort herab die Declaration des geſetzgeben-
den Körpers, die in deſſen Namen von
Billault, und in des Senates Namen von
Megnard in Saint-Cloud gehaltenen Re-
ben, die Antwort des Kaiſers und das die
Promulgation des Senatusconſultums vom
7, Nov, verfügende Decret! Eine große
Volksmenge hatte ſich auf dem Plaße ein-
gefunden und erwiederte diefe Verleſung
mit dem Ruf: Vive lEmpereur! Die
Eſtrade, ſchön deeorirt und mit Fahnen
geſchmückt, erhob ſich vor dem Hauptein-
gang unter der Statue Heinrichs IV. Drei
Regimenter der Diviſion Lexaſſeur hatten
jedes ein Bataillon mit der Muſik und der
Fahne auf den Stadthausplatz geſchickt, der
. feterliden Proclamation des Kaiferreichs
beizuwohnen; eben ſo war ein Bataillön
Naͤtionalgarde erſchienen. Naͤch dieſer öf-
fentlichen Feierlichkeit gab der Seinepraͤ—
fect 200 Perfonen ein großes Dejeuner.
Um 12 Uhr verließ Se. Mai. der Kai-
fer St. Cloud. Das 12. Dragonerregi-
ment und eine Diviſion Reſerveeavallerie un-
ter dem Befehl des Diviſionsgenexals Korte
bildeten ſeine Escorte! Der Kaiſer ritt
durch das Gehölz von Baulogne und er-
reichte die Avenue von Neuilly bet der
Vorte Maillot, wo die Hecke der Natio-
nalgarde der Bannmeile und der Linien-
truppen zu beiden Seiten des Wegs ihren
Anfang nahm. Vor 1 Uhr kam der Kaiſer
am Triumphbogen an, Hier verweilte er
einige Augenblicke, die Huldigungen des
Seinepräfecten, des Polizeipräfecten, des
Generals des Platzes von Paris und ei-
ner großen Anzahl ohne Commando in der
Haußtſtaͤdt verweilender Generalofftziere
entgegenzunehmen, . Napoleon trug ſeine
gewöhnlide Obergeneralsuniform mit dem
Großcordon der Ehrenlegion. Zu ſeinen
beiden Seiten befanden ſich dex Kriegsmi-
niſter Saint⸗Arnaude und der Miniſter des
Innern Graf v. Verfiguyg. Genetat La-
woeſtine der Oberbefehlshaber der Natio-
nalgarden des Seinedepartements mit ſei-
nem Stab exwartete den Kaiſer. Marſchall
Magnan befand ſich an der Spitze der Li-
nientruppen. Das 7. Ulanenregiment war
um 11 Uhr an die Sternbarriere gezogen
und hatte ſich in Diviſionoͤcolonnen auf der
Chauſſee der elyſeeiſchen Felder, die Spitze
nach Paris zu, aufgeſtellt; am Triumph-
bogen nahm in derſelben Weiſe, gleich nach
Eintreffen, das 12, Dragonerregiment Stel-
lung. Beide Regimenter ſtanden unter dem
Commando des General Partouneaur.
Der faiſerliche Cortege war in folgen-
der Weiſe gebildet: das Muſtkeorps des 7
Ulanenregiments; General Partouneaur;
der Oberſt und eine Escabron vom 7, Ua:
nenregiment; der Obergeneral und ſein
Stab; 3 Escadronen Ülanen; das 12.
Dragonerregiment; der militäriſche Hof-

ſtaat des Kaiſers; Se. kaiſexliche Majeſtät
ſelbſt; eine Escadron vom 6, Küraſſterre-
gimentz; die Muſik dieſes Regiments; Ge-
neral Korte und ſein Stab eine Küxaſſter-
brigade in Diviſionseolonnez eine Carabi-
niersbrigade in Diviſionscolonne Die Hecke
war gebildet vom Triumphbogen de l’Etoile
bis an die Tuilerien, und zwaͤr rechts von
der Nalionalgarde, links von der Armee
von Paris. Trotz kalten und regneriſchen
Wetters hatten ſich auf den elyſeeiſchen Fel-
dern und in deren Umgebung eine große
Volksmenge eingefunden. Die Hecke huͤden-
den Truppen, in 2 Reihen aufgeſtellt, be-
fehligte General Carrelet. Auf den beiden
Terraſſen der Tuilerien, gegenüber dem
Eintrachtsplatz, ſtanden die Delegationen
vieler Arbeitereorporationen mit ihren Fah-
nen, Den ganzen Weg entlang vom Triumph-
bogen bis an die Tuilerien wurde der Kai-
ſer vom Volk und der Armee mit Acela-
mationen und Vive l’Empereur! begrüßt.
Se. Maj. ritt durch den Garten der Tuͤt—
lerien in den Palaſthof, wo er den Trup-
pen der Pariſer Armee, die nicht im Spa-
lier aufgeſtellt waren, die Revue abnahm;
es waren 2 Linienregimenter, ein leichtes

2 Bataillone mobile Gendarmerie, Pom-
piers Sappeure und ein ein aus den Com-
pagnien des Geniecorps formirtes Batail-
lon, alle unter den Befehlen des General
Tourand ſtehend.! Ein Jaͤgerbataillon zu
Fuß, ein anderes leichtes und 2 weitere
Linienregimenter befehligte General v. Al-
pbonfe. Auch die Brigade Marulaz caus
einem leichten und einem Linienrehiment
beſtehend) war im Palaſthof aufgeſtellt.
Andere Truppentheile, der Train, die In-
validen ſtanden in 2 Linien auf dem Caz
rouſſelplatz und wurden von General Re-
pond befehligt. Eine dritte Linie bildeten
4 Batterien Artillerie, die Munieipalgarde

darmerie. Ueber alle im Palaſthof und
auf dem Carouſſelplatz aufgeſtellten Trup-
pen fuͤhrte General Levaſſeur den Ober-
befehl.

Napoleon traf um ein Viertel nad 1
Uhr in den Tuilerien ein. Als er vom
Pferd ſtieg, wurde er von den Miniſtern
und ſeinem eivilen Hofſtaat im Vorhaufe
empfangen, Oben auf der Treppe traͤf
Se. Vtajeſtaͤt den Prinzen Hieronymus in
Varſchallsuniform, den Prinzen Nayoleon
Bonqparte in ſchwarzem Fraͤck, den Prin.
zen Lucian Mutat, die Prinzeſſin Mar
thilde, die Gräfin Camerata, und deren
Sohn, den Herzog v. Hamilton und einige
andere Glieder ſeiner Familie; ferner die
Semahlinnen der Miniſter; Baroche, den
Vicepräſidenten des Staaͤtsraths; den Ge-
neralpoſtdixector, Herrn Thayer, und ei-
nige Mitglieder des Senats. — In einem
der Salons traf der Kaiſer den Emir Abd-
el-Rader, der am VBormittag von Amboife
eingetroffen war, und unterbielt ſich einige
Augenblicke mit Demfelben. Nachdem Na-
poleon die Glückwünſche aller anwefenden
Perſonen entgegengenommen hatte, trat er
auf den nach dem Garten und Hof gehenden
Baͤlcon und wurde von den unten aufge-
fellten Truppen mit Acclamationen begrüht.
Alle Regimenter, welche den Cortege gebil-
det hatien, verſammelten ſich ſodann im
Hof der Tuilerien; die Trommeln wirbel-
ten, die Trompeten ſchmetterten, die Trup-
pen präſentirten und der Kriegsminiſter



proelamirte das Kaiſerreich unter dem wie-
derholten Ruf:; Vive l’Empereur !

Nach diefer Ceremonte ſtiegen die Mar-
ſchälle Saint- Arnaud und Magnan vom
Pferd, und gefolgt von allen Generalen,
welche an dem Cortege theilgenommen ver-
fügten ſie ſich zum Kaiſer um ihm zu huͤl—
digen. Se Majeſtät kehrten hierauf in ihre
Privatgemächer zurüd, — Der Kaiſer wird
his zum Ausgang des Winters in den Tui-
lerien reſidiren! Heute Abend iſt großes
Diner von ſechzig Gedecken, an welchem
die Mitglieder der kaiſerlichen Familie, die
Minifter, die Großwürdenträger und die
erſten Offieiexe des kaiſerlichen Hauſes Theil
nehmen. Hierauf findet großer Empfang
ſtatt. Alle Kaſernen werden heute Abend
illuminirt, und alle für leichte Disciplinar⸗—
vergehen verhängte Strafen werden nach-
gelaſſen. *

Um 10 Uhr heute früh, als die Pro-
elamation des Kaiſerreichs vor dem Stadt-
auſe erfolgte, ertönten101 Kanonenſchüſſe vom
Hotel der Invaliden; — 101 Kanonenfchüffe
von einer auf dem Montmartre aufgeſtellten
Batterie; — ebenfo 101 Kanonenfchüffe
von einer Batterie an der Thronbarriere,
Auch von jedem der ſechszehn Forts in
der Umgebung von Paris wurden 25 bis
30 Kanbnenſchüſſe abgefeuert. Im Augen-
blick, wo der Kaiſer in die Tuilerien ein: -
zog erdröhnten abermals 101 Kanonen-
[Oüffe vom Hotel der Invaliden; im ganzen
9000 Schüffe, zu weſchen das Signal vom
Stadthauſe aus gegeben wurde.

Feuilleton.

Auſtraliſche Juſtände.

Die Times veroͤffentlicht einen Brief eines
engliſchen Offieiers aug Melbourne vom
18. Juni. Wie dieſer Verichterſtatter meldet,
verdient ein gewöhnlicher Karner doͤrt wöchent-
lich 12 &, wovon etwa 4 L. ſeine Ausgaben
decken. Ein Droſchken Kuͤtfcher hat einen
wöchentlichen Crwerb von 30-—40 Q, was
auf das Jahr über 1400 &. macht. Maurer
und Zimmerleute erhalten einen Tugelohn von
1 £&., und ſelbſt bei dieſer hohen Bezahlung
ſind ſie manchmal nicht gefonnen, zu arbeiten.
Stiefel koſten 4 &, Schuhe 2 ein Stiefel-
knecht 7 Q, Für eine Sendung Piftolen, die
zuſammen auf 60 &, geſchaͤtzt maren) wurden
nahe an 700 &. bezahlt. Einige Goldjäger
gewinnen in den Minen monatlich 300—400 &,
andere allerdings weniger, noch andere aber
auch mehr. So hat Bleiner in 6 Wochen
einen Schatz von 3600 &, gehoben. . Die vor-
theilhafteſte Art des Gelderwerbes iſt jedoch die,
Sold zu kaufen, wenn man das erforderliche
Capital befißt, An Ort und Stelle, d. h. bet
den Goldgruben, gilt die Unze 2 &. 15 6S.
bis 2 L. 17 S, mährend fie in Melbourne
den Werth von 3 L. 5 S. hatı Cine Karre
koſtet 40 %, ein leidlich gutes Karrenpferd,
5a8 man vor einem halben Fahre für 10—145
&, befommen, konnte, 60 2. Die Hausmiethe
iſt in Melbourne außerordentlich theuer, indem
man für ein unmoͤblirtes Haus von 4—5 Zim-
mern jährlich 350—400 . geben muß. Ein
einzelnes Zimmer iſt nicht unler 5 &, möchente
lid zu haben. Die unglücklichen Regierunge-
Beamten, vom Goubernenr abmärts , befinden
ſich ſämmtlich in den größten Noͤthen, Da ihr
Gehalt ſich durchſchnittlich auf nur 300—400 L,
beläuft, eine Summe, für welche ſie kaum das
 
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