Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0209
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Hcidklbcrger Wvchenblättkr.

---- ^ -- ----

No. 51. Mittwoch, den 13. März 1839.


Ereignisse.

Hornberg, 7. März. Heute wurde Oberbof-
grrichtSrath Litschgi zu Mannheim zum Abgeord-
neten deS 17. WahlbeztrkS tn dre zweite Kammer
ber Landüände gewählt.

Berlin, L. März. Je beruhigender die Nach.
richten vom Rhein und Belgien lauten, desto mehr
wendet man den Blick den inneren Vehältnisien
und namentlich Posen zu, wo gegenwärtrg die An-
gelegenöeit deS ErzbischofS mit dem ganzen Ernste
deS GeseheS entschieden werden sost. Eine kurze
Frist, welche Hrn. v. Dunin zum letzten Male ge«
setzt ist, sich in den Willen deS StaateS zu sügen,
wtrd ohne Zweifel völlig nutzloS seyn, da die letzte
Erklärung des ErzbischofS dabiu gelautet haben soll,
«r weede seine Festnehmung im Ornate, umringt
von seinem Kapitel und am Bltare erwarcen. Eine
heftige Ausregung der Gemülher ist unter diesen
Umständen unvermetdlich und leider in der ganzen
Provinz verbreitet. Die scharfe Trennung der Deut-
schen und Polen macht sich mrhr als je geltend,
und die Besorgniffe ffnd so hoch gestiegen, daß viele,
und namentkich protestontische GutSbesttzer, dre in
zunehmrnder Zahl in den letzten Jahren flch im
Großherzogthum ankauften, durch Angriffe gewarnt,
eS kaum wagen, ihren Wohnort zu verlassen. AuS-
brüche deS ParteigeisteS und deS PöbelübermutheS
tragen dazu bet, den übeln Zustand zu vermehren.
Bei einem Gastmale im Hause eineS hohen Deam»
ten Wurden kürzlich die Fenster eingeworfen, und
bei einem andern wo polnische Adelige zahlreich ver»
sammelt waren, soll der ehemalige polnische Gene-
ral Chlapowski, bekannt wegen seines UebergangeS
nach Preußen nach dem verunglückten Zuge gcgen
Litthauen, persönlich mtßhandelt worden seyn. Un»
ter allen diesen Umstände darf eS nichr befremden,
daß dir Militärmacht tn der Provinz verstärkt wird»
DaS i4. und 21. Regiment, bride zum pommeri-
fchsn (2.) ArmeekorpS gehörtg, und einige Schwa»
dronen Dragoner und Husaren haben schleunigen
Marschbefehl empfangen und rücken nach Posen.
Gchwerlich befürchket man eine offene Widersetzlich-
keit deS VolkeS bei der Abführung deS ErzbtschofS,
dem, wie man sagt, Colberg zum Aufenthalt be»
Atmmt tß, da in Posen ausser der starken Besatzung
auch dte beträchtliche Zahl der deutschen Bewohner
Bürgschaft der Ruhe dretet; allein der Zvstand der
ganzen Provinz nöthigt zu Gicherheitmaßregeln,
und, selbst um die ntedere Masse in Ehrfurcht vor

G

Lem Gesetzs zu erhalten und beklagenSwerthen Sce-
nen vorzubeugen, erscheint diese Vermehrung der
Truppen als wünschenSwerth und nothwendig.

Münster, 2-4. Febr. Unter den vielen Gerüch»
ten, welchr hier seit Kurzem in Nmlauf gesetzt sind,
glauben wir Jtmen eines verbürgen zu können, daß
nämltch zwei ArmeeeorpS der deutscher, Bundesarmee
unter dem Oberbefehl deS k. preußischen GeneralS
v. Grolmann Luxrmburg und Limburg iedenfallS
besetzen werden. Der Könrg der Niederlande soll
darauS ein abgesonderteS Land fük rinen Prinzen
seineS HauseS bilden woäen.

Paris, 6. März. Unter den Gewählien sind
weiter zu nennen: Mtnisterielle: Der Seemintster
v. Nosamel zum zweitenmale; Cunin Gridaine,
bisheriger Vicepräsident; Pages von der Arriege,
der zwar in der vorigrn Sitzung mit dem Ministe»
rium ßimmte, sonß aber eine eigenthümliche Stel»
lung, nach der Art LamartineS, annimmt; Emil
v. Girardin, Gaö'tan v. Larochefoucauld, Felix
Real, Gillon Girod de Langlade, der neue StaatS-
rath Chaffeloup Laubat, dee Vtcomte DeeazeS,
ersten MinisterS unter Ludwig XVHI. Drsi ge-
wichtige Bcwerber dieser Partet unterlagen Coa-
litionSbewcrbern: Die Hrn. Ldmond Blanc, Ge»
neralsekretär im Ministerium deS Lnnern, Conte,
Generalpostdi^ektor, und der Gelehrte St. Mare
Girardin. Von der Coalition: Dupont de l'Eure,
Gen. Tbiard, die Obersten v. Garraube und De»
maroay; Hr. v. Tracy, Mttglied der Familie La»
fayerre und Gegner der Todcsstrafe; Levraud;
GlaiS Bizoin; die ehemaligen Mintster Passy und
Calmon; die Legitimisten Dugade, GraS Preville
(wahrschetnlicher AlterSpräsident der Kammer),
Blin de Bourdon und Marquis Arthur v. Labour-
dsnnaye; die Doktrinäre Duvergier de Hauranoe,
Graf Iaubert, Muret de Bord, Matter(ein el-
säßischee prostetantischer Theolog, Mitglied der
Oberstudienbehörde, auch bekannt durch kirchenge»
schichtltchr Arbeiten), Alphonse und Joseph Perier.

PariS, 7. März. Die Blätter enthalten sehr
verschicdene Angaben über das Rcsultat der Wahlen,
so weit eS gestern Abend bekannt war. Das Jour
nal deS DebatS führt 431 Wahlcn, 214 ministe»
rielle, 213 sür die Ovvosstion und 4 zweifekhafte,
auf. Der TempS sprrcht von 2-4o für die Oppo-
sition und 19-! ministeriellen. GalignaniS Messen-
ger, von welchem am ehesten Unparterlichkeit zu er°
warten ist, spricht von 433 Wahlen, von welchen
204 ministeriell und 229 für dte Opposition seyen.
 
Annotationen