Htidclbcrgcr Wochcnblättcr.
>'«. 202. Montag. den 14. October 1839.
Ereignisse.
Baden. Das „Verordnungsblatt für den
Mittelrheinkreis" vom 9. Okt. d. Z. enthält fol-
gende Derfügung der großherzoglichen Regierung
dcs Mittelrheinkrcifes vom 27. v. M. zur Nach-
achtung für fämmtliche betreffende Bczirks- und
Polizeiämter des Kreifes: Man hat wahrgenom-
men, daß für Aufenthaltsbewilligungen, die an
Fremde ertheilt werden, nicht üderall dieselben
Taxen und Sporteln angesetzt, sondern bald mehr,
dald weniger, und an manchen Orten gar nichts
erhobcn werde. Um diese Verschiedenheiten zu
heben, hat sich das großh. Ministerium des Zn-
nern, im Einverständniß mit dcm der Finanzen,
unrerm 15. d. 9N., Nr. 9818—9821, vcranlaßt
geschen, Folgendes zu verfügen: Für die Aufenr-
halrserlaubniß an Ausländer, die eines selbststän-
digen Erwcrbes wegen und nichr blos als Dienst-
boten einen längeren Aufenthalr an einem Orre
des Landes nehmen, ist der in der Taxordnung
(S. 23) bestimmte Belrag von 2 fl. 6 kr. in
Srädren, und 1 fl. 6 kr. in Dörfern in Ansatz
zu bringen; m aUen andern FäUen dagegen sind
für die Aufenrhaltserlaubniß, resp. die Aufent-
hanslarte gar keine Taxen und Sporreln anzu-
sctzen, sondern nur eine Srempelgebühr von 6 kr.,
und zwar ohne Rücksichl darauf, ob die Karte
für einc einzelne Person oder für eme ganze Fa-
milie, für kürzere oder längere Zeil, für Jn- oder
Ausländer ertheilt wird, zu erheben.
Frankfurr, 9. Okr. Den Mittelpunkt des
hiesigen Lebcns uno Treibens, wie auch der Un-
rcrhaltung bildet seit nun etwa 12 Tagen die
Fahrc auf der Eisenbahn von hiec nach Höchst.
Der AnLrang war besonders in den ersten Tagen
außerordentlich und nur mit Mühe war ein
Plätzchen zu finden, obwohl 8 Mal des Tages
und jcdeSmal mir 16 —18 Wagen gefahren
wurde. Die Frequenz beläuft sich bis jetzr aus
ungefähr iü,000 Personen, und bei den noch
hvchstehenden Preisen sind also die Einnahmen
sehr bedcutend gewesen. Der kurze Weg von 2
Srunden wird in 15 Minuten zurückgelegt, wel-
che SchncUigkeir nur eine mittlere ist; man thut
wvhl daran, die Fahrt nichr zu übereilen, um
bei der Neuheit der Sache unb bei dem starken
Andrang von Paffagieren und Schaulustigcn Un-
glückssälle zu vermeiden. Was man ader an
Schnelligkcit leisten kann, geschah dieser Tage,
mdem die Lokomotive der „Blitz" mir 2 Wägen.
den Weg nach Höchst in 6 Minuten zurückge-
legt hat.,
Hannover, 2. Okr. Der Kriegsminister,
Graf v. Aiten, steht im Begriff, seiner Schwäch-
lichkeit wegen eine Reise nach Ztalien anzutreten,
um daselbst längere Zeit den Aufenthalt zu nehmen.
Man glaubt, daß derselbe das PortefeuiUe baldigst
ganz abgeben werde.
Koburg, 5. Dkt. Auf dem Lustschlosse
Reinhardsbrunn bei Gotha ist am 20. Sept. der
Herzog Ferdinand von Koburg mit seinen beiden
Söhnen und seincr Tochter von sciner Reise nach
London und Liffabon eingetroffen. Unser Herzog
befand sich ebenfalls dort. Durch die bald hcr-
nach erfolgte Abreise des jüngeren Sohnes, des
Prinzen Albrechr, nach London gewinnt dle Nach-
richt von der nahen Verbindung dcffelben mit
der Königin Victoria immer mehr Bestätigung.
Berlin, ck Okt. Der Erzbischof von Posen,
v. Dunin , war, wie früher crwähntwurde, durch
rechtökräftigcs Erkenntniß der ordentlichen Zustiz-
behörde wegen Verletzung der Staatsgesetze zu sechs-
monatlichem Gefängniß und zur Amtscnrsetzung
verurtheilt worden. Die Eefängnißstrafe hatte die
Gnadc des Königs ihm gänzlich crlaffen. Wegen
der Amlsentsctzung dagegen war die Vollzichung
des Errenntnisses noch ausgesetzt und die Entschlie-
ßung des Königs vorbehalten, weil gchofft wurde,
daß noch über die streitigen Punkte eine Verständi-
gung zu bcwirken, und durch solcke jedeö Aergcr-
niß zu vermeiden scyn werde. Dcr König, welcher
in Folge des gerichklichcn Erkenntniffes dcn Erzbi-
schof längst auf eine Festung hätke in Sicherheit
bringen laffen können, harte ihm blos den Befehl
errheilt, bis zur Entscheidung hicr zu bleibcn und
jedcnfalls nicht ohne Genehmigung in die Erzdiöcese,
von deren Verwaltung er rechtskräftig enlfernt war^
zurückzukehren. Zn diesen Verhältniffcn lcbte Hr.
v. Dunin seit Monatcn in hiefigcr Nesidenz, frei
und unangefochten, und nur unter sehr gelinder
polizeilicher Beobachtung. Gestern früh fctzre er
sich aber heimlich in einen Wagen, um nach Posen
zurückzukehren. Welche Folgcn dies Ercigniß ha-
ben wird, ist nicht vorauszusagen.
Oestreich. Der nürnb. Corrcsp. schreibt aus
München: Zn Salzburg wurde dcn scir längerer
Keit dort anwesenden spanischen Carlisten von Seite
der östreichischen Negierung ein eigener Palast einge-
räumt; eö sind gegen go Zndividuen, an deren
Spitze die Gemahlin des Znfanten Don Sebastian,
eine schöne, staltliche Dame. Die Prinzessin von
>'«. 202. Montag. den 14. October 1839.
Ereignisse.
Baden. Das „Verordnungsblatt für den
Mittelrheinkreis" vom 9. Okt. d. Z. enthält fol-
gende Derfügung der großherzoglichen Regierung
dcs Mittelrheinkrcifes vom 27. v. M. zur Nach-
achtung für fämmtliche betreffende Bczirks- und
Polizeiämter des Kreifes: Man hat wahrgenom-
men, daß für Aufenthaltsbewilligungen, die an
Fremde ertheilt werden, nicht üderall dieselben
Taxen und Sporteln angesetzt, sondern bald mehr,
dald weniger, und an manchen Orten gar nichts
erhobcn werde. Um diese Verschiedenheiten zu
heben, hat sich das großh. Ministerium des Zn-
nern, im Einverständniß mit dcm der Finanzen,
unrerm 15. d. 9N., Nr. 9818—9821, vcranlaßt
geschen, Folgendes zu verfügen: Für die Aufenr-
halrserlaubniß an Ausländer, die eines selbststän-
digen Erwcrbes wegen und nichr blos als Dienst-
boten einen längeren Aufenthalr an einem Orre
des Landes nehmen, ist der in der Taxordnung
(S. 23) bestimmte Belrag von 2 fl. 6 kr. in
Srädren, und 1 fl. 6 kr. in Dörfern in Ansatz
zu bringen; m aUen andern FäUen dagegen sind
für die Aufenrhaltserlaubniß, resp. die Aufent-
hanslarte gar keine Taxen und Sporreln anzu-
sctzen, sondern nur eine Srempelgebühr von 6 kr.,
und zwar ohne Rücksichl darauf, ob die Karte
für einc einzelne Person oder für eme ganze Fa-
milie, für kürzere oder längere Zeil, für Jn- oder
Ausländer ertheilt wird, zu erheben.
Frankfurr, 9. Okr. Den Mittelpunkt des
hiesigen Lebcns uno Treibens, wie auch der Un-
rcrhaltung bildet seit nun etwa 12 Tagen die
Fahrc auf der Eisenbahn von hiec nach Höchst.
Der AnLrang war besonders in den ersten Tagen
außerordentlich und nur mit Mühe war ein
Plätzchen zu finden, obwohl 8 Mal des Tages
und jcdeSmal mir 16 —18 Wagen gefahren
wurde. Die Frequenz beläuft sich bis jetzr aus
ungefähr iü,000 Personen, und bei den noch
hvchstehenden Preisen sind also die Einnahmen
sehr bedcutend gewesen. Der kurze Weg von 2
Srunden wird in 15 Minuten zurückgelegt, wel-
che SchncUigkeir nur eine mittlere ist; man thut
wvhl daran, die Fahrt nichr zu übereilen, um
bei der Neuheit der Sache unb bei dem starken
Andrang von Paffagieren und Schaulustigcn Un-
glückssälle zu vermeiden. Was man ader an
Schnelligkcit leisten kann, geschah dieser Tage,
mdem die Lokomotive der „Blitz" mir 2 Wägen.
den Weg nach Höchst in 6 Minuten zurückge-
legt hat.,
Hannover, 2. Okr. Der Kriegsminister,
Graf v. Aiten, steht im Begriff, seiner Schwäch-
lichkeit wegen eine Reise nach Ztalien anzutreten,
um daselbst längere Zeit den Aufenthalt zu nehmen.
Man glaubt, daß derselbe das PortefeuiUe baldigst
ganz abgeben werde.
Koburg, 5. Dkt. Auf dem Lustschlosse
Reinhardsbrunn bei Gotha ist am 20. Sept. der
Herzog Ferdinand von Koburg mit seinen beiden
Söhnen und seincr Tochter von sciner Reise nach
London und Liffabon eingetroffen. Unser Herzog
befand sich ebenfalls dort. Durch die bald hcr-
nach erfolgte Abreise des jüngeren Sohnes, des
Prinzen Albrechr, nach London gewinnt dle Nach-
richt von der nahen Verbindung dcffelben mit
der Königin Victoria immer mehr Bestätigung.
Berlin, ck Okt. Der Erzbischof von Posen,
v. Dunin , war, wie früher crwähntwurde, durch
rechtökräftigcs Erkenntniß der ordentlichen Zustiz-
behörde wegen Verletzung der Staatsgesetze zu sechs-
monatlichem Gefängniß und zur Amtscnrsetzung
verurtheilt worden. Die Eefängnißstrafe hatte die
Gnadc des Königs ihm gänzlich crlaffen. Wegen
der Amlsentsctzung dagegen war die Vollzichung
des Errenntnisses noch ausgesetzt und die Entschlie-
ßung des Königs vorbehalten, weil gchofft wurde,
daß noch über die streitigen Punkte eine Verständi-
gung zu bcwirken, und durch solcke jedeö Aergcr-
niß zu vermeiden scyn werde. Dcr König, welcher
in Folge des gerichklichcn Erkenntniffes dcn Erzbi-
schof längst auf eine Festung hätke in Sicherheit
bringen laffen können, harte ihm blos den Befehl
errheilt, bis zur Entscheidung hicr zu bleibcn und
jedcnfalls nicht ohne Genehmigung in die Erzdiöcese,
von deren Verwaltung er rechtskräftig enlfernt war^
zurückzukehren. Zn diesen Verhältniffcn lcbte Hr.
v. Dunin seit Monatcn in hiefigcr Nesidenz, frei
und unangefochten, und nur unter sehr gelinder
polizeilicher Beobachtung. Gestern früh fctzre er
sich aber heimlich in einen Wagen, um nach Posen
zurückzukehren. Welche Folgcn dies Ercigniß ha-
ben wird, ist nicht vorauszusagen.
Oestreich. Der nürnb. Corrcsp. schreibt aus
München: Zn Salzburg wurde dcn scir längerer
Keit dort anwesenden spanischen Carlisten von Seite
der östreichischen Negierung ein eigener Palast einge-
räumt; eö sind gegen go Zndividuen, an deren
Spitze die Gemahlin des Znfanten Don Sebastian,
eine schöne, staltliche Dame. Die Prinzessin von