Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelbergische Jahrbücher der Literatur — 1.1808 (Abtheilung 5: Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst)

DOI issue:
Erstes Heft
DOI article:
Creuzer, Friedrich: Philologie und Mythologie in ihrem Stufengang und gegenseitigen Verhalten
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.30036#0022
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
14 Philologie und Mythologie

Schon in der erſten Periode von Alexandria war es herr—
ſchender Ton geweſen, im Forſchen und Darſtellen auf das
Bedeutſame hinzuarbeiten. In dieſem Sinne hob man
unter den alten Mythen der Griechiſchen Fabelwelt nur die
myſtiſchen aus, oder man deutete die rein epiſchen myſtiſch
um. Man verweilte nachdenkend um das ſchweigende Sym—
hol, und wendete fich forfchend an die Hieroglyphik des nun
vaterlaͤndiſchen Aegyptens.

Mit neuer Macht brach aber in der Roͤmiſchen Pe—
riode ſeit Verbreitung des Chriſtenthums in den gebildeten
Geiſtern des Heidenthums das lang zuruͤckgedraͤngte Urelement
alter Religion hervor. Konnte doch in der Kaiſerzeit der zu
nuͤchterne Inhalt des nationalen Polytheismus ſelbſt den gemeinen
Roͤmer nicht mehr befriedigen, haͤufte doch der ſeltſame, wun—
derliebende Hadrianus in der Stadt und auf ſeiner Villa die
coloſſalen, raͤthſelhaften Denkmaͤhler Aegyptens zuſammen,
und beging er doch in Geheim fremde Gebraͤuche. Dieſes all—
gemeine Streben regte ſich nun auch edler in edleren Geiſtern.
Die Philoſophen und Denker, deren dieſes Zeitalter Viele
hatte, bereicherten nun auch an ihrem Theile die innere Welt,
der ſie einzig lebten, und erweiterten maͤchtig das Gebiet des
Geiſtes. In der Mythologie namentlich ſammelten ſie nun
ſorgſamer was die helleniſche Religion. an alten bedeutffamen
Symbolen gerettet hatte, ſie horchten aufmerfamer auf die
nachklingenden Töne der Orphiſchen Lyra. Vornehmlich aber
merkten ſie auf die Lehren des Morgenlandes, und verloren
ſich betrachtend in dem ungetruͤbteren Lichtſtrahl alter Offen—
barung. Nicht minder ſuchten ſie die Zweige und. Grundfaͤden
reinerer Religion im griechiſchen Mythus nachzuweiſen, her—
vorzuheben und zu retten, und das Goͤttliche in ihm zu der
in Orphiſcher Vorzeit behaupteten religioͤſen Wuͤrde zu erheben.

Denn anjetzt, da das Chriſtenthum ſich der Welt bes
meiſterte mußte jegliches Myſterium offenbar werden, wenn
die Religion der Heiden dieſen Kampf beſtehen ſollte. War
doch das erſtere nichts anders als eben ein geoffenbartes My—
 
Annotationen