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Heidelbergische Jahrbücher der Literatur — 1.1808 (Abtheilung 5: Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst)

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https://doi.org/10.11588/diglit.30036#0054
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46 Wagner Fdeen zu einer allgem. Mythologie

hoͤchſte Weichheit des Syriſch-Phoͤniciſchen Aſiens. Dieſer
Heros gelangt nicht durch Thun zur Unſterblichkeit, wie
jener, ſondern durch Leiden, durch ſein Schickſal. So naͤhm—
lich ſpiegelte ſich die Adonisſage in der Seele des heroiſchen Grie—
chen, und ſo erſchien dieſer Dienſt ſeinem reinen Naturſinn durch⸗
aus ungriechiſch. Und nun jene fuͤhlbare Divergenz des Tons
von andern Sabaͤiſchen Culten, die um ſo auffallender iſt, je
weniger die Identitaͤt der Grundidee in allen geleugnet
werden kann! Dieſe herrſchende Idee in allen iſt: das
maͤnnliche und weibliche Prinsip in der Natur, Sonne
und Erde, Sonne und Mond, daher: ODfivig und Iſis,
Adonis und Aphrodite, Attis und Cybele. In jeder diefer
Keligionen erſchien alſo der auffallendſte Dualismus, den die
Natur zeigt: Sonnennaͤhe und Sonnenferne, Leben
und Tod. Woher aber nun der verſchiedene Ton dieſer
Feſte, die ja doch bey jedem Volke, das ſie hatte, ganz all—
gemeine Jahresfeſte waren? Offenbar aus climatiſcher Der;
ſchiedenheit, aus nationalem Character und Zuſtand. Dieſe
Verſchie denheit des Tons laͤßt ſich nach einigen Winken des
Porphyrios in der angefuͤhrten Stelle wohl entwickeln.
Wir geben dieſe Entwickelung, ohne deswegen die ſpecielle
Deutung, die dieſer Philoſoph jedem dieſer Weſen gibt,
gerade in allen Puncten unterſchreiben zu wollen. Die Grund—
bedeutung aber iſt richtig, und die Farbe jedes einzelnen
Cultus wird befriedigend dadurch erkannt. Unter allen iſt der
Adonisdienſt der weichſte. Im Phrygiſchen Attis erkannte
man die erſte friſche Kraft der wieder erwachten Natur und
ihre Aeußerung in dem jungen Gruͤn der Pflanze; im Phoͤ⸗
niciſchen Adonis den warmen, ſchwuͤlen Hauch des reifen Som—
mers. Daher iſt auch das Gebiet dieſes Letztern die Fuͤlle des
ſchattigen Gartens mit dem Reichthum ſuͤdlicher, gluͤhender
Fruͤchte. Wie die Bedeutung, ſo iſt auch der Ton der An—
dacht verſchieden: Mehr im animaliſchen ſinnbildert der wil⸗
dere Korybantendienſt: im vegetabiliſchen mehr die klagende
Feyer des Adonis. Dort reißt das Gefuͤhl des Unendlichen
 
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