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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 23,1.1830

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N. 5
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https://doi.org/10.11588/diglit.34672#0097
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von Dr Clenien.

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men werden müssen. So würden fast alle Religionsirr-
thümer in dem vernünftigen Wesen des Menschen ge-
gründet seyn, wenn dieses in dem Vernehmen des gei-
stigen Inneseyns nnd Lebens bestünde, wozu auch alles
wahre und verkehrte Phantasieren gehört.
Will man das Wort Vernunft durch Ableitung von
Vernehmen erläutern, so ist es nicht genug, zu sagen,
es sey ein inneres Vernehmen seiner selbst, denn wir
vernehmen in uns selbst nicht nur alle aus der äufsern
und innern Wirkticlikeit aufgenommenen Begriffe, son-
dern auch alle durch die Combinationen der Phantasie
noch weiter ersinnliche Möglichkeiten. Vernunft ist
nicht von Verstand und von Phantasie bestimmt unter-
schieden, wenn wir sie nicht genauer erkennen in dem
Vernehmen der Ideen oder Ansichten von möglichen
Beschaffenheiten, die entweder (wie die Gottheit)
wegen der Vollkommenheit wirklich sind oder
aber (wie das menschlich Wahre, Gute und Schöne)
um der Vervollkommnung willen zur Wirk-
lichkeit gebracht werden sollen.
Bei dem, was S.86. als Verstand beschrieben wird,
wird es auch nicht hinreichen, ihn als ein blofses Ver-
mögen, zu verstehen, zu abstrahiren und zu reßeptiren,
beschrieben zu haben. Wenigstens wird immer zum
Verstand vornämlich auch das Beurtheilenkönnen ge-
rechnet, welches dann in dem Entdecken, ob das Ver-
standene durch sich selbst als wahr erweislich sey, und
in dem Vergleichen des Verstandenen mit andern schon
anerkanntenGewifsheiten besteht, und allein durch dieses
beides Phantasien von Ideen unterscheidet; was in allen
Religionslehren so sehr ein Bedürfnifs ist.
Weit näher kann Rec. mit dem übereinstimmen, was
S. 95 und 101. darüber gesagt ist, dafs ein Gefühl
der Abhängigkeit, besonders einer absoluten
Abhängigkeit, und auch ein Gefühl der Un-
 
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